Museum Alzey in Rheinland-Pfalz

Das Vergangene nutzbar machen: Tim Kerig ist neuer Direktor im Museum Alzey

Stand

Von Autor/in Imogen Voth

Die Sammlung des Museum Alzey umfasst paläontologische bis landeskundliche Ausstellungsstücke. Der neue Leiter ist Ärchäologe für Urgeschichte – und hat bereits genaue Pläne, wie man das Museum für die Zukunft umgestalten könnte.

Tim Kerig fühlt sich sichtlich wohl in seinem neuen Büro. Das Telefon klingelt, eine neugierige junge Stimme fragt nach den Öffnungszeiten des Museums Alzey über Ostern. Geduldig gibt Tim Kerig Auskunft. Zurzeit landen die Anrufer direkt bei ihm, denn das Vorzimmer ist noch unbesetzt.

Sein Direktorenzimmer erinnert tatsächlich an eine archäologischen Grabungsstätte. Überall liegen und stehen Bücher. Kleine Repliken von römischen Göttern haben ihren Platz in einer alten Vitrine. Auf der breiten Fensterbank stehen Pappschachteln, in denen römische grünlich schimmernde sogenannte Tränengläser liegen.

Daneben riesige alte Tierknochen, die Alzeyer Bürger auf dem Acker gefunden haben und zur Bestimmung in das Museum bringen. Tim Kerig bekommt deshalb häufig Besuch.

Museum der Stadt Alzey
Museum der Stadt Alzey. Das Gebäude wurde im 16. Jahrhunder als Krankenhaus errichtet mit dem heute noch sichtbaren seitlichen Treppenturm. Das Haus wurde im Erfolgekrieg 1689 zerstört und erst 1747/48 erneut mit einem grossen Mansardendach aufgebaut.

Wollhaariges Nashorn und Rentierrippe

Er zeigt ein Geschenk von einem Besucher vom 3. April: „Ich würde mal sagen, es ist ein Wollhaariges Nashorn, dazu eine Rentierrippe und von einem Hirschartigen.“ Neben den Knochen liegen Butterbrottüten, in denen kleine Kostbarkeiten auf ihre Entdeckung warten. Jede Tüte birgt ein Geheimnis.

Jetzt dreht und wendet Tim Kerig eine auffällige Scherbe in seiner Hand. Das Stück hat ein regelmäßiges Muster und erinnert ihn an einen großen tönernen Spitztopf, der im 1. Stock des Museums, Abteilung Vor- und Frühgeschichte steht, und ihm nach wie vor Rätsel aufgibt.

Genau diese feinen besonderen Funde, haben ihn von Anfang an begeistert. Aber nicht nur das, denn das Museum ist von Anfang an bürgerschaftlich getragen.

Es gibt im Moment einen Wissenschaftler, mich, eine Museumspädagogin und eine technische restauratorische Fachkraft und zu dritt schmeißen wir den Laden.

Doch da man zu dritt nicht viel ausrichten kann, stehen noch 40 ehrenamtliche Mitarbeiter dahinter, „bei einer Gemeindegröße wie in Alzey mit knapp 20.000  Einwohnern ist das nicht ganz selbstverständlich.“

Auf die kommenden 100 Jahre vorbereiten

Gegründet wurde das Museum 1906. Es ist ein Mehrspartenhaus mit verschiedenen Abteilungen, wie zum Beispiel Paläontologie, Geologie, Urgeschichte, römische Archäologie, Volks- und Landeskunde.

Von Beginn an haben die unterschiedlichen Direktoren jeweils eigene Schwerpunkte gesetzt. Tim Kerig möchte das Museum Alzey nun auf die kommenden 100 Jahre vorbereiten, das heißt, vor allem die Funde erhalten. Und auch sein Forschungsbereich soll in Zukunft mehr Gewichtung bekommen.

„Ich bin Urgeschichtlicher Archäologe und die urgeschichtliche Archäologie ist wirklich das Stiefkind im Moment“, erzählt er.

Das war eine relativ früh aufgebaute Abteilung, die dann in einen Dornröschenschlaf verfiel, die aber trotzdem tolle Sachen hat und die gilt es jetzt auszustellen.

Seine Vorstellung ist es, Fragen zu bearbeiten, die uns heute angehen: „Mensch, Umwelt, das Entstehen von Ungleichheiten, das Entstehen von Hierarchien, wie Kriegergesellschaften entstehen – das ist hier interessant wegen der Kelten – wie Ackerbau betrieben wird.“

picture alliance  CHROMORANGE | Martina Rädlein
Alzey in Rheinhessen, Rossmarkt. Viele Bürger*innen engagieren sich ehrenamtlich für das Museum der 20.000-Einwohnerstadt

Für Tim Kerig inakzeptabel: Kopien und echte Funde nebeneinander

Das heißt aber auch, den Inhalt der Vitrinen genauer zu untersuchen. Derzeit ist es noch so, dass neben echten Funden auch Kopien stehen, die nicht als solche gekennzeichnet sind – das ist für den Wissenschaftler Tim Kerig nicht akzeptabel.

„Leider Gottes sind die auch international bedeutende Stücke nicht hier im Haus“, weist Tim Kerig auf ein weiteres Manko des Museums hin.

Da gibt es welche in Mainz, Darmstadt und Worms. Wir müssen damit umgehen, dass diese Spitzen nicht im Haus sind, obwohl sie hier gefunden wurden.

Auch für diese besonderen nicht mehr sichtbaren Funde hat er schon Ideen. Mit Hilfe eines 3-D-Druckers könne man Kopien erstellen – diese Reproduktionen könnten dann per digitaler Brille vor den Augen der Besucher erstrahlen, erklärt Tim Kerig begeistert.

Sein Ziel ist es, nicht nur Vergangenes zu bewahren, sondern das Vergangene für die Gegenwart nutzbar zu machen, um daran aktuelle gesellschaftliche Fragen aufzugreifen.

Indiana Jones lässt grüßen True-Crime-Fall der Archäologie: Wie die Himmelsscheibe von Nebra ins Museum kam

Vor 25 Jahren entdecken zwei Sondengänger die Himmelsscheibe von Nebra. Was folgt, ist True Crime der anderen Art. In den Hauptrollen: ein Lehrer, eine Wirtin und ein Archäologe. 

SWR Kultur am Abend SWR Kultur

Ausstellung Kunst und Kult der Maya im Museum Schloss Hohentübingen

Jadeanhänger, Goldschmuck und ockerbraune Keramik: 24 wertvolle Exponate der Maya oder Chavìn-Kultur zeigt das Tübinger Universitätsmuseum Schloss Hohentübingen

SWR Kultur am Mittag SWR Kultur

Kunst von vor 40.000 Jahren und von heute Im Dialog mit der Kunst der Eiszeit: „Eiszeitwesen“ im Urgeschichtlichen Museum

Im Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren befindet sich die älteste Kunst der Menschheitsgeschichte. Von ihr haben sich zehn zeitgenössische Künstler inspirieren lassen.

SWR Kultur am Samstagnachmittag SWR Kultur

Stand
Autor/in
Imogen Voth