Residenzkünstler 2020

Akademie für Alte Musik Berlin

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Die Akademie für Alte Musik Berlin (Foto: Uwe Arens)
Die Akademie für Alte Musik Berlin Uwe Arens

1982 in Berlin gegründet, gehört die Akademie für Alte Musik Berlin (kurz Akamus) heute zur Weltspitze der historisch informiert spielenden Kammerorchester und kann auf eine beispiellose Erfolgsgeschichte verweisen. Die internationale Bedeutung des Orchesters zeigt sich in der Vielzahl seiner Gastspiele im In- und Ausland. Regelmäßig gastiert das Ensemble in allen musikalischen Zentren Europas, Asiens, sowie Nord- und Südamerikas. Konzert-Tourneen führten das Orchester 2016 u. a. nach Buenos Aires und nach Japan, 2017 in die USA. Seit 1984 gestaltet das Ensemble eine eigene Abo-Reihe im Konzerthaus Berlin und seit 1994 ist es regelmäßiger Gast an der Berliner Staatsoper. 2012 begann zudem eine eigene Konzertreihe im Münchner Prinzregententheater. Akamus präsentiert sich mit rund 100 Auftritten pro Jahr in Besetzungsgrößen vom Kammerensemble bis zum sinfonischen Orchester und musiziert unter der wechselnden Leitung seiner Konzertmeister Stephan Mai, Bernhard Forck und Georg Kallweit sowie ausgewählter Dirigenten. 2006 erhielt das Orchester den Telemann Preis der Stadt Magdeburg, 2014 die Bach Medaille der Stadt Leipzig und den ECHO Klassik.

Ende besonders enge und künstlerische Partnerschaft pflegt Akamus mit dem Dirigenten René Jacobs. Die gemeinsame Entdeckerlust führte zu Wiederaufführungen und Neudeutungen zahlreicher Opern und Oratorien, die weltweit Furore machten. Vielfach ausgezeichnet wurden zuletzt die Einspielungen von Mozarts Entführung aus dem Serail und Bachs Matthäus- und Johannes-Passion, internationale Beachtung finden zudem die gemeinsamen Produktionen am Theater an der Wien.

Bei den Festspielen wird Akamus 2020 im Rahmen des Beethoven gewidmeten Schwerpunktes ihren kompletten Konzertzyklus von Beethovens Sinfonien Nr. 1, 2, 3, 4 und 5 und den jeweiligen "Vorbildern" aufführen. Die Sinfonien Ludwig van Beethovens galten dem 19. Jahrhundert lange als Höhe- und Endpunkt einer musikalischen Entwicklung des Genres, welches den nachfolgenden Komponisten großen Respekt abforderte. Idee des Konzertzyklus ist es, das im 19. Jahrhundert entworfene Beethoven- Bild zu hinterfragen und Beethovens Sinfonik aus dessen Lebenswirklichkeit heraus zu ergründen. Dafür hat Akamus Beispiele aus dem musikalischen Umfeld des Komponisten ausgewählt, die als wichtige Bezugspunkte für die Arbeit des Komponisten gelten können, heute aber weitgehend aus dem Konzertleben verschwunden sind. In Verbindung mit Beethovens Sinfonien zeigen diese Werke, dass Beethovens Schaffen keineswegs aus dem Nichts kam, er Musik nicht allein aus eigener Genialität schuf, wie man im 19. Jahrhundert meinte. Vielmehr handelt es sich bei Beethoven um einen schaffenden Künstler, der mit wachen Sinnen die Entwicklungen, Strömungen und Moden seiner Zeit wahrnahm und der in der reichen und multikulturellen Kulturhauptstadt Wien die Möglichkeit für einen "europäischen" Blick auf die musikalischen Entwicklungen seiner Zeit hatte.

Die Aufführung der Werke gestaltet Akamus nach den Erkenntnissen der historisch informierten Aufführungspraxis, das heißt ohne Dirigenten und mit einem kleineren Streicherapparat. Daraus ergibt sich ein Klangbild, dass sich von den Aufführungen moderner Sinfonieorchester deutlich unterscheidet. Die besondere Lebendigkeit eines historisch orientierten Klangbildes verdankt sich der Verbindung zahlreicher Aspekte, so u. a. den differenzierteren Klangfarben durch die Verwendung alter Instrumente und ihrer Kopien nach Originalen, einer an der Sprache orientierten Artikulation, einer durchsichtigen Tongebung sowie der souveränen Beherrschung klassischer Verzierungspraxis. Akamus steht hierbei für ein charakterstarkes Musizieren, das nie einen bloß vordergründig homogenen Schönklang anstrebt, sondern ganz dem Sprach- und Affektgehalt der Musik verpflichtet ist.

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SWR