Bedeuten die 4.489 offenen Haftbefehle in Rheinland-Pfalz, die zum Stichtag 4. September gezählt wurden, dass im Land ebenso viele gefährliche Straftäterinnen und Straftäter herumlaufen? Nein, heißt es aus dem Landesinnenministerium. Nach Angaben eines Sprechers gibt es 107 offene Haftbefehle wegen Sexualdelikten, 51 wegen Totschlags und 41 weitere wegen Mordes.
Abgeschobene Straftäter werden in RLP pro forma als offener Haftbefehl geführt
Dass die Gesamtzahl aber so viel höher liegt und tausende Haftbefehle nicht vollstreckt werden, beziehungsweise als "nicht vollstreckt" in die Statistik einfließen, hat laut Ministerium unterschiedliche Gründe.
"Bei der Betrachtung der bloßen Anzahl offener Haftbefehle muss insbesondere die große Zahl jener Verurteilter berücksichtigt werden, die nach Teilverbüßung ihrer Freiheitsstrafe in ihr Heimatland abgeschoben wurden", heißt es aus dem Ministerium. Diese Fälle werden als offene Haftbefehle, sogenannte Fahndungsnotizen, geführt. Der Grund: Versuchen die Personen illegal nach Deutschland einzureisen, können sie sofort wieder festgenommen werden, da sie im System hinterlegt sind. Diese Menschen seien jedoch weder flüchtig, noch werde nach ihnen gefahndet, so das Innenministerium.
Ein weiterer Grund, dass die Zahl der offenen Haftbefehle höher liege als die der tatsächlich gesuchten Straftäterinnen und Straftäter sei, dass gegen manche Personen auch mehrere Haftbefehle vorliegen könnten.
Für effizientere Ermittlungen Innenminister Ebling befürwortet Gesichtserkennungssoftware in der Strafverfolgung
Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) ist dafür bei Ermittlungen Software zur Gesichtserkennung einzusetzen. Das sagte er dem SWR.
Vollstreckungshaftbefehle: Wenn das Bußgeld nicht bezahlt wurde
In den Zahlen sind auch zahlreiche sogenannte Vollstreckungshaftbefehle wegen nicht bezahlter Geldstrafen oder Bußgelder enthalten. Die Betroffenen können ihre Verhaftung noch abwenden, wenn sie die fälligen Beträge sofort bezahlen. Wie viele Haftbefehle auf nicht bezahlte Geldstrafen zurückzuführen sind, wird von den Behörden allerdings nicht festgehalten.
Nicht vollstreckte Haftbefehle in RLP wieder auf Vor-Corona-Niveau
So wie die Kriminalität sich im Allgemeinen wieder dem Vor-Corona-Niveau anpasst, haben auch die nicht vollstreckten Haftbefehle im vergangenen Jahr wieder annähernd ihr Vor-Corona-Niveau erreicht: 2019 waren 5.093 Haftbefehle zum Stichtag 4.10. in Rheinland-Pfalz nicht vollstreckt.