"Dies ist ein aufrichtiges Buch, Leser [...] Ich habe es dem persönlichen Gebrauch meiner Freunde und Angehörigen gewidmet, auf dass sie, wenn sie mich verloren haben, einige Züge meiner Lebensart und meiner Gemütsverfassung wiederfinden [...]”
Dieses Zitat stellt Max Frisch seiner Erzählung "Montauk" voran. Während einer Lesereise lernt der Schriftsteller in New York die halb so alte Verlagsangestellte Lynn kennen. Sie verbringen ein Wochenende im Mai 1974 in Montauk, an der Nordspitze von Long Island. Doch ist ihnen beiden von Anfang an klar, dass er am darauffolgenden Dienstag zurück nach Europa fliegen wird, um dort seinen 63. Geburtstag zu feiern. Für die Zeit nach dem Abschied vereinbaren sie, sich weder anzurufen, noch zu schreiben, allenfalls eine Ansichtskarte zum Jahrestag ihrer Begegnung soll erlaubt sein. Schon durch das einleitende Montaigne-Zitat erklärt Max Frisch seine Absicht, dieses Wochenende "aufrichtig" in Worte fassen und beschreiben zu wollen, "ohne etwas dabei zu erfinden". Doch seine Vergangenheit und die damit verbunden Erfahrungen und Erinnerungen drängen sich immer wieder in den Vordergrund.
Nach der gleichnamigen Erzählung von Max Frisch
Ergänzt durch Briefe von Uwe Johnson, Marianne Frisch und Max Frisch
Hörspielbearbeitung und Regie: Leonhard Koppelmann
Mit: Ueli Jäggi, Monica Gillette, Thomas Sarbacher, Susanne-Marie Wrage u. a.
Musik: Fritz Hauser
SWR/DRS 2011
Max Frisch (1911-1991), geboren am 15. Mai in Zürich, arbeitete nach seinem Studium der Germanistik, Romanistik, Kunstgeschichte und Philosophie zunächst als Journalist. Nach einem Zweitstudium der Architektur und Tätigkeit in diesem Bereich wirkte er ab 1955 als freier Schriftsteller. Zu seinem umfangreichen Werk zählen u.a. die Theaterstücke "Nun singen sie wieder" (1945), "Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie" (1953) und "Andorra" (1962), sowie die Romane "Stiller" (1954), "Homo Faber" (1957) und "Mein Name sei Gantenbein" (1964). Frisch wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Georg-Büchner-Preis (1958), dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1976) und dem Heinrich-Heine-Preis (1989). Max Frisch, zeitlebens oft auf Reisen, lebte viele Jahre im Ausland und starb in Zürich.
Seine Erzählung "Montauk" erschien 1975 und löste sehr unterschiedliche Reaktionen aus. Die ehemaligen Partnerinnen Frischs sahen sich durch die offenen Schilderungen ihrer Vergangenheit kompromittiert, manche Leser fühlten sich durch die Selbstentblößung Frischs peinlich berührt. Einige Kritiker lobten die Leistung, das eigene Leben zu Literatur zu verarbeiten. So nahm Marcel Reich-Ranicki “Montauk” in seinen Kanon der deutschen Literatur auf.
(Teil 2: My life as a man, Ostermontag, 21. April 2025, 18.20 Uhr)