Symbolbild Telegram Smartphone mit dem Logo des Messenger-Dienstes (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / CHROMORANGE | Udo Herrmann)

Neue Gruppierung in Rheinland-Pfalz

Was wir über die "Freien Pfälzer" wissen

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Seit gut einer Woche treten in Rheinland-Pfalz die "Freien Pfälzer" auf den Plan. Sie veranstalten "Spaziergänge" als Protest gegen die Corona-Regeln. Was steckt dahinter?

Bundesweit hatte es am Montag, 13. Dezember, unangemeldete Proteste gegen die Corona-Maßnahmen gegeben. Dabei zählte die Polizei in Rheinland-Pfalz in der Vorder- und Südpfalz insgesamt rund 1.500 Teilnehmer. So waren zum Beispiel hunderte Menschen mit Teelichtern in Kaiserslautern, Kirchheimbolanden, Pirmasens und Dahn unterwegs. Zu solchen "Spaziergängen" aufgerufen hatte die Gruppe "Freie Pfälzer" in sozialen Netzwerken.

Organisation über Messenger-Dienst

Dabei dürfte vor allem der Messenger-Dienst Telegram eine zentrale Rolle spielen. Für die "Spaziergänge" eine Woche später, am 20. Dezember, nannten die Initiatoren dort mehr als 50 Orte in Rheinland-Pfalz. Unter dem Profilbild mit dem Wappen des Pfälzer Löwen riefen sie zu "Montagsprotesten" auf. Angesprochen seien Menschen, die "sich nicht weiter bevormunden oder einschüchtern" ließen. "Friedlich, selbstbestimmt und eigenverantwortlich" gingen die Menschen auf die Straße. Laut Innenministerium wurde in den sozialen Netzwerken auch dazu aufgerufen, sich auf mögliche Zeit- und Ortsänderungen einzustellen. Angemeldet sind die sogenannten Spaziergänge in der Regel nicht.

Verfassungsschutz ist aufmerksam geworden

Der Verfassungsschutz hat die Bewegung "Freie Pfälzer" nach eigenen Angaben bereits im Blick. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) wollte sich in der vergangenen Woche noch nicht abschließend festlegen, was die Gefahr durch die Gruppierung angeht. "Wir können im Moment noch nicht absehen, ob es wirklich gefährlich wird", sagte er im SWR.

Die "Freien Pfälzer" hätten eine Anleihe genommen an den "Freien Sachsen", so Lewentz. Diese würden "als radikal eingeschätzt, als rechts eingeschätzt." Daraus könne am Schluss ein Gefahrenmoment erwachsen. Die Gruppe "Freie Sachsen" ruft regelmäßig zu Protestmärschen gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung auf.

Freie Pfälzer Telegram (Foto: SWR)
Ein Beispiel, wie die "Freien Pfälzer" in den sozialen Netzwerken agieren.

DGB Pfalz warnt vor Gefahr aus der rechten Szene

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Pfalz warnt vor den Aufrufen der "Freien Pfälzer" zu "Spaziergängen" durch die Innenstädte. DGB-Geschäftsführer Rüdiger Stein spricht von einer großen Gefahr aus der rechten Szene. In den Telegram-Gruppen der "Freien Pfälzer" werden nach Angaben des DGB-Pfalz auch viele Videos und Hasskommentare der Gruppe "Freie Sachsen" veröffentlicht. "Alle machen sich mit der Sache der Rechten gemein, wenn sie bei diesen Spaziergängen teilnehmen", sagte Stein im SWR. "Es gibt auch andere Möglichkeiten, seiner Meinung Ausdruck zu verleihen, ohne solche Gruppen zu unterstützen."

Mehrere Kommunen verbieten Veranstaltungen

Mehrere Kommunen haben die Veranstaltungen inzwischen ausdrücklich verboten, darunter Neustadt an der Weinstraße, Frankenthal und der Kreis Bad Dürkheim. Am ersten "Spaziergangs"-Montag war die Polizei von der relativ hohen Teilnehmerzahl überrascht worden. Sie war deshalb kaum gegen Verstöße gegen das Versammlungsrecht und die Corona-Schutzmaßnahmen vorgegangen.

Kreis sieht "zunehmende Enthemmung und Radikalisierung"

Die Kreisverwaltung Bad Dürkheim hatte zur Begründung mitgeteilt, die bundesweiten Versammlungen zielten darauf ab, staatliche Maßnahmen zu unterlaufen. Es bestehe auch die Besorgnis, "dass die betreffenden Personen, bei denen eine zunehmende Enthemmung und Radikalisierung festzustellen ist, (...) gleichsam ein 'Katz-und-Maus-Spiel' mit der Versammlungsbehörde, der Ordnungsbehörde und der Polizei treiben".

Und aus Neustadt/Weinstraße an der Weinstraße hieß es, der "Montagsspaziergang" werde auf Kanälen wie Telegram und Facebook angekündigt, sei aber nicht ordnungsgemäß angemeldet worden. "In der gesamten Region bewerben zurzeit Gegner der Corona-Maßnahmen, Rechtsextreme und sogenannte Reichsbürger unangemeldete Versammlungen. Eine nicht angemeldete Versammlung stellt bereits für sich einen Gesetzesverstoß dar."

Landau

Nach unerlaubten Versammlungen vor einer Woche Städte und Kreise in der Pfalz verbieten Corona-Demos

Landau verschärft die Regeln: Nachdem letzten Montag rund 250 Menschen unangemeldet gegen die Corona-Politik demonstriert haben, hat die Stadt am Freitag eine Allgemeinverfügung erlassen. Andere sind inzwischen nachgezogen.

Ludwigshafen

Rechtsextremismus-Experte über "Freie Pfälzer" Ludwigshafen: Proteste in der Pfalz gegen Corona-Maßnahmen - wer steckt dahinter?

In deutschen Städten gab es am Montag unangemeldete Proteste gegen die Corona-Maßnahmen - in der Vorder- und Südpfalz zählte die Polizei rund 1.500 Teilnehmer. Rüdiger Stein, Rechtsextremismus-Experte beim DGB, äußert sich dazu im Interview.

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