Eine Ehrenamtliche der Trierer Tafel packt Brot in Kisten. (Foto: SWR, Lara Bousch)

Armut in der Region Trier

Warum die Tafel in Trier mit der Corona-Pandemie kämpft

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Lara Bousch
Lara Bousch ist Reporterin im SWR Studio Trier (Foto: SWR)

Immer mehr Menschen in der Region müssen ihre Lebensmittel bei den Tafeln besorgen. Denn wegen Corona haben sie ihren Job verloren oder verdienen weniger. Das stellt die Tafel in Trier vor Probleme.

Donnerstags früh bei der Tafel Trier. Die letzte Lieferung mit Brot kommt gerade an und die ehrenamtlichen Helfer sortieren alles in Kisten. Sie haben alle Hände voll zu tun, denn in einer Stunde holen viele Menschen ihre Lebensmittel ab. In den zwei Jahren der Pandemie sind es immer mehr geworden. Seither kommen auch Menschen, die davor nicht hier waren.

"Wir haben immer mehr Menschen, die vor der Corona-Pandemie ein geregeltes Einkommen hatten. Zum Beispiel Kellner oder andere Menschen, die in Kurzarbeit geraten sind."

Leiterin des Sozialdienstes katholischer Frauen in Trier, Regina Bergmann (Foto: SWR, Lara Bousch)
Die Leiterin des Sozialdienstes katholischer Frauen Trier, Regina Bergmann, will mit der Politik ins Gespräch kommen, um die wachsende Armut zu bekämpfen. Lara Bousch

Die Tafel kann bis zu 1.000 Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Doch nicht nur die wachsende Zahl der Bedürftigen stellt die Tafel vor Herausforderungen. Das Tafel-Konzept ist eigentlich darauf ausgelegt, dass die Menschen nach kurzer Zeit nicht mehr auf die Tafel angewiesen sind und neue Menschen von der Warteliste aufrücken können.

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Im Moment sei es aber so, dass die Menschen nicht mehr so schnell aus ihrer Not heraus kämen und keine neuen Plätze frei würden.

"Die Menschen haben kaum Möglichkeiten Wege aus der Not zu finden. Da sind Menschen darunter, die in Kurzarbeit sind, deren Einkommen sehr stark eingeschränkt wurde."

Im Lager der Tafel wird das Gemüse frisch gehalten. (Foto: SWR, Lara Bousch)
Gemüse gibt es im Moment noch genug. Doch bei lagerfähigen Nahrungsmitteln fallen die Spenden öfter mal kleiner aus. Lara Bousch

Schwankungen bei den Lebensmittelspenden

Michael Klein fährt seit über zwei Jahren mehrmals die Woche zu Supermärkten und holt Lebensmittel für die Tafel in Trier ab. Seit die Preise für Lebensmittel steigen, planen die Supermärkte anders, sagt er. Bei den Tafeln komme dadurch weniger an.

Es gibt immer weniger Ehrenamtliche

Die meisten der Ehrenamtlichen, die bei der Tafel arbeiten, sind Rentner. Seit der Corona-Pandemie haben aber viele Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken und bleiben zu Hause. Dadurch fehlen Helfer. Michael Klein erzählt, dass auch die Einarbeitung der Ehrenamtlichen durch die Schutzmaßnahmen komplizierter geworden sei. Das würde den Einstieg ins Ehrenamt auch nicht leichter machen.

Die Helferinnen der Trierer Tafel haben das Gemüse schon geputzt und in Kisten verteilt. (Foto: SWR, Lara Bousch)
Die Trierer Tafel hat seit der Corona-Pandemie deutlich weniger Helfer. Vor allem die Rentner bleiben aus Angst vor einer Corona-Infektion zu Hause. Lara Bousch

Keine direkte Lösung in Sicht

Auch wenn die Warteliste der Tafel immer größer werde, könne das Angebot nicht erweitert werden. Das ergebe keinen Sinn, sagt Bergmann, denn dann müsste man mehr Geld ausgeben. Es müssten größere Räume gemietet werden, mehr Lagerfläche geschaffen werden und mehr Autos gekauft werden, um die Lebensmittel abzuholen. Das lohne sich nicht, dann könne man das Geld auch direkt an die Menschen verteilen.

"Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen, die derzeit auf Hilfe angewiesen sind, davon unabhängig werden, weil es ja auch wieder neue Hilfesuchende gibt und die auch Platz brauchen."

Ziel sei es, dass Menschen, egal in welcher Lebenssituation, selbstbewusst ihre Lebensmittel einkaufen könnten. Dass sie Freude daran haben und nicht das Gefühl haben, dass sie immer nur die Reste kriegen, sagt Bergmann.

Es wird immer mehr Arbeit für die Sozialdienste geben

Regina Bergmanns Blick in die Zukunft sieht nicht gerade rosig aus. Sie denkt, dass es mehr Armut geben wird. Neben den steigenden Preisen für Lebensmittel und Energie wird auch Wohnen immer teurer. Dafür bräuchte der Sozialdienst viel mehr Kapazitäten, um all diesen Problemen zu begegnen.

"Ich sehe eine riesengroße Welle an sozialen Problemen auf uns zurollen. Das sind nicht nur materielle Probleme, es sind psychische und seelische Probleme, die wiederum Armut verstärken können oder wodurch Armut entsteht."

Es bräuchte vor allem aber auch politische Lösungen im Wohnungsbau und in der Armutsbekämpfung. Nach zwei Jahren Corona ist die Leiterin der Trierer Tafel, Regina Bergmann, pessimistisch, dass sich hier schnell etwas ändern lässt.

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