In einer Video-Schalte hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen mit den Ministerpräsidenten der Länder am Mittwoch über schärfere Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie diskutiert. Das Ergebnis: Wegen der steigenden Zahl von Corona-Infektionen soll das öffentliche Leben erneut weitgehend heruntergefahren werden.
Unternehmen, die dadurch von temporären Schließungen betroffen sind, wird der Bund eine Nothilfe gewähren, um sie für die finanziellen Ausfälle zu entschädigen, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Mittwoch nach der Bund-Länder-Schalte bei einer Pressekonferenz.
Der Bund werde auch Hilfsmaßnahmen für Unternehmen verlängern und die Konditionen für die hauptbetroffenen Wirtschaftsbereiche verbessern. Dies betreffe zum Beispiel den Bereich der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft.
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Maßnahmen schon ab 2. November
Bund und Länder wollen die drastisch steigenden Corona-Infektionszahlen mit massiven Kontaktbeschränkungen über den November hinweg in den Griff bekommen. Wie am Mittwochnachmittag bekannt wurde, sollen die Maßnahmen deutschlandweit bereits vom 2. November an in Kraft treten und bis Ende November gelten. Mitte November werden die Bundeskanzlerin und die RegierungschefInnen der Länder sich erneut beraten, ob die Maßnahmen greifen, teilte Dreyer mit.
Gastronomie wird heruntergefahren
Bund und Länder einigten sich darauf, Gastronomiebetriebe ab dem 2. November für den restlichen Monat zu schließen. Dazu gehören neben Restaurants zum Beispiel auch Bars, Clubs und Kneipen. Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause, Kantinen sollen offen bleiben dürfen.
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Geschäfte dürfen weiterhin öffnen
Trotz drastisch steigender Corona-Infektionszahlen sollen Groß- und Einzelhandel im November offen bleiben. In der Videokonferenz einigten sich die Teilnehmer darauf, dass sich in den Geschäften nicht mehr als ein Kunde pro zehn Quadratmeter aufhalten darf. Das teilte Ministerpräsidentin Dreyer am Nachmittag mit. In der Beschlussvorlage des Bundes war ursprünglich von 25 Quadratmetern die Rede gewesen.
Verschärfte Kontaktregeln
Aktuell dürfen sich in Rheinland-Pfalz bis zu zehn Menschen aus verschiedenen Haushalten in der Öffentlichkeit treffen, ansonsten maximal zwei Haushalte, unabhängig von der Personenzahl. Allerdings gelten mancherorts im Land schon jetzt schärfere Bestimmungen, so dürfen sich etwa in Mainz wegen der hohen Infektionszahlen nur noch fünf Menschen in der Öffentlichkeit treffen.
Nun wollen Bund und Länder den gemeinsamen Aufenthalt in der Öffentlichkeit ab Montag nur noch Angehörigen des eigenen und eines weiteren Haushaltes mit maximal zehn Personen gestatten. Dies gelte verbindlich, Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen würden von den Ordnungsbehörden sanktioniert.
Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen seien angesichts der ernsten Lage inakzeptabel und ein gesundheitliches Risiko.
Ministerpräsidentin Dreyer verwies darauf, dass bei den Corona-Infektionen in Rheinland-Pfalz auch schwere Verläufe wieder zunähmen. Deshalb müssten Kontakte reduziert werden, damit sich möglichst wenig Menschen treffen.
Schulen und Kitas offen halten
Schulen und Kindergärten sollen nach Aussage von Dreyer bundesweit geöffnet bleiben. Das entspricht der rheinland-pfälzischen Linie. Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) betonte zuletzt immer wieder, oberstes Ziel sei es, die Schulen - anders als im ersten Lockdown im Frühjahr - offen zu halten. Ähnliches gilt auch für die Kindergärten.
"Wir müssen einen Weg finden, wie wir Kontaktvermeidungen schaffen, ohne Kitas, Schulen und das Wirtschaftsleben zu schließen", sagte Dreyer vor der Bund-Länder-Schalte. Nichtsdestotrotz kann es wie bisher schon zu Einschränkungen und punktuellen Schließungen kommen. Einzelne Kitas wurden nach Infektionen geschlossen, zuletzt etwa Einrichtungen in Bad Kreuznach und Bad Ems.
