Wenn es in dieser Schlagzahl weitergeht, werden Kriminelle bis zum Jahresende so viele Geldautomaten in Rheinland-Pfalz gesprengt haben wie noch nie in einem Jahr. Bisher zählte das Landeskriminalamt (LKA) 27 Fälle, der jüngste ereignete sich Anfang August in Kaisersesch im Kreis Cochem-Zell. Das sind etwa doppelt so viele Sprengangriffe auf Geldautomaten wie zum selben Zeitpunkt im Vorjahr. Der insgesamt entstandene Sachschaden beträgt aktuell mehr als dreieinhalb Millionen Euro für 2022, so das LKA.
Mit 35 versuchten und erfolgreichen Automatensprengungen war 2020 das bisherige Rekordjahr in der Statistik des Landeskriminalamtes. Das rheinland-pfälzische Innenministerium teilte auf SWR-Anfrage mit: "Bei der Sprengung von Geldausgabeautomaten handelt es nicht nur um ein rheinland-pfälzisches, sondern um ein deutschlandweites und internationales Kriminalitätsphänomen."
Kruft/Ulmen/Kirn Drei Geldautomatensprengungen - Verdächtige festgenommen
Unbekannte haben in der Nacht zum Sonntag drei Geldautomaten in Rheinland-Pfalz gesprengt. Jetzt hat die Polizei Verdächtige festgenommen.
Innenministerium: Viele Täter kommen aus den Niederlanden nach RLP
Warum Rheinland-Pfalz so ein beliebtes Ziel von Geldautomatensprengern ist, liegt offensichtlich an der Nähe zu den Niederlanden. Von dort kommen nach Angaben des Innenministeriums immer mehr professionelle Täter. Hinzu komme die hohe Anzahl von Geldautomaten, die es in Rheinland-Pfalz und ganz Deutschland gebe. Etwa 60.000 seien es derzeit bundesweit. Dies "setzt insbesondere für professionelle niederländische Tätergruppierungen hohe Tatanreize", so das Ministerium.
Fluchtmöglichkeiten spielen eine wichtige Rolle
Ein weiterer Grund, warum es demnach die Geldautomatensprenger nach Rheinland-Pfalz zieht: Die gut ausgebauten Verkehrswege, die den Tätern die Flucht erleichtern. Die Autobahn 61 als direkte Verbindung zu den Niederlanden spielt hier offenbar eine wichtige Rolle. Als die Autobahn nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 monatelang gesperrt war, wirkte sich das nach Einschätzung des LKA vermutlich auf die Zahl der Sprengangriffe im Land aus. Diese fiel deutlich niedriger aus als im Jahr zuvor. Nordrhein-Westfalen - das direkt an die Niederlande grenzt - verzeichnet bei Geldautomatensprengungen noch drastischer steigende Zahlen als Rheinland-Pfalz.
LKA rät Banken und Sparkassen zu neuen Geldautomaten
Das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz rät den Betreibern, neue Geldautomaten mit verbesserter technischer Ausstattung einzusetzen. Wie das Innenministerium mitteilte, steht das LKA in einem engen Dialog mit Banken und Sparkassen, um diese sicherungstechnisch zu beraten. Ziel sei es, "durch bauliche und technische Maßnahmen die Vollendung von Geldautomatensprengungen zu verhindern und den Anreiz für die Begehung solcher Taten deutlich zu reduzieren."
Sparkassenverband: Sicherheitsmaßnahmen werden regelmäßig angepasst
Der Sparkassenverband Rheinland-Pfalz teilte auf SWR-Anfrage mit: "Die Sparkassen überprüfen regelmäßig die jeweiligen Bedrohungsszenarien und passen ihre Präventionsmaßnahmen entsprechend an." Dabei setzten die Sparkassen eine Vielzahl von Präventiv- und Sicherheitsmaßnahmen gegen Sprengungen von Geldautomaten ein.
Hoher Schaden in Bad Neuenahr-Ahrweiler Haftstrafen für drei Geldautomaten-Knacker
Das Landgericht Koblenz hat drei Geldautomaten-Sprenger zu mehrjähriger Haft verurteilt. Der Schaden in der Bankfiliale in Bad Neuenahr-Ahrweiler war fast so hoch wie der Wert der Beute.
"Das geht von verstärkten Tresoren, über Geldeinfärbesysteme und Raumvernebelungssysteme bis hin zu gasgeschützten Geldautomaten." In Geschäftsräumen gebe es zudem beispielsweise Videosysteme und Einbruchmeldeanlagen, so der Sparkassenverband.
Täter lassen sich kaum abschrecken
Die bisherigen Schutzvorkehrungen halten Täter aber offenbar nur bedingt ab. Das gilt nach Erfahrungen des LKA Rheinland-Pfalz auch für die diversen Festnahmen von Geldautomatensprengern in der Vergangenheit. Dem Landeskriminalamt lägen keine Hinweise dafür vor, dass solche Festnahmen "eine abschreckende Wirkung" hätten. Es rückten vor allem aus den Niederlanden weitere Tätergruppen nach.