Erfolgsrezept oder einfach nur frech?

Ivan Summersky: Wie man mit „Bad Paintings“ und Influencer-Support Kunst verkauft

Stand

Der Maler Ivan Summersky hat sich mit „Bad Paintings“, provokanten Sprüchen und cleverem Social-Media-Einsatz einen Platz im Online-Kunstmarkt erobert. Ein Modell der Zukunft oder bloß flüchtiger Hype?

„Ignorant Art“ aus Trier

„Meine Werke sehen oft so aus, als ob sie von einem dreijährigen Kind gemalt worden sind.“ Mit solchen Aussagen beschreibt Ivan Summersky selbst seine Kunst.

Der in Trier lebende Künstler, der sich selbst als „Outsider Artist“ (Außenseiter-Künstler) bezeichnet, hat mit seinem „Ignorant-Art-Style“ und seiner direkten, oft provokanten Art einen Weg gefunden, seine Werke zu verkaufen – und das abseits des klassischen Kunstmarktes und der traditionellen Galeriewelt.

Seine Werke, die er zu Preisen zwischen 70 und 2.200 Euro verkauft, hängen bei Prominenten wie dem Influencer Fynn Kliemann und sind in bekannten Online-Galerien zu haben. Auf Instagram hat Summersky 10.500 Follower.

Ein „penetranter Nerver“ und die Kunstwelt

Dass es dazu kam, liegt auch an seiner Hartnäckigkeit – und einer Kontaktaufnahme zu Kliemann. „Ich bin ein penetranter Nerver“, sagt Ivan Summersky selbst über sich.

Dem Unternehmer, Influencer, Musiker und YouTuber Kliemann, der über 640.000 Abonnenten auf Instagram hat, schickte er ein Bild, das eine überdimensionierte Apple Watch an einem Handgelenk zeigt und einen Brief. Kliemann postete das Ganze dann tatsächlich auf seinen Social-Media-Accounts. Die Aktion bescherte Ivan Summersky neue Follower, Reichweite und öffnete Türen.

Ivan Summersky: Maler und IT-Experte

Eine traditionelle Ausbildung und eine Kunstgalerie, die ihn vertritt, hat Ivan Summersky nicht. Eigentlich heißt er auch ganz anders und arbeitet im IT-Bereich. Seine Werke, die er selbst als „Bad Paintings“ (schlechte Bilder) bezeichnet, sind geprägt von einem kindlichen Stil mit kräftigen Farben und krakeliger Schrift.

Ivan Summersky beim Malen
Ivan Summersky beim Malen in seinem Atelier

„Der Text ist sehr wichtig, denn manchmal denke ich, die Leute können es nicht so richtig verstehen, was ich überhaupt auf Papier gemalt habe“, erklärt Summersky die Idee hinter seinen Gemälden. „Deshalb denke ich, es ist immer gut, wenn ein Schlagwort noch drüber gepinselt wird, damit man direkt weiß, was Sache ist.“

Um den Effekt zu verstärken schreibt der Rechtshänder den Text absichtlich mit links.

Ein Hauch Provokation und klare Zielgruppen

Dass das nicht nur gut ankommt, nimmt er in Kauf: Ich bin nicht böse. Ich muss es nur nicht unentwegt jeden Tag gesagt bekommen, denn das hindert mich dann schon ein bisschen. Jeder soll für sich selbst entscheiden, was Kunst ist.“

Wer meine Bilder sieht und sagt das ist keine Kunst – da bin ich fein mit. Das ist absolut okay.

Summerskys Geschäftsmodell basiert also auf einer cleveren Kombination aus Social-Media- und Online-Präsenz mit einer Prise Provokation.

Seine Serie von Prints mit dem Spruch „Ich lasse mich von Wichsern nicht mehr nerven. Buddha“ ist da ein Paradebeispiel, auch für seine Fähigkeit, den Nerv der Zeit und von konkreten Zielgruppen zu treffen, wie beispielsweise den der Selfcare-Community auf Instagram.

Social-Media-Beitrag auf Instagram von ivan_summersky

Geht so alternative Kunstvermarktung?

Das Beispiel Ivan Summersky zeigt, dass es auch abseits des traditionellen Kunstmarktes möglich ist, sich als Künstler zu etablieren. Eines der bekanntesten und erfolgreichsten Beispiele, dem das gelungen ist, ist Alexander Höller.

Der Maler aus Schweinfurt, der sich dem Neo-Expressionismus zuordnet, nutzt Social Media und seine fast 50.000 Follower bei Instagram, um seine Werke zu präsentieren und zu verkaufen. Mittlerweile ist auch Höller im klassischen Kunstmarkt angekommen und wird international von Galerien vertreten.

