In den 1990er Jahren, den Anfangsjahren des Internets, entdeckten Künstlerinnen und Künstler Webbrowser als ihre kreative Spielwiese – auch als Zeichen gegen die Dominanz der Tech-Konzerne im Internet. Inzwischen sind die kleinen, subversiven Interventionen weitgehend in Vergessenheit geraten. Ein Forschungsprojekt des KIT hat sich mit der Browser-Kunst seit den Anfängen des World Wide Web beschäftigt.
Künstlerische Einstiege ins Internet
Ist das Internet eine Art Paradies, das einem freien Zugang zur Erkenntnis bringt – oder doch eher ein Sündenfall? Das Künstlerpaar Harvey und Samyn hat im Jahr 2001 einen Webbrowser mit dem Namen „Eden Garden“ entwickelt.
Startet man ihn, erscheinen erst nur Adam und Eva, die den beiden Entwicklern erstaunlich ähnlich sehen. Beginnt man mit dem Browser zu arbeiten, tauchen immer mehr Tiere und Pflanzen auf. Warum sollte der Eintritt ins Internet nicht spielerisch sein?
Browser nicht den Tech-Giganten überlassen
Schon früh gab es Künstlerinnen und Künstler, die sich dagegen gewehrt haben, Browser, diese wichtigen Zugangsmöglichkeiten zum Internet, nur den großen Konzernen zu überlassen. Tobias Leingruber war einer der ersten, der sich in Deutschland mit Guerilla-Techniken beschäftigt hat.





Er startete mit Freunden über 20 Hacker-Kunstprojekte, wie zum Beispiel 2008 „China Channel“, ein Tool, das chinesische Internetzensur sichtbar machen konnte. Inzwischen sei es viel schwieriger geworden, Browser-Kunst zu machen, sagt Tobias Leingruber.
Technisch sei man heute zwar natürlich sehr viel weiter und hätte somit auch tolle Möglichkeiten, aber die großen Tech-Konzerne hätten alles fest im Griff. Dass wir freiwillig so viel von uns preisgeben, wenn wir im Internet surfen, scheint kaum noch jemanden zu stören.
Cookies in Echtzeit-Sound übersetzt
Vielleicht sollten wir deswegen darauf aufmerksam gemacht werden, dass Cookies keine süßen Kekse sind, sondern Informationen über unser Internetverhalten speichern und für Werbezwecke nutzen, erklärt die Künstlerin Jasmine Guffond. Sie hat deswegen eine Browser-Extension kreiert, die „Listening back“ heißt und Cookies in Echtzeit-Sound übersetzt.
„Jedes mal wenn bei deinen Internetaktivitäten ein Cookie aktiv wird, hört man ein Geräusch“, sagt Jasmine Guffond. „Die Idee ist, dass wir uns bewusst machen, dass wir dauernd getrackt, also ausspioniert werden.“
Browserkunstwerke aus aller Welt
Die Kunsthistorikerinnen vom KIT haben im Rahmen ihres Forschungsprojekts erstaunlich viele Browserkunstwerke aus aller Welt zusammengetragen. Dadurch wird sichtbar, wie sich diese Kunstform in den gut 30 Jahren ihres Bestehens entwickelt hat.
Mit dem ZKM haben die Kuratorinnen einen kongenialen Partner gefunden, denn viele Browser-Kunstwerke mussten von den Fachleuten am ZKM erst neu programmiert oder restauriert werden, um überhaupt wieder zum Laufen gebracht zu werden. Auch Adam und Eva aus dem Browser-Kunstwerk „Eden Garden“ konnten so wieder zum Leben erweckt werden und munter weiter im Internet nach Erkenntnis suchen.