Hauswand innen, Schimmelpilz, Fußleiste, Heizkörper (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / blickwinkel/ G. Czepluch)

Energiekosten gehen durch die Decke

Darum ist Nicht-Heizen dennoch keine Lösung

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Christian Papadopoulos

Energiesparen ist jetzt angesagt. Die Wohnung soll nicht wärmer als 19 Grad sein. Doch was machen die gedämpften Temperaturen mit der Bausubstanz? Und was mit unserer Gesundheit? Wie heize ich am cleversten? Warum ist es nicht gut, wenig zu heizen?

Die Bundesregierung will, dass wir alle Energie sparen. Mit Blick auf die Gesundheit ist die Idee aber wenig hilfreich. Die Forschung zeigt, dass das Absenken von Temperaturen in Wohn- und Arbeitsräumen sich kritisch auf die Atemwegsorgane und das Herz auswirken kann. Experten vertreten hier weitgehend einheitliche Positionen, die sich allenfalls im Detail voneinander unterscheiden.

21 Grad als mittlere Temperatur für Wohnzimmer empfohlen

Experte Hans Weinreuter von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz empfiehlt aus gesundheitlichen Gründen deutlich höhere Temperaturen im Wohnbereich als von der Bundesregierung angedacht. Im Wohnzimmer sollten es schon rund 21 Grad sein. Für Küche, Flur und Schlafzimmer reichten auch 17-19 Grad. Im Bad empfiehlt Weinreuter sogar bis zu 23 Grad. Ob man davon in der aktuellen Situation abweichen wolle, sei eine individuelle Entscheidung, sagte Weinreuter dem SWR bereits zu Beginn des Krieges gegen die Ukraine, als sich die hohen Energiepreise abzeichneten. Ältere und kranke Menschen sowie Säuglinge sollten nach seiner Meinung von deutlichen Temperaturabsenkungen generell ausgenommen werden.

Allerdings wies der Experte auch darauf hin, dass sich mit jedem Grad, um das man die Heizung niedriger stellt, ein Einsparpotenzial beim Verbrauch von sechs Prozent ergebe - vorausgesetzt, die Temperatur wird im ganzen Haus abgesenkt. Eine weitere Möglichkeit, Energie zu sparen, seien programmierbare Thermostate. Damit könne man die Temperatur absenken, wenn man beispielsweise für längere Zeit das Haus verlässt und sie rechtzeitig vor der Ankunft wieder hochfahren. Pro Heizkörper fallen hier Kosten von etwa 50 Euro an. Weinreuter empfiehlt auch, die Temperaturen nachts auf weniger als 16 Grad abzusenken. Wenig genutzte Räume müssten nicht unbedingt geheizt werden, dann sollten aber die Türen geschlossen werden.

Nach Auffassung von SWR-Umweltexperte Werner Eckert ist das Einsparpotenzial in vielen Haushalten aber deutlich größer. Nicht selten würden Haushalte ihre Wohnzimmer auf 23 oder 24 Grad hochheizen. Im Schlafzimmer sollte die Temperatur schon deshalb deutlich niedriger sein als etwa im Wohnbereich, weil man dann besser schlafen kann, so Eckert.

Wie beuge ich Schimmelbildung vor?

Schlecht geheizte Räume können zu gesundheitsschädlicher Schimmelbildung führen. Deshalb müssten Raumlufttemperatur und Luftfeuchtigkeit in bewohnten Räumen immer zusammen gedacht werden. Daher sollte neben dem Thermometer auch immer ein Hygrometer für die Messung der Luftfeuchte vorhanden sein, schlägt Weinreuter vor.

Die Gefahr von Schimmel in Wohnungen ergebe sich dort, wo es feuchte Luft in Kombination mit kalten Wänden gebe. Dem könne man durch gutes Lüften entgegenwirken, so Weinreuter. Dabei sei - entgegen der landläufig verbreiteten Meinung - die Kipplüftung sehr wohl ein brauchbares Mittel, um Feuchtigkeit nach draußen zu transportieren. Optimal sei eine Kombination aus Stoß- und kontrollierter Kipplüftung über einen begrenzten Zeitraum, um eine Wohnung trockener zu bekommen. In unbewohnten Häusern gebe es kaum Schimmel. Wo keine Menschen lebten, entstehe auch weniger Feuchtigkeit.