Freizeit, Sport und Kultur
Wegen der Corona-Krise sollen ab dem 2. November Freizeiteinrichtungen grundsätzlich geschlossen werden. Dazu gehören Theater, Opern, Konzerthäuser, Messen, Kinos, Freizeitparks, Saunen, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und Bordelle. Alle Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt.
Anlässlich der Schließungen warnten rheinland-pfälzische Kinobetreiber vor gravierenden Folgen. Die jetzt geplanten Starttermine müssten erneut verschoben werden oder fielen weg, sagte Ralf Holl, Vorstandschef der Genossenschaft Kinomarkt Deutschland. "Wir hatten mit großem Aufwand zumindest die deutschen Verleiher dazu bewegt, uns noch Filme zu geben", erklärte Holl, der ein Lichtspielhaus in Nastätten im Rhein-Lahn-Kreis betreibt.
Auch vom Staatstheater in Mainz kam harsche Kritik.: Anders als im Frühjahr trage das Theater die Entscheidung der Politiker nun nicht mehr mit: "Darum werden wir auch nicht mit virtuellen Formaten im Internet den analogen Phantomschmerz mildern."
Auch Schwimmbäder und Fitnessstudios sollen für einige Wochen zumachen. Außerdem betrifft die Regelung den Freizeit- und Amateursportbetrieb auf Sportanlagen. Individualsport soll ausgenommen werden. Joggen im Wald wäre beispielsweise - wie beim ersten Lockdown im Frühjahr - noch erlaubt.
Profisport soll nicht verboten werden, jedoch im November nur ohne Zuschauer erlaubt werden. Das gilt auch für die Fußballbundesliga.
Tourismus
Touristische Übernachtungen sollen erst einmal nicht mehr möglich sein. Übernachtungsangebote dürften nur noch für notwendige Zwecke gemacht werden. Bürgerinnen und Bürger werden aufgefordert, generell auf nicht notwendige private Reisen und Besuche zu verzichten. Das gilt auch im Inland und für überregionale tagestouristische Ausflüge.
Wellness und medizinische Angebote
Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen, weil in diesem Bereich eine körperliche Nähe unabdingbar ist, heißt es von der Landesregierung. Medizinisch notwendige Behandlungen - zum Beispiel Physio-, Ergo und Logotherapien sowie Fußpflege - bleiben weiter möglich. Friseursalons bleiben unter den bestehenden Auflagen zur Hygiene geöffnet.
Wie bindend sind die Beschlüsse?
Rechtlich sind sie nicht bindend - die Länder können davon abweichen und auch strengere Regeln erlassen oder sogar Regeln lockern. Es gibt allenfalls eine politische Verpflichtung, wenn die Länder mit dem Bund einen gemeinsamen Beschluss fassen. Die Landesregierung in Mainz hat sich zuletzt wiederholt für ein bundesweit einheitliches Vorgehen ausgesprochen. Ministerpräsidentin Dreyer machte im Anschluss an die Bund-Länder-Schalte klar, dass die beschlossenen Regelungen auch in Rheinland-Pfalz gelten werden.
Warum gibt es selbst landesweit keine einheitliche Regeln?
Rheinland-Pfalz hat landesweit gültige Corona-Bestimmungen in Verordnungen geregelt, die zuletzt in dieser Woche neu gefasst wurden. Sie enthalten Bestimmungen wie die Maskenpflicht in vielen Bereichen. Die letzte Zuständigkeit für die Bekämpfung der Corona-Pandemie liegt aber bei den Gesundheitsbehörden der Kommunen. Und die haben zum Teil schon weitergehende Regelungen erlassen - so müssen etwa Gaststätten in Mainz schon um 23 Uhr schließen.
Warum sollen nun noch einmal strengere Regeln kommen?
Die schärferen Kontakteinschränkungen sollen verhindern, dass Krankenhäuser überlastet werden. In ganz Rheinland-Pfalz werden derzeit rund 270 Covid-19-Patienten behandelt. Die Krankenhäuser im Land verfügen nach Angaben des Gesundheitsministeriums über mehr als 1.600 Betten für die Intensivmedizin. Davon sind nach jüngsten Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin 55 mit Covid-Patienten belegt, das entspricht sechs Prozent der belegten Betten.
Experten warnen, dass diese Zahl bei der Zunahme von schweren Verläufen der Krankheit rasch steigen und es dann zu einer Überlastung kommen könnte. Das ist den bisherigen Erfahrungen nach dann der Fall, wenn die Infektionszahlen insgesamt weiterhin stark steigen.