Der SPD-Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl im Herbst, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, hat am Wochenende sein Regierungsprogramm vorgestellt. Die Klimapolitik sei eine "gigantische Aufgabe". Seine Schwerpunkte Klimawandel, Mobilität, Digitalisierung und Gesundheitsversorgung nannte er "Zukunftsmissionen für unser Land".

Scholz‘ gigantomanische Begriffswahl steht im eklatanten Missverhältnis zu der minimalen Chance, diese Aufgaben einmal als Bundeskanzler anpacken zu können. Es braucht keinen Besuch bei einer Wahrsagerin für die Feststellung, dass die SPD der nächsten Bundesregierung entweder als kleinerer Partner oder überhaupt nicht angehören wird. Ihr dritter Platz hinter Union und Grünen ist keine Umfragedelle, sondern geht auf einen strukturellen, langfristigen Wählerschwund zurück.
Allenfalls ein Vizekanzlerkandidat
In Deutschland hat noch nie ein kleinerer Koalitionspartner die Regierungschefin bzw. den Regierungschef gestellt. So grün sind die Grünen nun auch wieder nicht, dass sie mit dieser Tradition brechen und einen Roten zum Bundeskanzler wählen würden. Olaf Scholz ist ein von seiner Partei erklärter, aber nicht von der politischen Wirklichkeit gedeckter Kanzlerkandidat. Richtiger wäre der Begriff Spitzenkandidat - oder meinetwegen auch: Vizekanzlerkandidat.
Als sich seinerzeit der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle zum Kanzlerkandidaten ausgerufen hatte, erweckte das allgemeine Heiterkeit. Weshalb jetzt bei Olaf Scholz nicht? Die SPD wird aus meiner Sicht nie wieder im Wettbewerb um das Kanzleramt eine Rolle spielen - es sei denn, SPD und Linke suchen die Vereinigung. Scholz und Co. tun trotzdem weiter so, als lebten wir in der alten Bundesrepublik von Willy Brandt und Helmut Schmidt.
Zum TV-Duell der aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten müssten diesmal die Vertreter von Union und Grünen antreten. RTL hat angekündigt, die Spitzenkandidaten von Union, Grünen und SPD zur Debatte zu laden. Olaf Scholz darf sich freuen, dass der Sender nicht auf ihn verzichtet.