Eine SWR-Recherche hat ergeben, dass wohl die meisten Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz im kommenden Jahr die Grundsteuer erhöhen werden. Für Besitzer von Einfamilienhäusern zum Beispiel ergeben sich daraus Mehrkosten von etwa 50 Euro pro Jahr. Und das zusätzlich zu oft hunderten Euro Mehrkosten für Tanken, Heizen, Strom oder Lebensmittel.
Reform der Kommunalfinanzen lässt Grundsteuer steigen
Ursache für die höhere Grundsteuer ist die Reform der Kommunalfinanzen. Im Zuge der Reform zwingt das Land Städte und Gemeinden erstmals dazu, von Mietern und Hausbesitzern einen ganz bestimmten Prozentsatz an Grundsteuern zu verlangen. Kommunen, die das nicht tun, haben finanzielle Nachteile, die sich die meisten nicht leisten könnten, so der Gemeinde- und Städtebund. Die Nachteile können so weit gehen, dass Kommunen ihren Haushalt nicht genehmigt bekommen, wie das Innenministerium mitteilte.
Nach dem Gesetzentwurf muss der Hebesatz der Kommunen für die Grundsteuer bei mindestens 465 Prozent liegen. Wie das Statistische Landesamt dem SWR mitgeteilt hat, liegen rund 92 Prozent aller Städte und Gemeinden im Land unter diesem Wert. Das heißt im Klartext: Die meisten Kommunen werden im kommenden Jahr voraussichtlich die Grundsteuern für Mieter und Hausbesitzer erhöhen.
Mehr als 2.100 Städte und Gemeinde liegen unter Grenzwert
Nach Angaben des Statistischem Landesamtes geht es insgesamt um mehr als 2.100 Städte und Gemeinden, die unterhalb der 465 Prozent liegen. Etwa die Hälfte dieser Kommunen liegt deutlich darunter. Und zwar bei einem Hebesatz von 365 Prozent. Dazu gehören beispielsweise die Städte Bad Dürkheim und Remagen oder Gemeinden wie Budenheim, Haßloch oder Limburgerhof, außerdem unzählige Dörfer.
Wenn diese Kommunen den Grundsteuerhebesatz um 100 Prozentpunkte erhöhen, kommen auf die Besitzer eines Einfamilienhauses Mehrausgaben von rund 50 Euro pro Jahr dazu, hat der Gemeinde- und Städtebund Rheinland Pfalz (GstB) ausgerechnet. Der Verband kritisiert, dass diese Mehrkosten zusammenfallen mit den derzeit explodierenden Mehrkosten für Strom, Gas und Lebensmittel. Vom GstB heißt es, die Bundesregierung versuche deshalb gerade, die Bürger zu entlasten. Die Landesregierung dagegen trage mit der Reform der Kommunalfinanzen dazu bei, die Bürger finanziell zu belasten.
Grundsteuer könnte noch weiter steigen
Der Entwurf zur Reform der Kommunalfinanzen in Rheinland-Pfalz hat noch nichts mit der derzeit laufenden bundesweiten Grundsteuerreform zu tun. Der Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz befürchtet, dass durch die bundesweite Reform der Grundsteuern die Hebesätze noch weiter steigen werden.
Die Landesregierung verteidigt das Vorhaben dennoch und verweist auf ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Die höchsten Richter hatten das Land Ende 2020 dazu verpflichtet, die Finanzierung der Kommunen auf neue Beine zu stellen. Im Urteil hätten die Richter verlangt, dass auch die Kommunen sich größtmöglich anstrengen sollen, um ihre finanzielle Lage zu verbessern, heißt es aus dem Innenministerium. Übersetzt heißt dass, dass die Kommunen ihre Steuern erhöhen sollen.
Landesrechnungshof verteidigt steigende Grundsteuerhebesätze
Der Landesrechnungshof verteidigt die steigenden Grundsteuerhebesätze ebenfalls. Von der Behörde heißt es, dass andere Länder wie Hessen schon seit Jahren die Grundsteuer immer wieder erhöht haben. In Rheinland-Pfalz hätten die Kommunen aber nur schleppend, nur auf Druck und in zu kleinem Umfang die Grundsteuern erhöht. Das führe dazu, dass viele Städte und Gemeinden ihre Grundsteuern jetzt so deutlich anheben müssten, so der Landesrechnungshof.
Kritik der CDU
Die CDU-Opposition wirft der Landesregierung dagegen vor, die höheren Grundsteuern für Mieter und Hausbesitzer führten zu existenzbedrohenden Belastungen für die Bürger. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gordon Schnieder sagte, angesichts der Preissteigerungen für Lebensmittel und Energie sei es ein falsches Zeichen, die Kommunen zu zwingen, höhere Grundsteuern zu verlangen. Während der Bund versuche, die Bürger zu entlasten, würde die Landesregierung die Bürger belasten.
Innenminister Roger Lewentz (SPD) widersprach dem Vorwurf, dass die Reform die Bürger außergewöhnlich belaste. Er gehe davon aus, dass die Mehrbelastung eines Privathaushalts im Land im Durchschnitt bei sieben Euro im Monat liege.