Die Kyll ist in Gerolstein am 15. Juli enorm über die Ufer getreten und hat Zufahrtsstraßen überschwemmt. (Foto: SWR, Anna-Carina Blessmann)

Katastrophenschutz bei Hochwasser

Was der Vulkaneifelkreis aus der Flut gelernt hat

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Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier (Foto: SWR)

Die Flutkatastrophe hat in der Vulkaneifel große Schäden verursacht. Fabian Drückes ist dafür verantwortlich, dass sich der Katastrophenschutz besser vorbereitet. Ein Interview.

Nach der Flutkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021 ist auch in der Vulkaneifel nichts mehr wie es war. Häuser, Straßen und Brücken wurden vom Hochwasser mitgerissen, viele haben die Ereignisse bis heute nicht verarbeitet.

Feuerwehr und Katastrophenschutz gab die Flut ebenfalls zu denken. Was ist gut gelaufen, wo gibt es Verbesserungsbedarf und wo braucht es neue Ausrüstung? Das waren die Fragen, mit denen sich auch Fabian Drückes im Jahr danach befasst hat.

Der 24-Jährige ist technischer Mitarbeiter für Brand- und Katastrophenschutz bei der Kreisverwaltung Vulkaneifel. Eine Stelle, die wegen der Erfahrungen mit der Flut erst geschaffen wurde.

Fabian Drückes kennt sich als Berufsfeuerwehrmann mit dem Katastrophenschutz aus. Bei der Kreisverwaltung Vulkaneifel ist er nun für das Thema zuständig.  (Foto: SWR)
Fabian Drückes kennt sich als Berufsfeuerwehrmann mit dem Katastrophenschutz aus. Bei der Kreisverwaltung Vulkaneifel ist er nun für das Thema zuständig.

SWR Aktuell: Die Flutkatastrophe liegt nun ein Jahr zurück. Wie zufrieden sind Sie damit, wie die Einsätze damals gelaufen sind?

Fabian Drückes: Wir müssen nach vorne schauen und sehen, wo wir uns verbessern können. Wir können aber rückblickend auch feststellen, dass Feuerwehr und Rettungskräfte im Landkreis Vulkaneifel eine super Arbeit geleistet haben - von der kleinsten Ebene bis zur Spitze.

"Ohne die ehrenamtliche Leistung, die erbracht wurde, wären die Ereignisse nicht so glimpflich abgelaufen. Wir hatten weder Verletzte noch Tote."

SWR Aktuell: Dennoch wurden auch Missstände deutlich, wie in allen von der Flut betroffenen Gebieten. Beispielsweise konnte die Bevölkerung nicht über Sirenen gewarnt werden. Wie ist der Stand der Dinge?

Fabian Drückes: Grundsätzlich gibt es im Landkreis Vulkaneifel in jedem Ort eine Sirene für die Alarmierung der Feuerwehr. Der Bund hat zum Ende des Kalten Kriegs aber viel Netz zurückgebaut. Das heißt: Die Sirenen spielen nicht alle nötigen Signale, um die Bevölkerung zu warnen. Wir planen aktuell, die Sirenen wieder zu ertüchtigen, damit sie wieder alle Töne spielen.

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SWR Aktuell: Aber wer kann denn überhaupt noch den Bombenalarm von einer Hochwasserwarnung unterscheiden?

Fabian Drückes: Das ist ein Problem. Ich denke aber, wenn ein flächendeckend funktionierendes Sirenennetz eingerichtet wird, dann braucht es Öffentlichkeitsarbeit. Die Erläuterung von Signalen sollte schon im Schulalter beginnen. In einigen Orten schaffen wir zudem elektronische Sirenen an, mit denen Durchsagen möglich sind.

SWR Aktuell: Warum besorgt der Kreis solche elektronischen Sirenen nicht für alle Gemeinden?

Fabian Drückes: Wir haben nur begrenzte Fördermittel von Bund und Land zur Verfügung. Also werden wir die Sirenen erstmal an ausgewählten Standorten einrichten. Zum Beispiel an Orten, wo es eine Hochwassergefahr gibt. Die Beschaffung wird wegen der Materialknappheit und der Auslastung der Handwerker bis nächstes Jahr dauern.

