Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wird vorerst nicht erneut als Zeugin in den U-Ausschuss zur Flutkatastrophe geladen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Zeugenbefragung im Untersuchungsausschuss

Ahr-Flut: Dreyer muss vorerst nicht erneut vor U-Ausschuss aussagen

Stand
AUTOR/IN
Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch  (Foto: ARD-Hauptstadtstudio/Jens Müller )

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer muss vorerst nicht erneut vor dem Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe aussagen. Das gab der Ausschuss-Vorsitzende, Martin Haller (beide SPD), zu Beginn der Sitzung am Freitag bekannt.

Laut Haller will der U-Ausschuss zunächst die Arbeit des internen Prüfers abwarten, den der neue Innenminister Michael Ebling (SPD) eingesetzt hat. Es gehe darum, die vollständigen Akten aus dem rheinland-pfälzischen Innenministerium vorliegen zu haben. Dies sei für den Ausschuss ganz maßgeblich, so Haller.

Das Innenministerium hatte vorletzte Woche mitgeteilt, dass der frühere saarländische Innenstaatssekretär Christian Seel (CDU) die Widersprüche bei der Zulieferung von Akten an den Untersuchungsausschuss aufklären soll.

AfD: Landesregierung lieferte Akten in letzter Minute

Die AfD hatte ursprünglich beantragt, Dreyer zum zweiten Mal vor den Ausschuss zu laden. Der Fraktionsvorsitzende Michael Frisch beklagte, dass die Landesregierung den Ausschuss-Mitgliedern erst am Donnerstagnachmittag eine große Menge an Akten - Texte, Bilder und Videos - zugestellt habe. Es sei unmöglich gewesen, diese vor der Sitzung noch durchzuarbeiten. Deshalb habe die Fraktion ihren Antrag zurückgezogen, die Ministerpräsidentin erneut vorzuladen, so Frisch. Grundsätzlich halte seine Fraktion an einer weiteren Vernehmung fest.

Auch die CDU will Dreyer erneut befragen. CDU und AfD werfen der Ministerpräsidentin vor, beim Krisenmanagement in der Katastrophe versagt zu haben. Bei ihrer ersten Aussage im U-Ausschuss im April hatte Dreyer erklärt, ihr hätten am Tag der Flut keine Hinweise vorgelegen, dass es im Ahrtal zu einer solchen Katastrophe kommen könnte.

Auch Vernehmung von Mitarbeitern des Lagezentrums wird zurückgestellt

Verschoben hat der Untersuchungsausschuss auch die für heute angesetzte Zeugenvernehmung von Mitarbeitern des polizeilichen Lagezentrums im Innenministerium. Auch die Befragung von Mitarbeitern der Polizei Koblenz und der Hubschrauberstaffel soll zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.

Der Untersuchungsausschuss wollte heute ursprünglich erfahren, wie das Lagezentrum mit dem Einsatzbericht der Hubschrauberbesatzung umgegangen ist. Ein Polizeihubschrauber war am Flutabend über das Ahrtal geflogen, um die Lage zu erkunden und hatte dabei Videos von den dramatischen Überschwemmungen gemacht. Sowohl die Videos als auch der Einsatzbericht der Besatzung wurden dem Untersuchungsausschuss mit großer Verzögerung zur Verfügung gestellt. Dies führte später zum Rücktritt von Roger Lewentz (SPD) als Innenminister.

Bewältigung der Katastrophe im Mittelpunkt der Sitzung

Durch die Änderung der Tagesordnung ging es in der Ausschusssitzung am Freitag ausschließlich um die Bewältigung der Flutkatastrophe - also die Tage und Wochen danach. Bürgermeister von zwei Gemeinden im Kreis Ahrweiler haben beschrieben, wie sie nach der Katastrophe Hilfe für die Bevölkerung zunächst weitgehend selbst organisiert haben. "Mit der Kreisverwaltung habe ich überhaupt keinen direkten Kontakt gehabt", sagte der Bürgermeister von Kirchsahr, Stefan Zavelberg.

"Katastropheneinsatz wochenlang unstrukturiert"

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenahr, Dominik Gieler (CDU), sagte: "Wir hatten Wochen oder sogar Monate danach durchaus Schwierigkeiten, Ansprechpartner genannt zu bekommen." Auch die Zusammenarbeit mit der Polizei sei schwierig gewesen, da jeden Tag neue Kräfte gekommen seien.

