„Durchdringungen“ heißt die neue Ausstellung im Ludwig Museum Koblenz. Sie präsentiert rund 250 Papierarbeiten des international bekannten Künstlers Erwin Wortelkamp. Bekannt wurde der 1938 geborene Erwin Wortelkamp mit seinem Skulpturenpark „Im Tal“, den er im Westerwald seit 1976 angelegt hat.
Die 250 Papierarbeiten sind alle in Italien entstanden
„Nicht jede Kunst ist für jeden gemacht. Ganz elitär, und es ist ein Irrtum zu glauben, es gäbe eine Kunst für Alle.“ Das sagt Erwin Wortelkamp – international bekannter Künstler aus dem Westerwald, Gründer des Skulpturenparks „Im Tal“, früherer Aktivist, Italienliebhaber und genauer Beobachter der Natur.
Seine rund 4000 Papierarbeiten, aus denen Museumsdirektorin Beate Reifenscheid etwa 250 ausgesucht hat, sind allesamt im italienischen Ort „Aquaviva“ entstanden. Dort verbringt Erwin Wortelkamp seine Sommer. „Das ist ein Ouevre, das mit Italien zu tun hat“, sagt Beate Reifenscheid, „mit der Landschaft, mit der Luft, mit den Düften. Ich denke, das spürt man auch, weil die eine große Leichtigkeit auch haben.“

Die Themen Natur und Mensch ziehen sich durch Erwin Wortelkamps Werk
Zu sehen sind Arbeiten auf und aus Papier, die in den letzten 60 Jahren entstanden sind. Sie umfassen ein riesiges Spektrum: Zeichnungen mit politischen Statements aus den Anfangsjahren, abstrakte oder technikaffine Arbeiten, malerische Entwürfe, die eine befreite Leichtigkeit transportieren – und auch einige Skulpturen. Die großen Themen „Natur und Mensch“ ziehen sich durch das Werk von Erwin Wortelkamp, „Durchdringungen“ ist daher der Titel der Ausstellung.

Wir stehen vor der Serie „Vielleicht ein Blatt“, 2015 entstanden auf Papier. Helle Grün- und Gelbtöne fließen auf einer Fläche von circa eineinhalb Quadratmetern in einer wunderbar schwebenden Leichtigkeit ineinander. Einzelne abstrakte Akzente in dunklerem Grün und Rot mischen sich dazu. Vielleicht sehen wir auch Stengel und Blüten.
„Das ist es, was so überraschend bei ihm ist: Es gibt das Schwere, das Leichte, das Poetische, das Melodische“, erläutert Beate Reifenscheid. „Das liegt daran, wie er das Papier und die Farben einsetzt. Er berücksichtigt sehr stark die Materialität und die Farben an sich.“
Mit Tannennadeln gibt Wortelkamp dem Papier etwas Skulpturales
Das ist nur eine Seite von Erwin Wortelkamps Umgang mit Papier: Abstrakte, scharf umgrenzte Konturen von Kreisen, Strichen oder Punkten, angeordnet in einem geometrischen Muster, erinnern an Kandinsky, andere schwarz-weiße Arbeiten aus der Serie „Köpfe“ an den informellen Künstler K.O.Götz.

Oder er arbeitet Tannennadeln ein, streut sie schroff auf die Farbe, dass das Papier etwas Skulpturales bekommt, wie Beate Reifenscheid erläutert: „Er ritzt es auf, er reißt ab, er collagiert, er arbeitet mit Pigmenten, dann nutzt er Leinöl, dann wird das verrieben. Dann verliert das die Materialität, wird flüssiger. Das ist spannend zu beobachten“.
Erwin Wortelkamp arbeitet die Natur mit in die Bilder ein, ritzt mit Nadeln das Papier auf, reißt es auf. Die Entstehung ist ein brutaler Prozess. „Ich greife in die Papiere ein, wie ein Bildhauer, verletzte sie“, sagt Erwin Wortelkamp. Diese Risse seien für ihn willkommen: „Die Verletzungen, die müssen wir nur bewältigen und dann sind sie befruchtend.“
Vielleicht eine der letzten großen Retrospektiven zu Wortelkamps Lebzeiten
Zu den neueren Arbeiten von Erwin Wortelkamp gehört auch ein verkohltes Stück Holz. Eine Miniaturskulptur und ein krasser Gegensatz zu den farbigen Papierarbeiten.
„Beim Auspacken ist mir das entgegengeflogen“, erzählt Beate Reifenscheid, „und dann habe ich ihm gesagt: ‚das ist beschädigt‘. Dann sagt er: ‚Das ist nicht schlimm, das ist einkalkuliert, dass das abfallen kann.‘ Und das zeigt ja, dass man da eine große Offenheit hat zur Natürlichkeit.“

Möglicherweise ist die Ausstellung „Durchdringungen“ eine der letzten großen Retrospektiven zum Werk von Erwin Wortelkamp zu seinen Lebzeiten. Eine Schau, die zeigt, dass Monumentalität und Wirkung nichts mit dem Ausmaß eines Werks zu tun haben, sondern auch einfach auf einem Blatt Papier oder mit einem kleinen Stück Holz entstehen können. Erleuchtend.
Mehr Ausstellungen in Rheinland-Pfalz
Kunst überm Rhein Kunst ist Inklusion: Schwebende Ausstellung in der Koblenzer Seilbahn
Die Idee zum inklusiven Projekt hatten die BUGA-Freunde Koblenz, die sich für den Erhalt der Koblenzer Seilbahn zwischen Konrad-Adenauer-Ufer und Festung Ehrenbreitstein einsetzen.