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SWR Aktuell: Anschaffen wollte der Kreis auch neue Fahrzeuge, mit denen man auch durch Flüsse oder schwieriges Terrain kommt.

Fabian Drückes: Die Beschaffung solcher Fahrzeuge steht für nächstes Jahr an. Erstmal wollen wir Wagen mit Allradantrieb kaufen. Solche Fahrzeuge sind nicht nur für Flutlagen nützlich, sondern auch beispielsweise für Waldbrände, bei denen in unwegsame Gebiete vorgedrungen werden muss. Außerdem haben wir für drei Standorte jeweils vier mobile Hochwasserpumpen besorgt. Die können wir dann direkt am Ort des Geschehens einsetzen.

Bei der Flutkatastrophe sind - wie hier im Ahrtal - einige Fahrzeuge der Bundeswehr zum Einsatz gekommen, weil die Feuerwehr vielerorts nicht über watfähige Wagen verfügt.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Nach der Flutkatastrophe sind - wie hier im Ahrtal - einige Fahrzeuge der Bundeswehr zum Einsatz gekommen, weil die Feuerwehr vielerorts nicht über watfähige Wagen verfügt.

SWR Aktuell: Der Landkreis Trier-Saarburg will jetzt ein Katastrophenschutzzentrum einrichten. Der Eifelkreis hat schon eines in Bitburg. Wie sieht es im Vulkaneifelkreis aus?

Fabian Drückes: Auch wir strengen Überlegungen in diese Richtung an. So wäre eine Zusammenarbeit mit den Nachbarkreisen, also dem Eifelkreis, dem Kreis Bernkastel-Wittlich oder dem Kreis Cochem-Zell denkbar. Mit den Kommunen arbeiten wir beim Katastrophenschutz und bei der Feuerwehr ohnehin eng zusammen. Man hilft sich gegenseitig.

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SWR Aktuell: Der Katastrophenschutz steht und fällt aber mit Ehrenamtlichen. Wie sieht es hier im Vulkaneifelkreis aus? Gibt es noch genügend freiwillige Feuerwehrleute?

Fabian Drückes: Wir können erfreulicherweise auf steigende Mitgliedszahlen blicken. Wir hoffen, dass der Trend so bleibt. Nach der Flut haben wir einen neuen Schwung Mitglieder bekommen. Da waren viele Quereinsteiger dabei, die vorher mit der Feuerwehr nichts zu tun hatten, aber eben gesehen haben, wie wichtig ein funktionierender Katastrophenschutz ist.

"Nachwuchssorgen müssen wir uns bei den Feuerwehren keine machen."

SWR Aktuell: Auf welche weiteren Katastrophen bereitet sich der Vulkaneifelkreis neben Hochwassern noch vor?

Fabian Drückes: Ich denke, da braucht man nur in die Nachbarbundesländer zu blicken. Die letzten Jahre zeigen, dass klimatisch bedingte Katastrophen zunehmen, nicht nur Starkregen, sondern auch Stürme und Waldbrände. Zu einzelnen Feuern ist es in trockenen Sommern schon gekommen. Und wir haben hier in der Vulkaneifel sehr viel Wald, der in Flammen geraten kann.

Waldbrand  (Foto: IMAGO, /NurPhoto)
Auch in Deutschland kommt es aufgrund der Trockenheit immer wieder zu Waldbränden.

SWR Aktuell: Katastrophenschutz und Verwaltung bereiten sich also vor. Doch was ist mit der Bevölkerung, kann die sich auch selbst schützen?

Fabian Drückes: Ich denke, nicht nur wir müssen unsere Hausaufgaben machen. Da muss jeder selber ein bisschen mitarbeiten und lernen, die Gefahren einzuschätzen. Wer zum Beispiel an einem Bach lebt, kann sich Sandsäcke in den Keller legen. Wichtige Unterlagen sollte jeder greifbar haben und für den Notfall einen Vorrat haltbarer Lebensmittel und Trinkwasser lagern.

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