Wäre diese Geschichte erfunden, würde sie niemand glauben. Im Jahr 2017 fand eine Bank in Schweden in drei anonymen Schließfächern 60.000 Negative des südafrikanischen Fotografen Ernest Cole. Bis heute weiß man nicht, wer dieses Schließfach gemietet hat. Der haitianische Filmregisseur Raoul Peck hat jetzt aus den Bildern und Selbstzeugnissen von Ernest Cole dessen Leben rekonstruiert.
Coles Vorbild war die Fotografen-Legende Henri Cartier-Bresson
Ein kleiner, schmaler Mann schaut mit lachenden Augen direkt in die Kamera. Auf dem Kopf trägt er eine Baskenmütze. Das große Vorbild für den südafrikanischen Fotografen Ernest Cole war der Franzose Henri Cartier-Bresson, der Mitbegründer der Agentur Magnum. 1958 bekommt Ernest Cole seine erste Chance beim „Drum Magazin“, einer Illustrierten für das schwarze Publikum in Südafrika.

Zerfall einer Künstlerexistenz im Exil
Ein Interview mit dem schwedischen Fernsehen liefert einen der wenigen Momente, in denen Ernest Cole selbst zu hören und zu sehen ist. Mit Hilfe einer genialen Montage gelingt es Regisseur Raoul Peck dennoch, das Leben des Fotografen aus seiner eigenen Sicht zu erzählen.
Aus tausenden von Puzzleteilen aus biographischen Notizen, Briefen und den Fotos setzt Raoul Peck die Tragödie vom Zerfall einer Künstlerexistenz im Exil zusammen. Der amerikanische Rapper und Schauspieler LaKeith Stanfield liest die schriftlichen Dokumente von Ernest Cole mit angerauter Stimme, der man im Lauf des Films die Einsamkeit anhört.

Mit der Veröffentlichung seiner Bilder wird Ernest Cole selbst zum Verbannten
Um sein Buch „House of Bondage“ zu veröffentlichen, reist Ernest Cole in die Vereinigten Staaten. Im Gepäck seine Bilder über die Brutalität des Apartheid-Regimes. Nach dem Erscheinen des Bandes darf er nicht wieder nach Südafrika zurückkehren. Der Pass wird ihm verweigert, er ist jetzt selbst ein Verbannter.
In New York hofft er, andere Themen fotografieren zu können und sieht doch immer wieder die Unterschiede zwischen Schwarzen und Weißen. Regisseur Raoul Peck kennt die Entwurzelung im Exil. Als achtjähriges Kind musste er selbst mit seinen Eltern vor dem haitianischen Diktator Francois Duvalier fliehen.

Heute betreut die Agentur Magnum den Nachlass von Ernest Cole
Mit atemberaubender Intensität rekonstruiert der Film den luftleeren Raum in der Fremde, das langsame Verstummen von Ernest Cole. „Lost and Found“ ist ein intensiver, ein wütender Film, ein Film, der sein Publikum durch den Sog der Bilder und die leise Erzählstimme in den Bann schlägt.
Ernest Cole erlebt das Ende der Apartheid nicht mehr. Er stirbt im Februar 1990 an Krebs. 27 Jahre nach seinem Tod erhält die Familie von Ernest Cole in Südafrika den Anruf einer schwedischen Bank.
Coles Neffe reist nach Schweden und findet die sorgsam archivierten Negative seines Onkels in sauberen, blauen Archivkästen. Heute werden die Bilder von der Agentur Magnum betreut. Die Photos von Ernest Cole haben die Heimat gefunden, die sich der Fotograf immer erträumt hat.
Trailer „Ernest Cole: Lost And Found“, Kinostart 17.4.
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