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Eine physische Galerie war noch nie ein Muss, um Kunst zu verkaufen und auszustellen. Eine engagierte Galeristin oder ein Galerist kann aber helfen, Käufer zu erreichen.

Und auch digital sind Künstler nicht zwangsläufig Einzelkämpfer: Immer mehr Online-Galerien wie kunst100, Singulart, LUMAS oder Studierenden Kunstmarkt, bei dem beispielsweise die Künstlerin Pia Treiber ihre Werke verkauft, bieten eine Plattform für Künstler, die ihre Werke einem breiten Publikum präsentieren möchten. Selbst eine Kunst-Leihe ist teilweise möglich.

Was, wenn der Hype vorbei ist?

Doch wie zukunftsfähig und nachhaltig ist diese Form der Vermarktung, speziell über Social Media oder einzelne Influencer? Dass die Stimmung dort schnell umschlagen kann, hat auch Summersky-Fan Fynn Kliemann nach einem kritischen Bericht über Maskendeals in der Corona-Pandemie zu spüren bekommen.

Und selbst vermeintliche Zukunftstrends können schnell wieder vorbei sein, wie bei den noch vor kurzem angesagten NFTs.

Rein digital sieht daher auch Ivan Summersky seine Zukunft nicht und sucht eine physische Galerie: „Über das Internet läuft es zwar ziemlich gut, aber es ist noch nicht da, wo ich stehen möchte. Also ich möchte eigentlich mit einer guten Galerie zusammenarbeiten. Ich will halt irgendwann davon leben können.“

Offensichtlich hat das klassische Modell also doch noch seinen Reiz. Und egal ob digital oder physisch: Am Ende ist der Kunstmarkt eben ein Markt, der über Angebot und Nachfrage funktioniert.

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Es gibt Künstler, die sind sehr prominent. Gerhard Richter zum Beispiel oder Anselm Kiefer. Und dann gibt es Prominente, die auch Kunst machen. Sind diese dann automatisch auch prominente Künstler?

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Wer heute Kunst studiert, braucht viel Energie. Nicht nur, um die eigenen künstlerischen Visionen umzusetzen, sondern auch um sich erfolgreich selbst zu vermarkten. Denn von der Kunst leben, das klappt nur bei den wenigsten. Während einige durch hohe Verkaufspreise profitieren, müssen viele andere Nebentätigkeiten nachgehen. Dies zeigt die Diskrepanz im Kunstmarkt und die Notwendigkeit einer Balance zwischen finanzieller Sicherheit und künstlerischer Freiheit.

Bei unserem Gast Carlo Krone scheint gerade beides zu klappen. Gerade hat der 23-jährige den Nachwuchspreis der art KARLSRUHE gewonnen und ist dort mit der renommierten Stuttgarter Galerie Thomas Fuchs und mehreren seiner Werke vertreten. Carlo ist zu Gast in dieser Ausgabe von „Was geht – was bleibt?“ und erzählt, wieso er sich von Anfang an neben seinem Studium konsequent auf Instagram als Schaufenster für seine Werke konzentriert hat.

Unser anderer Gast Kolja Reichert gibt tiefe Einblicke in den Kunstmarkt. Mit seinem Buch "Kann ich das auch?", in dem er 50 Fragen zur Kunst beantwortet, macht er den Kunstmarkt für ein breites Publikum verständlich. Als Chefkurator im K21, einer angesehenen Institution in Nordrhein-Westfalen, weiß er, wie Kunstwerke ihren Weg in bedeutende Sammlungen finden. Reichert erklärt den Prozess: "Man besucht Messen, entdeckt neue Talente wie Carlo und entscheidet dann, ob man eine Ausstellung plant.

Beide sind sich in der Folge einig: Kunst braucht Begegnung und zwischenmenschlichen Kontakt. Den Vorwurf, dass der Kunstmarkt intransparent sei, mit teilweise nicht nachvollziehbaren Preisen, lassen sie nicht gelten. Was steckt denn nun dahinter, wenn die Kunst des einen im Atelier verstaubt, während die des anderen schon vor Messebeginn teuer verkauft wird? Wieso fragt sich eine Malerin wie Josephine Sagna, ob sie nur der Hautfarbe wegen eingeladen wird? Und welche Kriterien müssen NachwuchskünstlerInnen erfüllen, um den Sprung ins Rampenlicht zu schaffen? Diese Fragen klären wir in dieser Folge.

Gäste: Carlo Krone | Kolja Reichert
Moderation: Christian Batzlen
Redaktion: Christian Batzlen | Julian Burmeister
Sendungsmusik: "Frolic" von Luciano Michelini

Unser Podcast-Tipp ist diese Woche:
True Care - intensive Fälle mit Ricardo Lange
https://www.ardaudiothek.de/sendung/true-care-intensive-faelle-mit-ricardo-lange/13134177/

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