Liliya Rissling hat für ihre Schüler die ukrainischen Wörter "Laskavo prosimo" auf die Tafel geschrieben. "Das heißt "Herzlich willkommen" oder "Zärtlich bitten wir", wenn man es wörtlich übersetzt", sagt die Dozentin. Es ist ihre erste Stunde eines Anfängerkurses für Ukrainisch an der Volkshochschule (VHS) Trier, der sich vor allem an Menschen richtet, die geflüchteten Ukrainern helfen wollen. Der Kurs ist landesweit der erste im Verband der insgesamt 63 Volkshochschulen Rheinland-Pfalz.
Verstehen, sprechen - und kyrillisch schreiben können
"Ich will Kultur und Sprache vermitteln", sagt Rissling (38). Normalerweise unterrichtet die Ukrainerin Englisch und Deutsch als Fremdsprache - doch als jemand für Ukrainisch gesucht wurde, hat sie gleich ja gesagt. "Wenn man den Menschen zeigt, dass man Interesse für ihre Kultur und Sprache hat, und das muss nicht viel sein, dann öffnen sich die Menschen", sagt sie. Nach dem Kurs sollten ihre Schüler das Wichtigste sagen und verstehen können - und auch die kyrillischen Buchstaben gelernt haben.
Margret (61) aus Trier ist zum Kurs gekommen, weil sie in der Ukraine-Hilfe aktiv werden möchte. "Wo ich gebraucht werde", sagt sie im Klassenraum. In dem Kurs wolle sie sich sprachliche Grundlagen aneignen und dann bei der Stadt fragen, wo sie sich einbringen könnte. Hiltrud Helten (62) meint, das "Zusammenspiel" sei ein ganz anderes, wenn man ein bisschen die Sprache des Gegenübers spreche. "Ich könnte mir vorstellen, dass die Menschen einen ganz anderen Eindruck haben, wenn man sie nur mal begrüßt in ihrer Sprache."
"Pilotprojekt in Trier wird landesweit Schule machen"
Das Pilotprojekt an der VHS Trier werde landesweit Schule machen, ist sich die Direktorin des Landesverbandes der Volkshochschulen in Rheinland-Pfalz, Ute Friedrich, sicher. "Wir werden im zweiten Halbjahr da definitiv mehr Kurse haben", sagt sie in Mainz. Die Volkshochschulen hätten den Bedarf erkannt, Trier sei besonders schnell gewesen. Andernorts müsse man teils noch versierte Kursleiter finden. "Das wird aber kommen. Die Volkshochschulen sind auch hungrig, etwas zu machen", sagt Friedrich.
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Bundesweit gebe es auch schon Ukrainisch-Sprachkurse, unter anderem an der VHS Dortmund, der VHS Erfurt, der VHS Mannheim oder der VHS Region Lüneburg. Auch Angebote der politischen und gesellschaftlichen Bildung zum russischen Krieg gegen die Ukraine sind entstanden.
Viele Ukrainer wollen Deutsch lernen
Und was ist mit Deutschkursen für Ukrainer? Da sei die Nachfrage derzeit "riesig", sagt die Referentin für Sprachen und Integration im Landesverband, Sina Djemai. Es gebe Flüchtlinge, die bereits zwei, drei Tage nach ihrer Ankunft Deutsch lernen wollten. Kurse mit kommunalen Geldern seien "schon längst" gestartet, die Integrationskurse als Angebot des Bundes folgten zeitnah. "Dann können sehr viele versorgt werden. Wir stehen in den Startlöchern."
In Bingen beispielsweise lägen bereits um die 60 Anträge für den Besuch solcher Kurse vor, in Kusel seien es ähnlich viele, sagte Djemai. "Wenn alles bewilligt ist, kann es sofort losgehen." Es habe bereits erste Zulassungen gegeben, sagt Friedrich. Der rechtliche Hintergrund sei klar: Ukrainer seien berechtigt, Integrationskurse zu besuchen. Diese Kurse seien auch wichtig, damit sich Gleichgesinnte treffen und gegenseitig helfen könnten.
Volkshochschulen sprechen von "positiver Herausforderung"
Der große Andrang von Ukrainern, die Deutsch lernen wollten, sei "eine positive Herausforderung" für die Volkshochschulen, sagt Friedrich in Mainz. "Dass da Menschen da sind, die lernen wollen, ist eine gute Situation." Und: "Die Volkshochschulen möchten diesen Menschen eine Heimat geben und es gut machen."
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Auch an der VHS Trier berichtet Manuela Zeilinger-Trier, Fachbereiche Integration, Kultur, Grundbildung, von einer großen Nachfrage von Ukrainern. Die ersten Anträge für Integrationskurse seien bereits gestellt, sagt sie. Dutzende hätten Interesse bekundet. Platzprobleme gebe es keine. "Wir kriegen sie alle unter." Wegen des Wegfalls von Corona-Schutzmaßnahmen gebe es nun wieder mehr Platz in den Räumen.
Anregung für Ukrainisch-Kurs kam aus Stadtverwaltung
Der Ansturm auf den Ukrainisch-Kurs in Trier sei derzeit noch nicht so groß, sagt Zeilinger-Trier. Es könnte sein, dass das Angebot noch nicht so bekannt sei. Anlass sei gewesen, dass in der Stadtverwaltung Stimmen laut wurden, man sollte so einen Sprachkurs anbieten. Generell gelte: "Der Kontakt geht schneller, die Menschen fühlen sich stärker willkommen, wenn sie in ihrer Sprache angesprochen werden."
Der Speditionskaufmann Stefan Schneider (59) besucht den Ukrainisch-Kurs, weil er die Sprache später beruflich nutzen will. Er war schon öfter in der Ukraine, auch auf Messen. "Ich könnte mir vorstellen, wieder dorthin zu gehen. Es könnte wieder kommen." Kursbesucherin Helten hat familiäre Verbindungen zur Ukraine: Ihre Schwiegertochter stammt aus dem Land, lebt aber schon viele Jahre in Trier. Nun sei deren Schwester aus Kiew gekommen.
Anlass für Kurse stimmt Dozentin traurig
Dozentin Rissling, die aus der ukrainischen Stadt Winnyzja stammt und seit 2006 in Deutschland lebt, vermittelt gerne die Sprache und Kultur der Ukraine. Aber die jetzige Situation sei eine, "die ich mir nicht wünschen würde". Sie würde sich eigentlich wünschen, dass es gar keinen Bedarf aus diesem Anlass gebe, sagt sie angesichts des Krieges mit Tränen in den Augen.