Zweimal trat die 2007 gegründete Linke bisher bei Landtagswahlen in Baden-Württemberg an, beide Mal scheiterte sie klar an der Fünf-Prozent-Hürde. Nur in Bayern und Rheinland-Pfalz waren linke Landesverbände ähnlich erfolglos. Dennoch formuliert die neue Spitzenkandidatin der Linken in Baden-Württemberg, Sahra Mirow, das Wahlziel für ihre Partei in Baden-Württemberg forsch: "Fünf Prozent! Wir wollen in den Landtag. Alles andere wäre ganz klar eine Enttäuschung."

Das Wählerpotenzial ihrer Partei sieht Mirow in Baden-Württemberg bei sechs bis sieben Prozent. Die Pleiten der vergangenen Landtagswahlen schiebt sie auf die besonderen Umstände. "2011 gab es wegen Stuttgart 21 und der Atomkatastrophe in Fukushima eine grüne Wechselstimmung. Da wurden wir als Linke im Wahlkampf zerrieben." Fünf Jahre später hätten viele linke Wähler dann taktisch gewählt, um die grün-rote Regierung im Amt zu halten.
Jetzt, 2021, sieht Mirow ihre Partei an der Reihe. "Wir fehlen im Stuttgarter Landtag. Es wird Zeit für eine soziale und ökologische Kraft, die hier endlich Druck macht." Bestätigt fühlt sie sich dabei durch junge Bewegungen wie Fridays for Future, denen die Klimapolitik der grün geführten Landesregierung nicht weit genug geht. Auch das ist ein Grund, warum die Linke in Baden-Württemberg zuletzt viele junge Mitglieder gewonnen hat.
Generationenwechsel in der Partei
Sahra Mirow steht stellvertretend für die Verjüngung in der Partei. 1984 in Lübeck geboren, zog sie für ihr Studium der Sinologie und Archäologie nach Heidelberg. Dem guten Ruf der Uni folgend und aus Neugier auf den Südwesten, wie sie sagt. In Heidelberg sitzt sie seit 2014 für die Linke im Gemeinderat. Bekannt wurde sie dort unter anderem für ihre scharfe Kritik am geplanten neuen Standort der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Heidelberg. 2018 wählte die Partei Mirow zur Landessprecherin der Linken, gemeinsam mit Dirk Spöri. 2020 folgte in Leinfelden-Echterdingen die Nominierung als Spitzenkandidatin.
Mirow gilt als energiegeladen und sehr intelligent. Sie denkt und spricht schnell und überfordert damit manchmal auch ihre Zuhörer. Auch Politiker anderer Parteien attestieren ihr politisches Talent. In der Linke in Baden-Württemberg hat man das früh erkannt und Mirow bewusst gefördert.
"Als Kind habe ich erfahren, was es bedeutet, privilegiert zu sein und was nicht."
Ihr Gerechtigkeitssinn habe sie zur Politik gebracht, sagt Mirow. Sie stamme aus einfachen Verhältnissen. Ihre Eltern hätten viel gearbeitet und wenig verdient. Schon als Kind habe sie gesehen, was es bedeute, privilegiert zu sein und was nicht.
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Mirow engagierte sich unter anderem bei Amnesty International, 2009 trat sie der Linken bei, 2011 wurde sie Landessprecherin der Linksjugend in Baden-Württemberg. Die Jugendorganisation der Partei gilt in Teilen als linksextrem, fordert die Abschaffung des Kapitalismus und wird vom Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet. Mirow kritisiert das:
"Wir sind eine selbstbewusste linke Partei, die das Ziel eines demokratischen Sozialismus verfolgt. Im Grundgesetz steht keine Wirtschaftsform festgeschrieben." Mirow fordert die Abschaffung des Verfassungsschutzes.
Grün-Rot-Rot? Quasi ausgeschlossen
Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Linke wiederholt als nicht "regierungsfähig" bezeichnet. Man könne mit der Partei kein Industrieland wie Baden-Württemberg führen. Sahra Mirow lässt selbst keinen großen Spielraum für eine etwaige Koalition aus Grünen, SPD und Linke. "Dafür wäre anders als bisher eine konsequente soziale und ökologische Politik in Baden-Württemberg nötig."
Wenn der Linken im dann dritten Versuch der Einzug in den Landtag in Stuttgart gelingt, werden Sahra Mirow und ihre Parteikollegen wohl sehr gerne auf der Oppositionsbank Platz nehmen. Ihr erstes Ziel: Eine unbequeme Stimme links von Grünen und SPD dauerhaft im Landtag etablieren.