Mit dem 9-Euro-Ticket in der Regionalbahn in Urlaub fahren. Das geht. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / CHROMORANGE | Markus Mainka)

Enorme Nachfrage zum Verkaufsstart

9-Euro-Ticket: Was erwartet Bahnreisende und Pendler in RLP?

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Jeanette Schindler

Die Nachfrage nach 9-Euro-Tickets ist riesig. Die Busse und Züge könnten voll werden. Wir haben gecheckt, wie man das Ticket am besten nutzen kann.


"Auf jeden Fall kaufen!", rät Martin Mendel, Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn in Rheinland-Pfalz. "Denn das 9-Euro-Ticket lohnt sich in vielen Fällen schon nach einer Fahrt." So denken offenbar viele, denn die Deutsche Bahn und auch die Verkehrsverbünde in Rheinland-Pfalz sprechen von einer überwältigenden Nachfrage.

"Wir erleben gerade einen historisch großen Zugriff auf unsere Vertriebssysteme", sagte der Chef der Unternehmenstochter DB Regio, Jörg Sandvoß, am Montag wenige Stunden nach Verkaufsstart. Für die Verkehrsbetriebe ist die Entwicklung schwer zu kalkulieren. Wie viele Menschen werden ihr 9-Euro-Ticket auch tatsächlich nutzen und wie oft? Er habe "keinen blassen Schimmer", gab DB-Chef Sandvoß am Montag zu. Das 9-Euro-Ticket sei ein "Experiment".

Volle Züge vor allem am Wochenende und zu Touristenzielen

Fahrgäste müssen vor allem auf den Routen, die schon jetzt stark genutzt werden mit volleren Zügen rechnen, etwa auf der Strecke Frankfurt - Koblenz oder zwischen Mannheim - Ludwigshafen bis nach Saarbrücken. Mendel von Pro Bahn vermutet, dass sich dort am ehesten Berufspendler darauf einlassen könnten, das Auto mal stehen zu lassen. In ländlichen Regionen wie Hunsrück, Eifel und Westerwald sei dagegen kaum mit überfüllten Bussen oder Zügen zu rechnen, weil den Fahrgästen gute und regelmäßige Anbindungen fehlten. Auch die Überlandbusse ins rheinhessische Hinterland sind für Berufspendler wahrscheinlich nicht attraktiv - sie fahren zu selten und sind zu lange unterwegs.

Verkehrsverbünde, Verkehrsunternehmen und auch der Fahrgastverband Pro Bahn erwarten, dass vor allem an den Wochenenden und auf den üblichen Ausflugsrouten die Züge voll werden. Und dazu gehört natürlich die Rheinschiene, die Bahnstrecken in die Pfalz, an die Mosel, ins Saarland oder auch ins Elsass.

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Verkehrsunternehmen setzen mehr und längere Züge ein

"Wir bereiten uns vor und setzen buchstäblich alles in Bewegung, was wir haben - Züge, Busse, Servicekräfte", kündigte DB-Chef Sandvoß an. Die Deutsche Bahn will mehr als 50 zusätzliche Regionalzüge einsetzen, insgesamt 60.000 Sitzplätze bereitstellen, und auch zusätzliches Personal soll in Zügen und an Bahnhöfen zum Einsatz kommen.

Die Regionalzüge in Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Bundesländern sollen mit Einführung des 9-Euro-Tickets an den Wochenenden verstärkt werden. Das teilte der Zweckverband Rheinland-Pfalz Süd mit.

Die vereinbarten Verstärkungen beträfen beispielsweise das Süwex-Netz mit den schnellen Regional-Express-Zügen entlang von Rhein, Mosel, Saar und durch den Pfälzerwald. In der Westpfalz und im Saarland sei eine Verstärkung vieler Züge der Linien zwischen Trier, Saarbrücken und Kaiserslautern von rund 200 auf 400 Plätze geplant.

Der Rhein-Main-Verkehrsverbund hat in Absprache mit den Verkehrsunternehmen zusätzliche Zugteile und Waggons bestellt. Allerdings seien die Züge durch die Corona-Pandemie noch immer nicht voll ausgelastet, so dass es hier noch einen Puffer gebe, erklärte ein Sprecher.

Das Verkehrsunternehmen vlexx, das quasi in ganz Rheinland-Pfalz mit Regionalbahnen und Regionalexpress-Zügen unterwegs ist, stockt seine Kapazitäten insbesondere an den Wochenenden auf - die Linien Frankfurt-Saarbrücken und Koblenz-Kaiserslautern werden verstärkt. Vlexx empfiehlt dennoch, möglichst außerhalb der Hauptverkehrszeiten zu fahren und sich vorher über die Reiseroute zu informieren. Das Unternehmen will auch nicht ausschließen, dass mancher Fahrgast auf der Strecke bleibt.

