Kaffeebecher, Pizzakartons, Plastikbesteck: Wer in Tübingen Speisen und Getränke in Einwegverpackungen kauft, zahlt drauf: 50 Cent für eine Kaffeebecher und die Einweg-Plastikschale für den Salat, 20 Cent für Einwegbesteck und Trinkhalme. Außerhalb von Rheinland-Pfalz ziehen andere Städte bereits mit: Konstanz besteuert seit Anfang dieses Jahres Einwegverpackungen, Freiburg will ab dem Sommer eine ähnliche Steuer einführen.
Und es könnten bald mehr Städte und Kommunen werden: Denn den Weg für die Verpackungssteuer endgültig freigemacht hat nun auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Damit gibt es jetzt Rechtssicherheit - für andere Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz, die dem Beispiel von Tübingen folgen wollen. Könnte also der To-Go-Kaffebecher demnächst auch hier mehr kosten?
Was plant die Landeshauptstadt in Sachen Verpackungssteuer?
Die Stadt Mainz hat offenbar noch keine konkreten Pläne, die Verpackungssteuer direkt umzusetzen. In Zeiten von allgemein klammen Haushaltskassen kämen zusätzliche Einnahmen allerdings auch der Landeshauptstadt nicht ungelegen. Die Pressesprecherin der Stadt teilte auf SWR-Anfrage mit: "Wir werden uns jetzt intensiv damit beschäftigen, den Verwaltungsaufwand prüfen, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass grundsätzlich alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen sind."
Wie ist der Stand der Dinge in Rheinland-Pfalz?
Einige Städte in Rheinland-Pfalz hatten das Urteil in Karlsruhe extra abgewartet und angekündigt, nun die Einführung der Verpackungssteuer zu prüfen. Kaiserslautern zum Beispiel, Speyer und Landau, so die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Auch Worms und Frankenthal hätten zumindest Interesse signalisiert.
Die Stadt Speyer teilte dem SWR mit, man sei noch in der Prüfphase. Dafür müsse zunächst herausgefunden werden, wie hoch die voraussichtlichen Einnahmen aus der Verpackungssteuer für Speyer wären. Auch lägen der Stadt derzeit noch keine Angaben vor, wie hoch die Kosten für die Müllentsorgung für Einwegverpackungen eigentlich sind.
Die Stadt Montabaur räumte ein, sich bislang noch nicht mit dem Thema Verpackungssteuer befasst zu haben. Man wolle aber den "Impuls aus Tübingen und Karlsruhe" aufnehmen, um das Thema zu prüfen.
Nach Tübinger Vorbild Bald auch Steuer für To-Go-Verpackungen in Ludwigshafen, Speyer und Neustadt?
Mehrere Städte in der Vorderpfalz prüfen derzeit, ob sie eine Steuer auf Einweg-Verpackungen einführen. Die Stadt Tübingen macht das vor - nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Stadt Trier bestätigte auf SWR-Anfrage, dass die Stadt die Pläne für die Einführung einer Verpackungssteuer nun vorantreiben wolle. Der Trierer Stadtrat hatte bereits 2019 mehrheitlich für eine Einführung gestimmt. Damals hieß es aber, man wolle zunächst die Erfahrungen aus Tübingen abwarten.
Andere Städte wie etwa Worms hatten das Thema eigenen Angaben zufolge zuletzt nicht mehr weiterverfolgt. Oder warten erst mal ab - wie eine Sprecherin für Bendorf mitteilte - bis es einen "politischen oder gesetzlichen Auftrag gibt".
Auch für die Stadt Neuwied ist das Urteil aus Karlsruhe "nicht der Startschuss, auf den wir gewartet haben, um ein fertiges Papier aus der Schublade zu ziehen", sagte ein Sprecher der Stadt. "Perspektivisch" wolle man aber auch in Sachen Verpackungssteuer nichts ausschließen.
Stadt Pirmasens sagt Nein zur Verpackungssteuer
Die Stadt Pirmasens hat sich bereits gründlich mit dem Thema befasst - und will keine Verpackungssteuer einführen. Eine Analyse habe ergeben, dass Aufwand und Nutzen in Pirmasens ein "Nullsummenspiel" wären, teilte Pressesprecher Max Mahr dem SWR mit. Geschätzt würden mit einer Verpackungssteuer rund 150.000 Euro an Einnahmen generiert werden. Demgegenüber stünde jedoch ein Personalkostenaufwand in etwa gleicher Höhe.
Nach Urteil über Verpackungssteuer: Kommt die Steuer auf To-Go-Verpackungen in Kaiserslautern?
Weniger Müll und mehr Einnahmen erhoffen sich deutsche Städte von der Verpackungssteuer - auch Kaiserslautern und Zweibrücken. Werden die Städte die Steuer umsetzen?
Außerdem würde die Steuer zu höheren Preisen führen, die an die Kunden weitergegeben würden. "Die Belastung würde daher wiederum direkt die Bürgerinnen und Bürger treffen und nicht die Betriebe als Müllverursacher", so Mahr. Die Betriebe - also die Cafes oder To-Go-Restaurants - hätten aber mehr Aufwand und mehr Kosten - ohne dass ein zusätzlicher Gewinn rein käme. Die Umsatzminderung würde sich mittelfristig negativ auf die Gewerbesteuerentwicklung und damit auf den Haushalt auswirken, sagt Mahr.
Die Belastung würde direkt die Bürgerinnen und Bürger treffen und nicht die Betriebe als Müllverursacher.
In Koblenz hatte sich der Stadtrat zuletzt im Jahr 2023 mit dem Thema beschäftigt. Ein Antrag zur Einführung einer Verpackungssteuer wurde damals mehrheitlich vom Rat abgelehnt - die gesetzliche Grundlage fehlte. Jetzt, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, will die Stadt die Verpackungssteuer erneut prüfen - "gemeinsam mit dem rheinland-pfälzischen Städtetag und anderen Kommunen".
Forderung nach einer bundesweiten Lösung
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte nach dem Urteil in Karlsruhe dazu aufgefordert, dem Tübinger Modell zu folgen. Jede weitere kommunale Verpackungssteuer erhöhe den Druck auf die künftige Bundesregierung, eine bundesweite Einwegabgabe auf "To-Go"-Verpackungen einzuführen, sagte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.
Auch der rheinland-pfälzische Städtetag hält eine bundesweite Regelung für sinnvoll. Damit könnten einheitliche Bedingungen und eine stärkere Wirkung erzielt werden, teilte Lisa Diener, geschäftsführende Direktorin des Städtetags, dem SWR mit. Jetzt sei es an den Städten, zu entscheiden, "ob und wie sie eine Verpackungssteuer einführen - unter Abwägung von Umweltaspekten, administrativem Aufwand und der Kommunalfinanzen."
Der Handelsverband Südwest, der für Rheinland-Pfalz und das Saarland zuständig ist, spricht sich ebenfalls für eine einheitliche Regelung der Verpackungssteuer für ganz Deutschland aus. Zumindest sollte in einem Bundesland die gleiche Regelung gelten, sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Scherer dem SWR.
Dass die Verpackungssteuer viel zur Müllvermeidung beitragen werde, sieht er nicht. Die Steuer sei lediglich "eine weitere Einnahmequelle für die Kommunen", sagt Scherer. Für ihn wäre es daher sinnvoll, die Verpackungssteuer zweckgebunden einzuführen - für Reinigung und Müllentsorgung.