Das Münchener Missbrauchsgutachten führt offenbar auch in Rheinland-Pfalz dazu, dass mehr Menschen aus der Kirche austreten. Das ergab eine SWR-Umfrage bei Standesämtern im Land. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Reaktionen auf das Münchener Missbrauchsgutachten

Zahl der Kirchenaustritte in Rheinland-Pfalz steigt

Stand

Das Münchener Missbrauchsgutachten führt offenbar auch in Rheinland-Pfalz dazu, dass mehr Menschen aus der Kirche austreten. Das ergab eine SWR-Umfrage bei Standesämtern im Land.

Viele Gläubige in Rheinland-Pfalz ziehen demnach Konsequenzen aus dem Gutachten zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum München und Freising. Sie entscheiden sich dafür, aus der Kirche auszutreten - vor allem aus der katholischen. In der Region Trier etwa steigt die Zahl der Kirchenaustritte rapide. 21 vom SWR befragte Standesämter registrierten dort bis Mittwoch (26.01.2022) insgesamt schon mehr als 500 Kirchenaustritte. 

Zahl der Kirchenaustritte in Trier fast verdoppelt

Allein das Standesamt Trier erfasste im Januar bisher fast 100 Austritte. Im vergangenen Jahr seien es im gleichen Zeitraum 53 gewesen. Auch in anderen Standesämtern stieg die Zahl der Kirchenaustritte deutlich an: So verzeichnet die Stadt Bitburg nach eigenen Angaben bisher 19 Austritte. Im Januar 2021 seien es lediglich zwei gewesen. Eine Standesbeamtin sagte dem SWR, eine "Austrittswelle in dieser Form" habe sie bisher noch nicht erlebt. Ein Großteil der befragten Standesämter führt die Austritte auf den jüngsten Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche zurück.

Vor dem Hintergrund des Münchener Gutachtens hatte sich am Donnerstag der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, für das "Desaster" der katholischen Kirche entschuldigt. Personelle Konsequenzen zog Marx jedoch zunächst nicht. Jeder Verantwortliche solle selbst prüfen, wo er sich schuldig gemacht und welche Folgen er daraus zu ziehen habe, sagte der frühere Bischof von Trier.

Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz kritisiert Benedikt XVI.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, würdigte die Erklärung von Kardinal Marx zum Missbrauchsgutachten. Das Gutachten zeige, dass es systemische Ursachen für den Missbrauch gebe. Bätzing kritisierte zugleich den emeritierten Papst Benedikt XVI. und forderte ihn auf, sich erneut zu äußern, um für Klarheit zu sorgen.

Bischof Ackermann aus Trier unterstützt Kardinal Marx

Auch der Trierer Bischof Stephan Ackermann begrüßte die Reaktion von Kardindal Marx auf das Gutachten zur Rolle der Amtsträger im Umgang mit Missbrauchsfällen. Es sei der richtige Weg, dass Marx nicht an seinem Stuhl klebe und einen eventuellen Rücktritt erst mit den Gremien bespreche, so Ackermann im SWR-Interview. Zugleich appellierte Ackermann wie zuvor Bätzing an den in dem Gutachten belasteten emeritierten Papst Benedikt, noch einmal klar Stellung zu beziehen.

Viele Ältere in RLP kehren Kirche den Rücken zu

Auch die Standesämter in Mainz, Worms und Bad Kreuznach verzeichnen im Januar 2022 zunehmend Kirchenaustritte. Mehr als 200 Mainzerinnen und Mainzer seien schon aus der Kirche ausgetreten, teilte die Stadt Mainz mit. Im Vergleich zum gesamten Januar 2021 seien das schon 56 Prozent mehr. Auffallend ist nach Angaben der Stadt, dass sich viele Ältere derzeit zum Austritt entscheiden. Auch das Standesamt in Worms stellt mehr Austritte fest und teilt mit: Die Berichte um das Münchener Missbrauchsgutachten seien oft explizit als Grund angegeben worden.

Kirchenaustritt: Große Nachfrage nach Terminen im Norden von RLP

In Koblenz etwa heißt es: Die Nachfrage nach Terminen für einen Kirchenaustritt seien in den vergangenen Tagen schon deutlich angestiegen. Für Vergleiche mit dem Vorjahr sei es aber noch zu früh. Auch Anfang vergangenen Jahres habe es in Koblenz hohe Austrittszahlen gegeben, als bekannt geworden sei, dass der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ein Missbrauchsgutachten zurückgehalten hatte. 2021 habe die Stadt mit 1.248 Kirchenaustritten die höchste Zahl der vergangenen Jahre verzeichnet.

Eine wachsende Nachfrage nach Austrittsterminen bestätigten dem SWR unter anderem auch die Städte Lahnstein und Neuwied sowie die Verbandsgemeinden Wirges und Höhr-Grenzhausen.

Viele Anfragen wegen Missbrauchskandals auch in der Pfalz

In vielen Standesämtern in der Pfalz häufen sich ebenfalls die Terminanfragen. Die Anträge für einen Austritt aus der katholischen Kirche seien in den vergangenen Wochen stark angestiegen, berichtet eine Sprecherin des Standesamtes in Rockenhausen. Doch nicht nur zahlreiche Katholiken spielten mit dem Gedanken, aus der Kirche auszutreten. Auch immer mehr Protestanten wollten aus der evangelischen Kirche austreten.

Andere Gemeinden bestätigen den Trend. In Ramstein wurden bereits im Januar zwei Drittel mehr Kirchenaustritte beurkundet als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Ähnliche Zahlen verzeichnen die Standesämter in Pirmasens und Kaiserslautern. Auch in Ludwigshafen und Neustadt an der Weinstraße ist die Nachfrage nach Terminen für Kirchenaustritte laut Angaben der Stadtverwaltungen weiterhin hoch. 

Kaiserslautern

Mehrere Monate Wartezeit auf Termin Kirchenaustritt in der Pfalz: Viele Anfragen nach Missbrauchsskandal

Das Missbrauchsgutachten der katholischen Kirche in München sorgt wohl auch in der Pfalz für zahlreiche Kirchenaustritte. Wer einen Termin beim Standesamt will, braucht Geduld.

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Trier

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Nach dem Limburger Bischof Bätzing kritisieren weitere Bischöfe Benedikt XVI. und seine Rolle im Missbrauchsskandal. Der frühere Papst hat inzwischen eine Falschaussage eingeräumt.

Aktuell um 12 SWR1 Rheinland-Pfalz

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