Der Verkehrsverbund Region Trier sieht dagegen weder im Bus-, noch im Schienenverkehr Möglichkeiten, generell mehr Fahrzeuge oder Personal einzusetzen. Der Verbund will aber versuchen, am Wochenende mehr oder längere Züge einzusetzen. In der Stadt Trier selbst würden voraussichtlich zusätzliche Fahrten angeboten, um Touristen durch die Stadt zu fahren, hieß es.

Auch der Rhein-Nahe-Nahverkehrsverbund sieht sich derzeit nicht in der Lage sein Angebot aufzustocken. Das sei erst ab August geplant. Es sei einfach nicht möglich, das Angebot so kurzfristig auszuweiten, teilte eine Sprecherin mit.

Zu kurze Bahnsteige und Personalmangel

Schwierigkeiten bereitet den Verkehrsunternehmen der Personalmangel und auch die schlechte Infrastruktur - auf manchen Strecken fehlen schlicht Gleise, um weitere Züge einzusetzen. Oder die Bahnsteige in einigen Bahnhöfen sind nicht lang genug. Werden an einen Zug Waggons angehängt, müssen die Fahrgäste zum Aussteigen in den vorderen Teil des Zuges gelangen. Für Menschen mit Einschränkungen kann das schwierig sein.

Dazu kommt, dass die Züge verstärkt in den Ferienzeiten gewartet werden, sie fehlen dann im Betrieb. Und Reparaturen an Gleisen, Weichen und Oberleitungen führen seit längerem zu Engpässen im Bahnnetz. Kritiker haben wegen all dieser Probleme schon ein Chaos prognostiziert und sehen in dem 9-Euro-Ticket einen Flop.

In Urlaub fahren mit dem 9-Euro-Ticket

Mit dem Regionalexpress oder der Regionalbahn quer durch Deutschland reisen - das klingt anstrengend. Viel Umsteigerei, verpasste Anschlüsse und ewig lange Fahrtzeiten fallen einem dazu sofort ein. Allerdings stimmt das nicht immer. Eine Fahrt mit dem 9-Euro-Ticket von Mainz nach Friedrichshafen am Bodensee ist durchaus machbar: Wer sich freitags morgens um acht Uhr in Mainz in den Regionalexpress setzt, ist nach vier Mal Umsteigen laut Fahrplan nachmittags gegen 14 Uhr in Friedrichshafen am Bodensee. Mit der schnellen Verbindung ist man nur eine Stunde früher da, muss aber nur zwei Mal umsteigen.

DB-Streckenagent aufs Handy laden

Es lohnt sich also, die Bahn-Angebote und Fahrpläne genau zu studieren und eine Bahn-App aufs Handy zu laden. Die Reise lässt sich damit besser planen und man wird frühzeitig über Zugausfälle oder Verspätungen informiert.

Die Ostsee im Regionalexpress anzusteuern, ist wahrscheinlich zu aufwendig - von Trier nach Stralsund wäre man immerhin gut 14 Stunden unterwegs, wenn alles glatt läuft. Nach München, ins Ruhrgebiet, den Harz, ins Saarland und an den Bodensee - das ist von Rheinland-Pfalz aus durchaus machbar.

Checken sollte man allerdings, ob ein Supersparpreis-Ticket, das manchmal nur geringfügig teurer ist, nicht die bequemere Alternative wäre. Hier kostet beispielsweise eine Bahnfahrt von Koblenz nach München am Wochenende mit ein Mal Umsteigen 36 Euro und dauert zwischen fünf und sechs Stunden. In den Nahverkehrszügen muss man dagegen fünf Mal umsteigen und ist etwa acht Stunden unterwegs - vorausgesetzt man erwischt alle Anschlusszüge.

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Pro Bahn hofft auf Beginn einer Verkehrswende

Der Fahrgastverband Pro Bahn Rheinland-Pfalz ist von dem 9-Euro-Ticket begeistert. "Wer hätte vor fünf oder sechs Monaten geglaubt, dass so eine Maßnahme überhaupt eingeführt wird", sagt der Landesvorsitzende Martin Mendel, "ein Nahverkehrsticket für ganz Deutschland." Das dreimonatige Pilotprojekt sei eine große Chance. Denn die Bundesländer seien danach gefordert, etwas Vergleichbares anzubieten.

"Dabei geht es nicht allein um den Preis, sondern um den Ausbau des Bahnnetzes und die Abschaffung der blöden Verkehrsverbünde, in denen überall andere Preise und Regeln gelten," argumentiert Mendel. Im Juli seien Gespräche mit der Landesregierung zu einem länderübergreifenden Nahverkehrsticket geplant. Pro Bahn wünscht sich ein "Flatrate-Ticket", das über Verkehrsverbünde und Ländergrenzen hinweg gilt, damit Bahnfahren unkomplizierter wird und Spaß macht.

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