Eine Mutter mit ihrem Kind in der AfA Trier (Foto: SWR)

Zwischen Dankbarkeit und Heimweh

Wie die ukrainischen Flüchtlinge in der AfA Trier leben

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Maximilian Storr

Über 100 ukrainische Geflüchtete sind in den vergangenen Wochen pro Tag in der AfA Trier angekommen. Für viele ist es nur ein kurzer Besuch. Die Situation ist eine andere als 2015.

Lebhaft und aufgeregt erzählt Valeria, wie sie mit ihrem Ehemann und ihren drei kleinen Kindern in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in Trier untergekommen ist. Der Krieg in der Ukraine hat das Leben ihrer Familie gleich zweimal zerstört.

Bereits vor sieben Jahren seien sie vor den militärischen Konflikten in der Ostukraine geflohen, um sich in der Nähe von Kiew ein neues Leben aufzubauen. Doch von diesem Leben sei seit dem russischen Angriffskrieg nichts mehr übrig geblieben. Alles sei zerstört.

"Wir haben kein Zuhause und kein Geld mehr. Uns ist nichts mehr geblieben."

Viele Frauen und Kinder flüchten aus der Ukraine

Deshalb nimmt die Familie einen Zug aus Kiew in Richtung Lwiw (Lemberg), fährt später über Polen bis nach Rheinland-Pfalz. Valeria teilt ihr Schicksal mit vielen Geflüchteten, die in der Trierer AfA angekommen sind. Aktuell leben hier 422 Geflüchtete. 138 kommen aus der Ukraine. Die meisten sind Frauen und Kinder. Sie sind dankbar für die Unterstützung und die Möglichkeit, den Krieg hinter sich lassen zu können.

Thomas Pütz, Leiter der AfA Trier, spricht von dem logistischen Aufwand, den seine Einrichtung in den letzten Wochen betreiben musste (Foto: SWR)
Thomas Pütz, Leiter der AfA Trier, spricht von dem logistischen Aufwand, den seine Einrichtung in den letzten Wochen betreiben musste. Bild in Detailansicht öffnen
Parkplatz AfA Trier (Foto: SWR)
Derzeit sind 422 Geflüchtete in der AfA in Trier untergebracht. 138 kommen aus der Ukraine. Bild in Detailansicht öffnen
Kinderbetreuung in der AfA (Foto: SWR)
Nicht nur ukrainische Kinder sind in der AfA untergebracht. Auch Menschen aus Afghanistan oder Syrien kommen hier an. Bild in Detailansicht öffnen
Gespielt wird auch in der AfA. Daneben haben Kinder auch die Möglichkeit, eine Schule auf dem Gelände zu besuchen. (Foto: SWR)
Gespielt wird auch in der AfA. Daneben haben Kinder auch die Möglichkeit, eine Schule auf dem Gelände zu besuchen. Bild in Detailansicht öffnen
Dieses ukrainische Kind ist am 6. März mit ihrer Mutter aus dem Kriegsland geflüchtet. (Foto: SWR)
Dieses ukrainische Kind ist am 6. März mit seiner Mutter aus dem Kriegsland geflüchtet. Bild in Detailansicht öffnen
Interview mit einer Geflüchteten in der AfA Trier (Foto: SWR)
Jelena lebte im Osten der Ukraine. Nachdem der Krieg ausbricht, entscheidet sie sich mit ihren Ehemann und ihren Kindern zur Flucht. Bild in Detailansicht öffnen
Kinder rasen mit ihren Bobby-Cars durchs AfA-Gelände oder toben auf dem Spielplatz umher. (Foto: SWR)
Kinder rasen mit ihren Bobby-Cars durchs AfA-Gelände oder toben auf dem Spielplatz umher. Bild in Detailansicht öffnen
Gemeinschaftstolietten und Waschbecken in den neuen Campus-Standorten auf dem AfA-Gelände.  (Foto: SWR)
Gemeinschaftsduschen und Waschbecken in den neuen Campus-Standorten auf dem AfA-Gelände. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Kind hockt auf dem Hof der AfA (Foto: SWR)
Sie konnte dem Krieg den Rücken kehren. Jetzt ist das siebenjährige Mädchen mit seiner Mutter Jelena in Trier angekommen. Bild in Detailansicht öffnen
Container in der AfA  (Foto: SWR, Auch in diesen Gebäuden sind Geflüchtete untergebracht.)
Auch in diesen Gebäuden sind Geflüchtete untergebracht. Bild in Detailansicht öffnen
Eine Mutter mit ihrem Kind in der AfA Trier (Foto: SWR)
Gleich zweimal zerstörte der Krieg das Leben von Valeria und ihren Kindern. Sie ist dankbar, in Trier untergekommen zu sein. Trotzdem plagt sie das Heimweh. Bild in Detailansicht öffnen
ADD-Präsident Thomas Linnertz erklärt die Situation der Geflüchteten in Rheinland-Pfalz. (Foto: SWR)
ADD-Präsident Thomas Linnertz erklärt die Situation der Geflüchteten in Rheinland-Pfalz. Bild in Detailansicht öffnen

