Fragen Sie sich auch schon die ganze Zeit, wie DAS gut gehen soll? Wie wir in diesem erbarmungslosen zweiten Corona-Winter die Weihnachtstage im Kreis der Familie überstehen, ohne allesamt als psychische Notfälle zu enden?
Die Kolumne von Laura Koppenhöfer können Sie hier auch als Audio hören:
Da hilft es nicht, dass das Eis an Heiligabend sowieso dünner ist als sonst. Wenn sich alle friedliche Besinnlichkeit wünschen und das Gegenteil bekommen: Weil der berufliche Jahresendspurt, die mal wieder kurz vor knapp zusammengeschusterte Steuererklärung und die lange To-do-Liste der Weihnachtsvorbereitungen saisonal einfach zu nah beieinander liegen.
"Ach, ihr bleibt bis übermorgen?"
Und weil die himmelhohe Erwartung im festlich erleuchteten Weihnachtswohnzimmer geradezu danach schreit, enttäuscht zu werden. Und darum der Heilige Abend durch eine falsche Frage wie "Ach, ihr bleibt bis übermorgen?" oder eine unüberlegte Bemerkung wie "Die Soße schmeckt jedenfalls super!" schnell sehr unheilig werden kann.
Das und dergleichen ist gute alte Weihnachtstradition. Aber so kurz wie diesmal war die Lunte noch nie. Schließlich laufen die aktuell so brisanten Corona-Konfliktlinien gefühlt durch jede zweite Familie. Impfen ja, nein, vielleicht - wenn der Totimpfstoff kommt. Boostern jetzt, später oder bloß nicht? Kinder impfen oder ist das quasi Totschlag? Kinder nicht impfen oder ist das quasi Totschlag?
Kinder testen oder ist das schon zu viel der Quälerei? Dann: Corona-Schutzmaßnahmen ernst nehmen, ignorieren oder dagegen demonstrieren? Schwurbelvideos ernst nehmen, ignorieren oder dagegen argumentieren? Wie soll man das mindestens erstaunliche, eher erschreckende Erregungs- und Aggressionspotenzial dieser Fragen aus den festlich erleuchteten Weihnachtswohnzimmern heraushalten?
Das Fest der Liebe
Wenn die ungeimpfte Tante verhindert, dass die andere ungeimpfte Tante auch kommen kann. "Sorry, Susi. Nur ein Haushalt. Hättste dich halt impfen lassen!" Wenn Oma Lina "Liebe und Frieden" in die traute Runde wünscht und Onkel Heiner polternd "...und keine Diktatur!" nachschiebt.
Und wenn zu allem Übel die Kinder in diesem Jahr nicht nur gnadenlos überzuckert, sondern auch noch gnadenlos unterfordert sind, weil sie über Weihnachten in Quarantäne festsitzen, wie es allein in Rheinland-Pfalz tausenden Schulkindern bevorsteht.
Was also tun? Immerhin verschaffen einem die Warteschlangen vor den häufigen 2G-Kontrollen kleine Inseln des Innehaltens inmitten des Shoppinggewusels. Die sollten wir nutzen, um uns mental auf den Spießrutenlauf bei Kerzenschein vorzubereiten. Denn klar ist: Wir brauchen ein Fest der Liebe. So dringend wie sehr lange nicht. Miteinander. Ohne Corona-Diskussionen. Die laufen uns ja nicht weg. Leider.