Kinderwunsch, Sexualität und Geburt sind nach wie vor Tabu-Themen. Genau hier setzt die neue Produktion von Regisseur und Theaterautor Jan Neumann an: Für das Staatstheater Mainz und das Nationaltheater Weimar hat er gemeinsam mit sechs Schauspielerinnen und Schauspielern das Stück „Kurz & nackig“ entwickelt. Eine unterhaltsame Komödie, die von den Widersprüchlichkeiten des Lebens handelt.
Spermien-Ballett eröffnet den Abend
Jeder Geburt geht eine Zeugung voraus – dieser Vorgang, über den man nur selten spricht, wird gleich zu Beginn durch ein komisches Aufklärungs-Ballett dargestellt.
Theater Tod und Geburt: Regisseur Jan Neumann bringt gesellschaftliche Tabus ins Theater
Regisseur und Theaterautor Jan Neumann entwickelte 2020 für das Theater Mainz eine Komödie über das Sterben. In seiner aktuellen Inszenierung „Kurz & nackig“ dreht sich alles um das Thema Geburt.
Alle sechs Schauspielerinnen und Schauspieler stehen als Spermien verkleidet auf der Bühne. Sie tragen bunte, enganliegende Ganzkörperanzüge und erinnern an Woody Allens Film „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten“.
Die Hauptfigur ist schwanger
In Zeitlupe tanzt das Ensemble den Kampf der Spermien nach, bis einer gewinnt. Das Ergebnis: Die Hauptfigur Lia Bergemann ist schwanger. Sie verkündet die frohe Botschaft im Kreise ihrer Familie, ohne Tom, den Vater des Kindes, vorher eingeweiht zu haben.
Das gibt Ärger. Und schon nimmt die Komödie Fahrt auf. Die lesbische und kinderlose Schwester der Schwangeren weidet sich daran, dem werdenden Vater Angst einzujagen vor dem Babygeschrei.
Ängste, Stress und Streit rund ums Kinderkriegen
Wenig Zweisamkeit, schwindende Lust und Streit um die Aufteilung der Care-Arbeit. Das und vieles mehr bringen Regisseur Jan Neumann und sein Ensemble auf die Bühne. In Teamarbeit haben sie ein unterhaltsames und temporeiches Stück entwickelt, mit starken Dialogen, die nahezu alle Untiefen ausloten und dabei auch tabuisierte Themen aufgreifen.
Trotz aller Komik lässt die Familienkomödie auch Raum für Ängste, Zweifel und Trauer. Großmutter Kerstin erinnert sich an ihre Fehlgeburt – an die Gefühle, nachdem sie erfahren hat, dass ihr Fötus keine Herztöne mehr hat.
Unterhaltsame Reflexion über die Widersprüche des Lebens
Ein Gerüst, farbige Tücher und wenige Requisiten: Das Bühnenbild von "Kurz und nackig" sieht nach einer Low-Budget-Produktion aus, ist aber für diese Inszenierung perfekt.
Es lenkt den Blick auf die Schauspielerinnen und Schauspieler. Und auf ihre wunderbare Fähigkeit, die Widersprüchlichkeiten des Lebens zu reflektieren: Anfang und Ende, Schönes und Schreckliches, Komödie und Tragödie.