Wem gehören die Farben? Mit dieser Frage setzt sich der deutsch-iranische Medienkünstler Rozbeh Asmani auseinander. Anlass war, dass er eine Schokoladenfigur auf lila Stanniolpapier drucken lassen wollte. Doch die Druckerei weigerte sich: Niemand dürfe die Farbe in Verbindung mit Schokolade verwenden, außer der Firma Milka. Mit seinen Colourmarks, die er auf riesige Plakatwände überträgt, will der Künstler die Farbe aus dem öffentlichen Raum zurückholen in den Raum für die Kunst.
Langenscheidt und Post nutzen nicht das gleiche Gelb
In der Eingangshalle des Museums: Ein wandfüllendes großes Quadrat, das aus insgesamt 64 kleinen Quadraten mit den Maßen 50 mal 50 Zentimeter besteht. Colourmarks heißt die Werkgruppe, bei der jedes Quadrat entweder aus einer Farbe besteht oder zusammengesetzt ist aus mehreren. Keine Farbe gibt es zweimal.
So unterscheidet sich etwa das Gelb vom Langenscheidt-Verlag von dem der Deutschen Post oder dem des ADAC. Die Zuordnung zur jeweiligen Firma ist, ohne das zugehörige Logo, auf den ersten Blick kaum zu treffen. Ganz anders bei dem orangen Quadrat mit zwei weißen waagerechten Balken.
Rund 100 geschützte Farben zu sehen
Dass die Farbkombination keine andere Firma für ein ähnliches Produkt verwenden darf, war für den iranisch-deutschen Medienkünstler Rozbeh Asmani aus Greifswald der Ausgangspunkt für sein Spiel mit Farben.
„Rozbeh Asmani hat sich am Ende seines Studiums mit Massenmedien beschäftigt. Und als er dann sein eigenes kleines Massenmedium drucken wollte, eine in lila Stanniolpapier verpackte kleine Muslime, hat die Druckerei sich geweigert, diese Schokoladenfigur so zu drucken, mit dem Hinweis darauf, dass Lila einfach der Marke Milka vorbehalten ist und niemand diese Farbe verwenden kann im Zusammenhang mit Schokolade“, erklärt Andreas Bee, Kunsthistoriker und Kurator der Ausstellung.
Als Künstler, der gewohnt ist, frei mit Farben zu arbeiten, hat ihn das natürlich irritiert. Und so fing Asmani an, nach juristisch geschützten Farben zu recherchieren. Mit knapp 100, die beim Patentamt gemeldet sind, setzt er sich in seinen Colourmarks auseinander.
Colourmarks werden auf riesige Plakattafeln übertragen
Dabei geht es ihm um die Ästhetik der Farben: Farbfeldmalerei, bei der eigene Assoziationen und Interpretationen erwünscht sind. Dazu hat Asmani zusammen mit dem Kurator Andreas Bee eine Auswahl seiner Colourmarks im Ausstellungsraum des Museums auf riesige Billboards – also Plakattafeln – übertragen.
Eine der Plakatwände fällt aus dem Rahmen. Sie zeigt nicht Farbfelder, sondern einen Farbverlauf: das Rot von oben links könnte ein Sonnenauf- oder untergang sein, der über Orange und Gelb ins Grüne übergeht. Eine Landschaft vielleicht? Oder ein Regenbogen?
Dieses Motiv hat sich Ricos Futterkiste schützen lassen. „Ein Hersteller von Vogelfutter, der gesagt hat: ,Was die Großen können, kann ich auch‘ – und hat sich diesen sehr schönen Verlauf schützen lassen, den er natürlich abgeleitet hat vom Gefieder der Vögel“, sagt Kurator Andreas Bee.
Farben sollen kein Alleinstellungsmerkmal für Firmenprodukte bleiben
Rozbeh Asmani will seine Kunst nicht als Konsumkritik verstanden wissen. Er möchte mit seinem beeindruckenden Farbenspiel die Farbe aus dem öffentlichen Raum in den Raum für die Kunst – das Museum – zurückholen und sie nicht nur als Alleinstellungsmerkmal für Produkte den Firmen überlassen. Farben sind eben, wie der Ausstellungstitel schon sagt, „All Our Colours“.
Andreas Bee erinnert da sich an eine Begegnung im Museum für Neue Kunst in Frankfurt: „Wir hatten mal eine Tapete mit einer lila Kuh von Thomas Bayrle an der Wand. Da kamen sofort die Juristen von Milka an und dann haben wir ihnen gesagt, dass die erste lila Kuh auf grünem Berg von Marc Chagall stammt, und dann sind sie abgefahren und haben sich nie mehr gemeldet. Also, man kann über alles reden, ja, und wenn ein Künstler nicht das Feld den Firmen alleine überlässt, dann ist das genau seine Aufgabe.“
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