In Deutschland geht das 2G-Gespenst um. Gemeint ist der Einlass in Restaurants und Konzerte nur für Personen, die gegen das Coronavirus geimpft oder von einer Infektion genesen sind. Die Stadt Hamburg erlaubt bereits Gastronomen und Eventveranstaltern die Anwendung des Modells. Die baden-württembergische Landesregierung liebäugelt damit, genauso der Berliner Senat. Am Mittwoch erreicht das Gespenst Rheinland-Pfalz: Gäste des Filmfestivals Ludwigshafen müssen geimpft oder genesen sein. Das provoziert Widerspruch aus der ganzen Republik.

Gegner des 2G-Modells fürchten eine Klassengesellschaft, in der Geimpfte und Genesene Privilegien genießen und die Übrigen sozial geächtet werden. Richtig, da entstehen zwei Gruppen oder meinetwegen auch zwei Klassen. Allerdings handelt es sich um keine Klassengesellschaft von Unterdrückern und Unterdrückten, wie sie Karl Marx und Friedrich Engels einst anprangerten. In Rede stehen Menschen, die freiwillig ein medizinisches Ticket für Restaurant- oder Konzertbesuche lösen, während andere darauf verzichten wollen. Von Willkür kann hier keine Rede sein. Das Virus selbst gibt die Spielregeln vor: Es trifft fast nur Ungeimpfte. Folglich kann ein Publikum von ausschließlich Geimpften darauf hoffen, gesund nach Hause zu kommen.
Für mein Dafürhalten teilt sich die Gesellschaft gerade nur vordergründig in Geimpfte und Ungeimpfte. Tatsächlich wird am Verhältnis von Rechten und Pflichten gezerrt, das bis jetzt eine mitteleuropäische Gesellschaft organisiert hat. Gegner des 2G-Modells wollen keine Pflichten mehr erfüllen. Ich darf ein Auto fahren, nachdem ich den Führerschein gemacht habe. Ungeimpfte, die auf Einlass im Kino oder beim Filmfestival pochen, wollen ohne Führerschein ans Steuer. Ihre persönliche Vorstellung von Freiheit endet erstmals nicht mehr dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.