SWR-Umweltredakteurin Alice Thiel-Sonnen empfiehlt eine Mindesttemperatur von 16 Grad, um Schimmel zu vermeiden. Zudem sollten die Räume gut durchgelüftet werden, um die Feuchtigkeit aus den Zimmern zu bekommen. Im Wohnzimmer spüre man kaum, wenn man etwa die Temperatur um ein oder zwei Grad herunterstellt, aber im Geldbeutel umso mehr. Werner Eckert fügt hinzu, dass allerdings auch gerade überheizte Räume zur Schimmelbildung beitragen können, wenn sie nicht regelmäßig gelüftet werden.

Experte: Gesundheitliche Folgen beachten

So sehr die Maßnahmen zum Energiesparen politisch Sinn machen mögen, was bedeuten sie für die Gesundheit? "In Innenräumen sind 20 bis 22 Grad für das Wohlbefinden und letztlich auch das gesundheitliche Befinden optimal“, sagt Heinz-Jörn Moriske dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Moriske ist Direktor und Professor im Umweltbundesamt, Innenraumexperte und langjähriger Geschäftsführer der Innenraum-Lufthygiene-Kommission. In Wohnungen könne man auf 19 Grad heruntergehen, besser seien aber 20 Grad, so Moriske. Bei Menschen, die die meiste Zeit auf dem Sofa verbringen, können Temperaturen unter 19 Grad schon zu kalten Händen und zum Auskühlen von Armen und Beinen führen.

Anfälligkeit für Infekte steigt

Überhaupt wird es unterhalb von 19 Grad kritisch, denn die Anfälligkeit für Infekte wie Erkältungen erhöht sich. "Das gilt gerade bei älteren Menschen, bei Menschen mit niedrigem Blutdruck und solchen, die sich wenig bewegen“, erklärt Moriske. Allerdings kann man die verschiedenen Räume durchaus unterschiedlich beheizen. Hier nennt Moriske niedrigere Werte als Weinreuter. Im Wohnzimmer empfiehlt er 20 Grad. Im Schlafzimmer reichten hingegen 18 Grad, in der Küche 17 bis 18 Grad und im Badezimmer 20 Grad.

Wie sieht es nun mit öffentlichen Räumen wie Büros aus, wo die Menschen in erster Linie sitzende Tätigkeiten ausüben? Hier darf es ja seit 1. September nicht wärmer als 19 Grad sein. Auf diesen Wert abzusenken sei machbar, sagt Moriske. "Aber das ist eigentlich auch schon die Grenze, die man nicht unterschreiten sollte.“

Das Umweltbundesamt empfiehlt, in Büros nicht unter 19 Grad zu heizen, sonst drohen auch hier Infekte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist bei Innenräumen etwas großzüger. Sie sieht in Ländern mit gemäßigtem oder kälterem Klima in Innenräumen erst 18 Grad als absolutes Minimum an.

Schimmel kann Allergien und Atemwegserkrankungen auslösen

Rund einen Monat, nachdem der Krieg in der Ukraine ausgebrochen war, kam vom baden-württembergischen Umweltminister Peter Hauk (CDU) ein provozierender Vorschlag. Man solle doch die Wohnung auf 15 Grad herunterkühlen und sich einen dicken Pulli anziehen. Das habe noch niemandem geschadet, sagte er bereits im März. Tatsächlich verringert der dicke Pulli zwar die Gefahr von Auskühlungen. Er wendet jedoch nicht eine andere Gefahr mit gesundheitlichen Folgen ab – das Ausbreiten von Schimmel. Menschen geben in Räumen Feuchtigkeit ab, durch Ausatmen und Schwitzen, aber auch wenn sie kochen, sich waschen oder duschen. Schimmel in der Wohnung wiederum führt zu Allergien und Atemwegserkrankungen und sollte daher, wenn immer möglich, vermieden werden.

WHO: Mehr Erkrankungen und höhere Sterberaten

Laut WHO erhöhen runtergekühlte Wohnungen die Zahl der Erkrankungen und Sterbefälle in der kalten Jahreszeit, denn bei kalten Temperaturen verengen sich die Blutgefäße, wodurch sich das Schlaganfall-und Herzinfarkt-Risiko erhöht. Das zeigte auch eine dänische Studie von 2021. Demnach erhöhte eine niedrigere Raumtemperatur als 18 Grad im Winter in Regionen mit gemäßigtem oder kaltem Klima das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten sowie Atemwegserkrankungen. Und auch das Sterberisiko durch die genannten Krankheiten stieg.

