Mit starken 95,4 Prozent wählten die Delegierten des CDU-Landesparteitags im Juli 2019 in Heilbronn Susanne Eisenmann zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl. Erstmals schickt die CDU in Baden-Württemberg damit eine Frau ins Rennen. CDU-Parteichef Thomas Strobl hatte zuvor auf eine Kandidatur verzichtet und war so einer Kampfabstimmung gegen Eisenmann auf dem Parteitag aus dem Weg gegangen.

Urbane Konservative
Eisenmann, die in Stuttgart aufgewachsen ist, gilt als Vertreterin einer urbanen, moderneren CDU. Stammtischparolen sind von ihr nicht zu erwarten. Die Grünen griff sie sogar auf deren Kerngebiet an, dem Klimaschutz. Sie warf der Partei Versagen vor, weil Baden-Württemberg die selbstgesetzten Ziele bei der CO2-Reduktion verfehle.
"Lasst uns das Fenster aufmachen, durchlüften und durchstarten. Die CDU von heute ist jünger, weiblicher und vielfältiger."
Auch mit Kritik an ihrer eigenen Partei sparte Eisenmann nicht, etwa im Umgang mit dem Video "Die Zerstörung der CDU" des Youtubers Rezo. Die Reaktion der Bundes-CDU darauf "grenze an Arbeitsverweigerung", ätzte Eisenmann Richtung Berlin. "Wer seine Klimapolitik nicht auf griffige Formeln bringen kann und sich dann im Internet noch vorführen lässt, ist nicht auf der Höhe der Zeit."
Eisenmann, die von Freunden "Nanni" genannt wird, stammt aus einer Stuttgarter Handwerkerfamilie. Mit 16 trat sie in die Junge Union ein, weil das, so sagt sie, in ihrem Freundeskreis damals cool gewesen sei. Direkt nach ihrem Studium der Germanistik und Politikwissenschaft machte der damalige CDU-Fraktionschef Günther Oettinger Eisenmann zu seiner Büroleiterin. Beim späteren Ministerpräsidenten lernte sie 14 Jahre lang das politische Handwerk. Manche sagen, ihr Stil und ihre Rhetorik würden bis heute an Oettinger erinnern.
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Von 2005 bis 2016 war Eisenmann Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport in Stuttgart. In ihre Amtszeit fielen unter anderem die Fußballweltmeisterschaft 2006 und die Einführung der Gemeinschaftsschulen.
Die "Süddeutsche Zeitung" nannte sie "Frau Ruppig"
Die frühere Hobby-Handballerin Eisenmann gilt als zupackend und entscheidungsfreudig. Kritiker nennen sie kompromisslos und beratungsresistent. Für ihr Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen wurde sie schon in ihrer Zeit als Schulbürgermeisterin geschätzt und gefürchtet. Die "Süddeutsche Zeitung" taufte sie einmal "Frau Ruppig". Eisenmann hat Kritik an ihrem Führungsstil wiederholt zurückgewiesen, etwa in der "Stuttgarter Zeitung": "Ich schreie keine Mitarbeiter an und ich bin auch niemand, der andere demütigt. Mir ist Authentizität wichtig."

2016 holte CDU-Chef Thomas Strobl Eisenmann überraschend als Kultusministerin ins Kabinett der neuen grün-schwarzen Landesregierung. Anfangs gab es unter einigen CDU-Abgeordneten Vorbehalte gegen Eisenmann. Der Karrieresprung aus der Kommunalpolitik direkt an den Kabinettstisch sorgte für Misstrauen, zumal sich Strobl und Eisenmann schon lange freundschaftlich verbunden waren. Hinzu kam Eisenmanns vorgeblich zu liberale Politik in ihrer Zeit als Schulbürgermeisterin in Stuttgart und die Tatsache, dass sie sich zeitweise für einen Baustopp von Stuttgart 21 ausgesprochen hatte.
Die meisten parteiinternen Kritiker konnte Eisenmann als Bildungsministerin rasch überzeugen, unter anderem, indem sie von Grünen und SPD eingeführte Konzepte wie das "Schreiben nach Gehör" oder die "Grundschule ohne Noten" wieder aus den Schulen verbannte. Außerdem positionierte sie sich klar gegen die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung.
Kritik in der Corona-Krise
Die mangelnde Digitalisierung in den Schulen erbte Eisenmann von ihren Vorgängern. Das Scheitern der geplanten digitalen Bildungsplattform "Ella", ein ursprünglich grün-rotes Projekt, fiel allerdings in ihre Amtszeit. Lehrer- und Elternvertreter fanden in den vergangenen Jahren nicht nur deswegen regelmäßig Anlass für Kritik an Eisenmanns Bildungspolitik. Vor allem in der Corona-Krise hagelte es Beschwerden über Beschlüsse des Kultusministeriums und die Mängel beim digitalen Fernunterricht.
"Bildungspolitik hat viel mit Fußball zu tun. Auf der Tribüne und vorm Fernseher gibt es Millionen von Trainern. Jeder weiß es besser und jeder hätte es anders gemacht."
Eisenmann, die Gegenwind von Eltern, Lehrenden und Schülern aus ihrer Zeit als Stuttgarter Schulbürgermeisterin gewohnt ist, brachte die Kritik äußerlich nie aus der Ruhe. Sollte sie die CDU trotz zuletzt gesunkener Zustimmungswerte bei der Landtagswahl zurück an die Spitze und ins Staatsministerium führen, sie wäre in der Partei wohl vorerst unumstritten.