In der Region Trier wären rund 100 Unternehmen direkt von einem Importstopp für russisches Gas betroffen. Die Firmen beraten aktuell mit ihrem Gaslieferanten, den Stadtwerken Trier, wie sie auf andere Energien wechseln können. Dennoch wären sie durch einen Dominoeffekt stark von einem Einfuhrverbot von russischem Gas betroffen.
"Ein Embargo würde zu einer hohen Arbeitslosigkeit und vielen Insolvenzen führen."

Trierer Unternehmer hat Angst vor dem Gas-Embargo
Frank Natus ist geschäftsführender Gesellschafter der Firma Natus. Das Unternehmen mit Sitz in Trier-Nord produziert Schaltanlagen und beschäftigt weltweit etwa 800 Mitarbeiter. "Wir wären zunächst nur geringfügig von einem Gas-Embargo betroffen, weil wir nur in einem Teil unserer Produktion Gas nutzen", erklärt Natus.
Die Dächer seiner Produktionshallen seien bereits mit Solarmodulen bedeckt. Für die anderen Bereiche arbeite man aktuell an Lösungen, um unabhängig vom Gas zu werden.
Dennoch hat Natus Angst vor einem Ausfall von russischem Gas. Denn auch wenn sein Unternehmen auf Gas verzichten könnte, kann es nicht auf Teile verzichten, die zum Beispiel aus der Chemie-Industrie kommen. Alle Betriebe in Deutschland seien abhängig von der deutschen Schwerindustrie und die könne eben nicht ohne Gas aus Russland, so Natus.
"Überall ist Chemie drin: In jedem Schlauch, der in der Medizintechnik eingesetzt wird, in jeder einzelnen Zahnbürste, in jedem Schritt für die Automobilindustrie, überall ist auch Chemie drin."
Gravierende Folgen für Industrie
Frank Natus geht davon aus, dass große Teile der deutschen Schwerindustrie ihre Werke schließen müssten, wenn kein Gas aus Russland mehr käme. Das würde wiederum zeitversetzt zur Folge haben, dass sehr viele der dringend benötigten Teile in der Elektrotechnik, in der Automobilbranche, aber auch in der Medizintechnik nicht mehr hergestellt werden könnten. "Dies würde dann möglicherweise zum kompletten Stillstand der deutschen Industrie führen", erläutert Natus.
Die Folge seien Firmeninsolvenzen und hohe Arbeitslosigkeit, so Natus. Für den Trierer Unternehmer ist dieses Szenario keine Schwarzmalerei, sondern ein realistisches Bild.
Drohender Produktionsstopp in Ludwigshafen BASF-Chef warnt: Das bedeutet Gas-Boykott für deutsche Wirtschaft
Weniger Gaslieferungen aus Russland könnten laut BASF zu Prdouktionsstopp in Ludwigshafen führen. Laut BASF-Chef könnte ein Import-Stopp für Deutschland die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg bedeuten.
Natus: Druck auf Russland aufbauen
Deshalb plädiert Frank Natus dafür, Druck auf Russland aufzubauen, indem Deutschland sich von Öl und Kohle aus Russland befreit, Waffen in die Ukraine liefert und humanitäre sowie finanzielle Hilfe leistet.
"Wenn wir das Gas abschalten, dann schwächen wir uns selbst. Wir werden kaum noch in der Lage sein, der Ukraine zu helfen, weil wir dann in Deutschland ganz andere Probleme haben werden."
Auch Jan Glockauer, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Trier, sieht ein Importstopp für russisches Gas sehr kritisch. "Wenn es klar wäre, dass der Krieg in der Ukraine schneller beendet wird durch ein Boykott russischer Energie, dann sollte man das machen, aber das weiß man eben nicht."

"Es ist kein 'Übernacht-Problem', sondern eher eines, das sich in den nächsten Monaten entwickeln könnte."
Wirtschaft und Politik bereiten sich vor
Aktuell habe Deutschland noch große Gasspeicher. Würde ab jetzt kein Gas mehr kommen, so würden die Speicher reichen, um Deutschland bis Oktober oder November weiterhin mit Gas zu versorgen, sagt Glockauer. Auch in der Region Trier sieht Glockauer erst ein akutes Risiko zu Beginn der Heizperiode Anfang Oktober.
Stellt sich die Frage: Wieso werden nicht alle Unternehmen in der Region Trier bis zum Herbst auf erneuerbare Energien umgestellt? Jan Glockauer betont, wie schwierig das in bestimmten Branchen sei. In der Produktion von Glas zum Beispiel müssten Öfen stetig auf konstanter Temperatur bleiben, das schaffe man aktuell am besten mit Gas.
Neue Gaslieferanten finden
Wichtig ist nach Ansicht von Glockauer auch, die Energie, die aktuell aus Russland bezogen wird, so gut wie möglich zu kompensieren. "Da zählt jedes Prozent", sagt Glockauer. Zum Beispiel mit Gas aus Norwegen oder Dänemark, Flüssiggas aus den USA oder dem Erschließen von neuen Gasquellen. Natürlich müsste überall, wo es möglich ist, auf erneuerbare Energien umgestellt werden und man müsse sich die Frage stellen, wo man Energie einsparen kann.