Im Rechtsstreit zwischen dem früheren Tennisstar Boris Becker und dem TV-Komiker Oliver Pocher hat die Außenstelle Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe am Dienstag ein Urteil gesprochen: Oliver Pocher darf Aufnahmen aus einem Fernsehbeitrag über den früheren Tennisprofi Boris Becker nicht mehr verbreiten. Außerdem muss er die betreffenden Filmausschnitte löschen, soweit sie im Rahmen seiner eigenen Internetpräsenz veröffentlicht sind. Damit hat sich Boris Becker mit seiner Unterlassungsklage in zweiter Instanz durchgesetzt.
SWR-Reporter Damián Correa Koufen hat in SWR4-Baden-Württemberg über den Rechtsstreit berichtet:
Streit um Fernsehbeitrag zunächst vor Offenburger Landgericht
Der Comedian Oliver Pocher hatte 2020 in der RTL-Sendung "Pocher - gefährlich ehrlich" dem einstigen Tennisstar einen Fake-Modepreis verliehen. Unter dem Slogan "Make Boris rich again" wurde in der strittigen Sendung ein Spendenaufruf gestartet. Nach Angaben der ersten Instanz ist zu sehen, dass Becker den dreistelligen Eurobetrag auch bekam - aber ohne davon zu wissen. Das Geld war in dem vermeintlichen Modepreis versteckt.
Becker sah durch den Beitrag seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Im vergangenen Jahr hatte der Ex-Tennisprofi Klage gegen Pocher am Offenburger Landgericht eingereicht. Doch das Gericht lehnte die Klage ab. Pocher wurde in erster Instanz freigesprochen.
Becker gewinnt im Berufungsverfahren
In der Berufung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe hatte der frühere Tennisprofi nun Erfolg. Die Vorsitzende Richterin Claudia Jarsumbek vom 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts sagte, Becker sei hintergangen und getäuscht worden. Vor der Ausstrahlung des Beitrags habe der einstige Tennisprofi keine Möglichkeit gehabt, Stellung zu nehmen. Ein Verwenden der Bildsequenzen ohne Einwilligung Beckers sei nur gerechtfertigt, falls die Aufnahmen dem Bereich der Zeitgeschichte zuzurechnen wären, urteilte das Gericht. Das sei aber nicht anzunehmen. In dem komplizierten Presserechtsfall mussten das Persönlichkeitsrecht Beckers und die Meinungs- und Rundfunkfreiheit von Pocher abgewogen werden. "Die Meinungs- und Rundfunkfreiheit ist ein hohes Gut", resümierte Richterin Jarsumbek.
Beckers Anwalt - "wegweisendes Urteil"
Beckers Offenburger Anwalt Samy Hammad sieht in der Entscheidung des Oberlandesgerichts "ein wegweisendes Urteil". "Das Urteil sagt, dass sich Prominente in Deutschland nicht alles gefallen lassen müssen", so Hammad.
Pochers Anwältin Patricia Cronemeyer, die nicht bei der Urteilsverkündung präsent war, teilte der dpa auf Anfrage mit: "Wenn man den Erwägungen des OLG (Oberlandesgerichts) Karlsruhe folgen wollte, müssten ab morgen alle Satiresendungen aus dem Programm verschwinden. Das kann nicht richtig sein." Weder Becker noch Pocher waren in dem Fall vor Gericht erschienen.
Pocher kann Beschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen
Der 14. Senat des Oberlandesgerichts ließ keine Revision gegen das Urteil zu. Laut Gericht kann jedoch innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof (BGH) Beschwerde eingelegt werden - weil die Revision nicht zugelassen wurde. "Aus unserer Sicht sollte sich der BGH mit den hier aufgeworfenen Rechtsfragen befassen, da immerhin der Kernbereich der Satire und Meinungsäußerungsfreiheit betroffen ist", teilte Pochers Anwältin Cronemeyer mit. Der Rechtsstreit ist der Gipfel einer lang anhaltenden persönlichen Fehde, die die beiden Prominenten seit Jahren vor allem über die sozialen Netzwerke austragen.