Manche bleiben, viele nicht

Thomas Pütz spürt diese Dankbarkeit. Er leitet die AfA in Trier und erzählt, wie hoch der logistische Aufwand gewesen sei. Normalerweise kämen 100 bis 130 Personen pro Woche in seine Einrichtung. Sie fliehen zum Beispiel aus Syrien oder Afghanistan. In den ersten Wochen des Krieges seien 100 bis 130 Menschen am Tag gekommen.

Alle konnten nicht bleiben. Sie seien auf andere Einrichtungen verteilt worden. Zum Beispiel nach Bitburg oder Hermeskeil. Andere wollen nicht bleiben. Sie kämen bei Verwandten oder Freunden unter oder wollen einfach weiterreisen. Da die ukrainischen Geflüchteten keinen Asylantrag stellen müssten, sind sie auch nicht dazu verpflichtet, in der AfA zu bleiben. Manche seien nach zwei Tagen wieder weg.

"Das ist im Gegenzug zur Flüchtlingskrise 2015 eine ganze andere Dynamik. Die Menschen können ihren Weg ganz selbstbestimmt suchen."

AfA-Standorte werden ausgebaut

Obwohl aktuell weniger Menschen ankommen, entstehen in der Trierer AfA gerade neue Zimmer. Mehrere Container werden auf den freien Flächen hochgezogen. Sie sollen die bestehenden Wohneinheiten in den nächsten Wochen ergänzen. So wolle man sich wappnen, Platz für 900 bis 1.000 Geflüchtete schaffen.

Solche Arbeiten laufen nicht nur in Trier. In der AfA Hermeskeil und an anderen Standorten werde ebenfalls Platz geschaffen, sagt ADD-Präsident Thomas Linnertz. 8.600 Plätze sollen so in ganz Rheinland-Pfalz entstehen. Wie viele ukrainische Geflüchtete sich derzeit im Bundesland befinden, weiß Linnertz allerdings nicht. Viele steuern die Kommunen nämlich direkt an und nicht alle würden sich direkt registrieren.

Viele Geflüchtete gehen direkt in die Kommunen

Rund 3.000 Geflüchtete seien seit Beginn des Krieges vor fünf Wochen über die Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende (AfA) des Landes untergebracht gewesen, ergänzte Linnertz. Rund 1.000 seien bereits in die Kommunen verteilt worden, 1.665 Ukrainer seien aktuell in den AfAs in Trier, Speyer, Kusel, Hermeskeil und Bitburg untergebracht. In den vergangenen Tagen habe sich die Situation, was die Erstaufnahme angehe, beruhigt, sagte der ADD-Chef. "Das kann sich auch immer wieder ändern."

Die weitaus meisten Geflüchteten aus der Ukraine steuerten aber direkt die Kommunen an. Dort würden sie sich nach und nach bei den Ausländerbehörden melden. Da sich aber nicht alle registrierten, wisse man nicht, wie viele Menschen aus der Ukraine derzeit in Rheinland-Pfalz sind. Nach Meldungen der Kommunen und Schätzung der ADD könnten sich deren Zahl zwischen 14.000 bis 17.000 bewegen, sagte Linnertz. Die ADD ist landesweit für die Erstaufnahme schutzsuchender Menschen zuständig.

"Wir schätzen, dass sich mittlerweile zwischen 14.000 und 17.000 ukrainische Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz befinden. Genauer können wir das aber nicht sagen."

Für die Kinder besteht Schulpflicht

Für die Geflüchteten aus der Ukraine gelten andere Regeln als für Asylbewerber. Nach ihrer Registrierung bekommen die Menschen aus der Ukraine eine Bescheinigung und dürfen arbeiten. Die Kinder haben ein Recht - und die Pflicht - Schulen zu besuchen. Linnertz sagte, es seien an den Schulen bereits 2.775 Kinder angemeldet, darunter 1.220 an Grundschulen.

"Wir wollen wieder nach Hause"

Und was wollen die Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten? Valeria spricht laut und enthusiastisch, wenn sie die Geschichte ihrer Flucht erzählt. Doch bei der Frage, wie es für sie und ihre Familie weitergeht, weicht ihre Energie. Leise sagt sie: "Wir wollen einfach wieder nach Hause."

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