Wie kann ich sonst noch Heizkosten sparen?

Das Umweltbundesamt hält einige Ratschläge parat, wie man effektiv Heizkosten sparen kann.

Abdichten: Viel Energie geht durch Zugluft an Fenstern und Türen verloren. Dichten Sie poröse und undichte Fenster und Türen mit Schaumdichtungsband oder Gummidichtungen aus dem Baummarkt ab. Achtung bei Zimmern mit Gasetagenheizung: Viele dieser Heizungen ziehen die Verbrennungsluft direkt aus dem Aufstellraum. Klären Sie zunächst mit Ihrem Schornsteinfeger oder Heizungsinstallateur, welche Dichtmaßnahmen in diesem Fall möglich sind.

Regelmäßige Wartung: Lassen Sie Ihre Heizungsanlage zu Beginn der Heizperiode warten und überprüfen, um einen optimalen Betrieb zu gewährleisten. Dazu gehört die Überprüfung, ob sich Luft in den Heizungsrohren und Heizkörpern befindet, ebenso wie die Überprüfung der richtigen Einstellung der Regelung. Heizungsanlagen verlangen auch eine regelmäßige Entlüftung der Heizkörper. Die Entlüftung der einzelnen Heizkörper mithilfe der Entlüftungsventile ist nötig, wenn der Heizkörper "gluckert" oder trotz aufgedrehten Thermostatventils nicht mehr richtig warm wird.

Wasser- und Heizungsrohre können einfrieren

Wasser dehnt sein Volumen aus, wenn es gefriert, und entwickelt dabei einen hohen Druck, dem die Rohre nicht standhalten. Sie können platzen. Zum Glück sind solche Ereignisse in Häusern mit mehreren Wohneinheiten. Der Grund: Die Nachbarn heizen mit. "Sparfüchse" nutzen hier in unfairer Weise die Heizfreudigkeit ihrer Hausmitbewohner aus.

Wer für längere Zeit abwesend ist - etwa für einen Auslandsaufenthalt - sollte unbedingt eine Person seines Vertrauens damit beauftragen, regelmäßig nach dem Rechten zu sehen.

Vermieter kann sich Zugang zur Wohnung verschaffen

Wie soll der Eigentümer überhaupt merken, dass sein Mieter nicht heizt oder nicht ausreichend lüftet? Im Zweifelsfall wird er bei der Aufstellung der Betriebskosten oder durch Nachbarn darauf aufmerksam. Die Wohnung selbst darf er ohne vorherige Abstimmung mit dem Mieter nicht betreten. Wenn der Bewohner sich querstellt, muss der Vermieter sogar bis zu fünf Jahre warten, um seine Wohnung zu betreten, hat das Amtsgericht München entschieden. Eine Ausnahme ließ es aber für solche Fälle zu, wenn der Vermieter "eine nachhaltige negative Beeinträchtigung der Sachsubstanz“ befürchten muss.

Der Bundesgerichtshof (BGH) ist Eigentümern vor einigen Jahren mehr entgegengekommen. Laut einem Urteil von 2006 sind Mieter verpflichtet, durch ein richtiges Lüftungsverhalten Schimmel in ihrer Wohnung zu vermeiden (Az.: VIII ZR 182/06). Der Vermieter kann vom Mieter ein ordnungsgemäßes Heizen und Lüften der Wohnung fordern. Der Mieter kann auch dazu verpflichtet werden, die Luftfeuchtigkeit mit einem Hygrometer zu messen - vor allem dann, wenn es schon zu Schäden gekommen ist.

Mieter riskiert Forderungen nach Schadenersatz

Im Schadensfall muss der Verantwortliche gesucht werden. Der Vermieter ist für die Erhaltung der Mietwohnung verantwortlich. Kann der Vermieter mit Hilfe eines Sachverständigen nachweisen, dass der Schaden nicht durch eine mangelhafte Baubsubstanz verursacht wurde, dann haftet der Mieter für die Schäden.

Fazit: Nicht-Heizen ist keine Lösung

Alles in allem kann man sagen, dass Nicht-Heizen auch in Zeiten teurer Energie keine Lösung ist. Es gefährdet die Gesundheit und kann zu schweren Schäden an den Gebäuden führen. Dies kann am Ende teurer werden als die hohen Preise für Gas, Öl oder Strom.

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