Eine Anzeigetafel an einer Autobahn-Tankstelle zeigt hohe Preise für Diesel, Super E10 und Super Benzin an.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte)

Preissprünge beim Sprit, Hamsterkäufe, Energiesparen

Welche Folgen hat das Öl-Embargo?

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Ginge es nach der EU-Kommission, sollen russische Öllieferungen in die Europäische Union bereits Anfang nächsten Jahres weitestgehend eingestellt sein. Doch mit welchen Folgen?

Mit einem Öl-Embargo will die Europäische Union den Druck auf Russland im Ukraine-Krieg erhöhen. Entsprechende Pläne dafür hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jetzt vorgestellt. Für die Verbraucher und die deutsche Wirtschaft könnte die neue Unterstützung für die Ukraine teuer werden. Ein Überblick.

Was genau schlägt die EU-Kommission vor?

Konkret ist nach Angaben der EU-Kommission geplant, dass nach einer Auslaufphase von sechs Monaten ein Einfuhrverbot für russisches Rohöl gelten soll und bis Ende des Jahres dann auch keine Ölprodukte mehr eingeführt werden. Weitreichende Ausnahmeregelungen sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nur für Ungarn und die Slowakei geplant. Diese beiden EU-Länder decken derzeit noch einen Großteil ihres Ölbedarfs aus Russland und sehen sich auch wegen eines fehlenden Meereszugangs nicht in der Lage, schnell andere Lieferquellen zu erschließen.

Was könnte das für die Verbraucher bedeuten?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erwartet hohe "Preissprünge". Grund ist unter anderem, dass russisches Öl durch wahrscheinlich teurere Alternativen aus anderen Ländern ersetzt werden muss. Immerhin hatte die EU im Vorjahr knapp ein Viertel ihres Öls aus Russland importiert. Zudem bedeutet die Umstellung von Raffinerien und Lieferwegen Aufwand und Kosten. Aber wann und wie stark das Tanken oder Heizen teurer werden, wagt kaum jemand vorherzusagen.

Der Mineralöl-Wirtschaftsverband Fuels und Energie äußert sich sehr vage: Es sei "eher unwahrscheinlich", dass es keine Auswirkungen auf die Preise an den Tankstellen geben werde. Doch hänge die Markt- und Preisentwicklung von vielen Faktoren ab, etwa auch vom Dollarkurs und Beschlüssen der großen Förderländer.

Ähnlich sich das auch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Ein Embargo würde zunächst zu einer deutlichen Preissteigerung für Öl auf dem Weltmarkt führen - und damit auch für seine Folgeprodukte wie Heizöl, Benzin und Diesel bei uns, teilte die Verbraucherzentrale auf SWR-Anfrage mit. Wie sich die Preise dann weiterentwickeln würden, sei schwer vorherzusagen. Dies würde sicherlich auch vom weiteren Verlauf des Krieges in der Ukraine abhängen.

Etwas entspannter sieht das Energieexperte Klaus-Jürgen Gern vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Er wagt die Prognose: "Drastische Preisanstiege wären gar nicht zwangsläufig." Das gilt aus seiner Sicht zumindest für ein Embargo mit Übergangsfrist. Denn die schrittweise Abkehr von russischem Öl sei ja bereits angekündigt und in den derzeit hohen Preisen wohl schon berücksichtigt.

Was kann man gegen den Preisanstieg tun?

Der Bundesverband der Verbraucherzentrale mahnt die Bundesregierung, ein strenges Auge auf die Preise an der Zapfsäule zu haben. Sie müsse einschreiten, wenn Konzerne sich in der Krise bereichern wollten, sagt Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth. Gefordert seien die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe und das Bundeskartellamt.

Die Verbraucherzentrale fordert auch: "Die beschlossene Energiesteuersenkung vom 1. Juni 2022 muss eins zu eins an die Verbraucher und Verbraucherinnen weitergegeben werden." Zugleich warnt Jungbluth: "Hamsterkäufe würden den Preis unnötig in die Höhe treiben oder sogar zu einer Verknappung führen, daher raten wir davon ab."

Ein Preismoratorium - also eine zeitlich begrenzte Preisbindung - solle zudem verhindern, dass Tickets für Busse und Bahnen teurer werden, fordert auch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Wichtig sei Energiesparen. Ein Wechsel des Energieträgers - weg von Gas und Öl hin zu Strom (Wärmepumpen), Holzpellets und Nah- und Fernwärme auf Basis erneuerbarer Energien - könne langfristig ebenfalls eine Einsparung bringen.

Kurzfristig sollten Besitzer von Ölheizungen beim Einkaufen von Heizöl eher abwarten, den Markt beobachten und dann zeitnah erst mal nur kleinere Mengen einkaufen, rät die Verbraucherzentrale. Das alles in der der Hoffnung, dass sich die Lage mittelfristig wieder etwas beruhige. Seriöse Vorhersagen zur Preisentwicklung seien derzeit aber nicht möglich.

Wie abhängig ist Deutschland noch von russischem Öl?

Deutschland sieht sich inzwischen einigermaßen gewappnet. Ohne russische Lieferungen sei keine "Ölkrise" zu erwarten, sagte Habeck zuletzt. Denn der Anteil russischen Öls am deutschen Verbrauch ist nach seinen Angaben binnen weniger Wochen von 35 auf 12 Prozent gesunken.

Was könnte das Embargo für die BASF in Ludwigshafen bedeuten?

Derzeit ist die BASF nach eigenen Angaben dabei, ihren Öl-Anteil, der aus russischen Quellen kommt, zu reduzieren - bis auf null, teilte eine BASF-Sprecherin auf SWR-Anfrage mit. "Sollte es zu Engpässen kommen, werden wir mit unseren Lieferanten alle notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Versorgung ergreifen." Die BASF kaufe ölbasierte Rohstoffe auf dem internationalen Markt ein. In den Jahren 2020 und 2021 seien etwa 30 bis 40 Prozent des europäischen Bedarfs aus russischen Quellen gekommen.

Gibt es noch andere mögliche unerwünschte Nebenwirkungen?

Als ein Risiko gilt, dass ein Embargo die Ölpreise international so in die Höhe treibt, dass Russland am Ende mit weniger Exporten mindestens genauso viel Geld verdient wie vorher. Damit einhergehen könnte, dass Öl für ärmere Länder unbezahlbar wird. Dies wiederum könnte Präsident Wladimir Putin nutzen, indem er russisches Öl billiger an ärmere Länder verkauft - unter der Bedingung, dass sich diese Länder nicht an den westlichen Sanktionen gegen Russland beteiligen.

Wie stark könnte das neue Embargo Russland treffen?

Die Befürworter hoffen, dass die Folgen gravierend sind. Zu Jahresbeginn hat Russland noch die Hälfte seiner täglich knapp fünf Millionen Barrel Rohöl nach Europa exportiert. Auch von den drei Millionen Barrel an Ölprodukten, also Diesel oder Schweröl, ging die Hälfte gen Westen. Weitere Einbußen könnten Russland also empfindlich treffen.

Baden-Württemberg

Abhängigkeit von Russland verringert Wirtschaft in BW könnte Ölembargo verkraften

Ein möglicher Verzicht auf russisches Öl wird in Europa immer stärker diskutiert. Baden-Württemberg könnte das verkraften, allerdings würde das wohl höhere Kosten bedeuten.

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SWR