"Diese Chaosphase hat sich über Wochen gezogen, mindestens vier, wenn nicht noch länger", so Gieler. Es habe vielseitige Unterstützung gegeben, die aber hauptsächlich von Ehrenamtlichen und von der Bundeswehr gekommen sei. In den ersten zwei bis drei Wochen habe er bei den Behörden keine Struktur für den Katastropheneinsatz erkennen können.

Bundeswehroberst: "Aus meiner Sicht lief das"

Der Kommandeur der Bundeswehr in Rheinland-Pfalz, Stefan Weber, zog eine ganz andere Bilanz. Der Oberst bezeichnete die Zusammenarbeit mit zivilen Stellen bei der Flutkatastrophe im Ahrtal als insgesamt effizient: "Aus meiner Sicht lief das", sagte er im U-Ausschuss zur Kommunikation mit der zivilen Einsatzleitung. Als Beispiel nannte er den Aufbau von Behelfsbrücken über die Ahr.

Als die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) am 17. Juli die Einsatzleitung von der Kreisverwaltung Ahrweiler übernommen habe, sei auch die "Chaosphase" der ersten Katastrophentage zu Ende gegangen, sagte Weber.

Notärzte enttäuscht von Innenministerium

Der Oberfeldarzt des Bundeswehrzentralkrankenhauses in Koblenz, Dr. Dennis Ritter, lobte ausdrücklich die damalige Zusammenarbeit mit Innenstaatssekretär Randolf Stich (SPD). Er habe sich "von der Politik gut unterstützt gefühlt", sagte Ritter, der im Ahrtal den Einsatz der Notärzte koordiniert hatte. Es sei aber auch einiges schlecht gelaufen. So habe das Mobilfunknetz erst am 16. Tag nach der Katastrophe wieder funktioniert. Hilfs-Einheiten aus anderen Bundesländern hätten ohne Absprache ihren Einsatzort verlassen. Das sei einfach desaströs, so Ritter.

Der Oberfeldarzt zeigte sich auch enttäuscht vom Innenministerium. Im Mai dieses Jahres hätten im Ahrtal eingesetzte Notärzte dem Ministerium ein Positionspapier mit Lehren aus der Katastrophe übermittelt, aber bis heute keine Antwort bekommen.

Eine Einschätzung zur Aufarbeitung Flutvideos und Lewentz-Rücktritt: Die Wirkung des U-Ausschusses

Nach einem Jahr Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Flutkatastrophe steht fest: da ist durchaus Sprengkraft drin. Eine persönliche Einschätzung von unserem landespolitischen Korrespondenten Dirk Rodenkirch.

Der Untersuchungsausschuss des Landtags soll klären, welche Versäumnisse es bei der Flutkatastrophe gab und wer dafür verantwortlich ist. Die Flut hatte in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 für verheerende Zerstörungen gesorgt, 135 Menschen starben alleine in Rheinland-Pfalz.

Ehlingen

Anruf eines Feuerwehrmannes in der Flutnacht Rechtzeitige Warnung vor der Ahrflut rettete Menschen in Ehlingen das Leben

In der Flutnacht vor einem Jahr kamen die Warnungen in den Orten im Ahrtal meist zu spät. In dem kleinen Ort Ehlingen rettete vermutlich ein Anruf die Anwohner.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

Zeugenbefragung im Flut-Untersuchungsausschuss Dreyer vertraute in Flutnacht auf Katastrophenschutz in RLP

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat in der Flutnacht darauf vertraut, dass der Katastrophenschutz vor Ort funktioniert. Das machte sie im Untersuchungsausschuss des Landtags deutlich.

Zeugenaussagen im U-Ausschuss Polizeikräfte kommunizierten schon am Abend katastrophale Lage im Ahrtal klar und deutlich

Am Flutabend hat eine Hubschrauberbesatzung das Lagezentrum des Innenministeriums über die dramatische Situation im Ahrtal informiert. Das berichteten der Pilot und der Flugtechniker im Untersuchungsausschuss des Landtags.

SWR Aktuell Rheinland-Pfalz SWR Fernsehen RP

Stand
AUTOR/IN
Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch  (Foto: ARD-Hauptstadtstudio/Jens Müller )