Ausstellung

Kriege, Kehrwochen, Weinbrunnen – Das Stadtpalais Stuttgart zeigt die Historie der Stadt

Stand
Autor/in
Andreas Langen

Anhand von 25 Objekten erzählt das Stadtpalais Stuttgart die Geschichte der Stadt von der ersten Burg bis zum 18. Jahrhundert. Kleine Hörspiele begleiten die historischen Gegenstände, es geht um Kriege, Kehrwochen, ausladende Feste und eine zivile Stadtgesellschaft. „Stuttgart hat gekämpft, gefeiert und gefegt“, sagt Kurator Yannick Nordwald, „es ging in der Geschichte der Stadt oftmals auf und ab.“

Erste Erwähnung im Jahr 1229

Große Historie hinterlässt manchmal nur kleine Spuren – ein Stück Papier etwa, bekritzelt mit blasser Tinte. Auch Stuttgart betritt die Bühne der Geschichte in dieser bescheidenen Gestalt, noch dazu versehen mit einem Irrtum: Als das Weinbauerndorf am Nesenbach Anno Domini 1229 zum ersten Mal aktenkundig wird, da vermurkst der Schreiber den Ortsnamen und schreibt ein „C“ statt einem „T, man ist sich aber sehr sicher, dass es eigentlich „Stuttgarten“ heißen sollte.“

Ausstellungansicht „Stutgarten: Aufstieg und Fall“ im Stadtpalais Stuttgart
Ausstellungansicht „Stutgarten: Aufstieg und Fall“ im Stadtpalais Stuttgart

Badener erbauten die Stadtmauern Stuttgarts

Yannick Nordwald vom Stadtpalais Stuttgart hat gleich noch einen Dämpfer für alle Lokalpatrioten: Denn dass es überhaupt losging mit einer festen Siedlung, so um das Jahr 950, das war ausgerechnet den schlecht beleumundeten Nachbarn aus dem Westen zu verdanken.

Und vielleicht war sogar ein Badener der erste, der hier eine Stadtmauer hochgezogen hat und Stuttgart wirklich zu einer richtigen Stadt machen lassen hat.

Ausstellung "Stutgarten: Aufstieg und Fall" im Stadtpalais Stuttgart
Ausstellungansicht „Stutgarten: Aufstieg und Fall“ im Stadtpalais Stuttgart

1312 kesselte Graf Eberhard die Stadt ein

Auch zu den Anrainern in der entgegengesetzten Himmelsrichtung pflegte Stuttgart eine herzliche Abneigung. Yannick Nordwald deutet auf ein weiteres Pergament, deutlich kleiner als das erste, gänzlich unspektakulär. Aktiviert man aber den Audioguide, sind mit einem Schlag die dramatischen Umstände präsent, unter denen das Schriftstück im Jahr 1312 entstand – es war, wieder einmal, Krieg in Stuttgart; die Feinde hatten die Stadt eingekesselt.

„Graf Eberhard, der Erlauchte, hat sehr, sehr viele Kriege und Schlachten geführt und seinerzeit auch mehrmals gegen Esslingen. 1312 wurde er aber vor den Toren Esslingens vernichtend geschlagen, musste ins Exil flüchten, in Bietigheim in einem Turm hat er gelebt“; erklärt Nordwald.

1492 entdeckte Kolumbus Amerika und Stuttgart führte die Kehrwoche ein

Neben die Großtaten der Machthaber hat der Kurator mit feiner Ironie Momente des Alltäglichen gestellt – runter vom Feld der Ehre, rüber zur Kehrwoche. Ein unscheinbares Schriftstück aus dem Jahr 1492 dokumentiert eine Entwurf der Stuttgarter Stadtordnung mit der weltberühmten Kehrwoche.

Ausstellung "Stutgarten: Aufstieg und Fall" im Stadtpalais Stuttgart
Ausstellungansicht „Stutgarten: Aufstieg und Fall“ im Stadtpalais Stuttgart

Überlebenswichtig angesichts der hygienischen Dauerkatastrophe

Die war angesichts der hygienischen Dauerkatastrophe damals kein Putzfimmel, sondern überlebensnotwendig. Neben solchem Sinn fürs Praktische haben sich die Stuttgarter im 16. und 17. Jahrhundert aber auch den Ruf erarbeitet, ein feierlustiges Völkchen zu sein. Ihr riesiges Lusthaus mit Theaterbühne, Fischbecken und automatisch spielender Orgel galt europaweit als Wunderwerk.

Die Reformation etwa verlief in Stuttgart ohne Bildersturm

Die Stuttgarter machten auch Umstürze aller Art zwar mit, aber in gemilderter Form. Die Reformation etwa verlief hier ohne Bildersturm, katholische Priester konnten umsatteln auf evangelisch oder die Stadt unversehrt verlassen. Friede, Freude, Eierkuchen kamen allerdings an ein herbes Ende, als der Herzog mitsamt dem Hofstaat 1718 die Stadt verließ – was dem Ende der Ausstellung einen passenden Cliffhanger beschert. Nordwald: „Stuttgart ist sozusagen über Nacht bedeutungslos, politisch irrelevant, keine Residenzstadt mehr. Es wird dann wieder besser, aber das dauert ein paar Jahre, und das erzählen wir dann in der nächsten Ausstellung.“

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Andreas Langen