Ein demenzkranker Mann sitzt in einem Rollstuhl. Ein Mann aus dem Ruwertal bei Trier soll seinen demenzkranken Vater misshandelt haben. (Foto: IMAGO / Schöning)

Amtsgericht Trier spricht Urteil

Dementen Vater mit Hundeleine an Sessel gefesselt: Sohn zu Geldstrafe verurteilt

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Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier (Foto: SWR)

Weil er seinen demenzkranken Vater gefesselt hat, ist ein 48 Jahre alter Mann aus dem Ruwertal zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Zunächst standen schwerere Vorwürfe im Raum.

Wegen Freiheitsberaubung hat das Amtsgericht Trier einen Mann aus dem Ruwertal am Montag zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 55 Euro verurteilt, also insgesamt 2.200 Euro. Das Schöffengericht sah es als erwiesen an, dass der 48-Jährige seinen demenzkranken Vater mit einer Hundeleine an einen Sessel gefesselt hatte.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihm darüber hinaus vorgeworfen, seinen Vater misshandelt zu haben. Der Sohn hatte seinen Vater nach einem schweren Sturz am 1. Weihnachtsfeiertag 2021 nicht ins Krankenhaus gebracht. Der 84-Jährige hatte sich dabei einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen.

Gericht konnte nur Freiheitsberaubung nachweisen

Vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung sprach das Schöffengericht den 48-Jährigen aber schließlich frei. Denn auch nach drei Prozesstagen und etlichen Zeugenaussagen konnte das Gericht nur schwer nachvollziehen, was im Dezember 2021 wirklich bei der Familie aus der Verbandsgemeinde Ruwer los war.

"Wir waren nicht dabei und werden jetzt mit den Bauchschmerzen leben müssen", sagt Richterin Stefanie Lübke bei der Urteilsverkündung. Außer der Freiheitsberaubung habe sich keiner der Vorwürfe belegen lassen.

Dass er seinen Vater mit einer Leine an einen Sessel gefesselt hat, hat der Angeklagte selbst eingeräumt. Er habe damit aber seinen Vater nur davor bewahren wollen, dass er nicht erneut falle und sich verletzte. Ob das der Wahrheit entspricht - das war eine der vielen offenen Fragen am Ende des Verfahrens.

Staatsanwaltschaft hat Bewährungsstrafe gefordert

Die Staatsanwältin Anna Koch hatte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten für den Angeklagten gefordert. Die Verteidigung hingegen wollte einen Freispruch erwirken. "Warum jetzt ausgerechnet mein Mandant hier als Sündenbock herhalten muss, kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen", sagte der Rechtsbeistand.

Tatsächlich widersprachen sich die Zeugen zum Teil vor Gericht. Die Mutter nahm ihren Sohn in Schutz, die zwei Geschwister belasteten ihren Bruder hingegen schwer. Dieser sei alkoholkrank und werde regelmäßig gewalttätig, wenn er trinke. Sie hätten Angst vor ihm.

Niemand aus der Familie hat Krankenwagen gerufen

Die Pflegekraft des Demenzkranken schilderte vor Gericht, dass dieser nach dem Sturz große Schmerzen gehabt habe. Die Enkelin sagte hingegen aus, ihr Großvater habe sich zwischen den Tagen verhalten wie immer.

Bis zuletzt blieb unklar, warum auch niemand sonst aus der Familie den schlechten Zustand des Mannes bemerkte und einen Krankenwagen rief. Der Prozess lieferte daher, so die Richterin Lübke, einen Einblick in ein "schwieriges Verhältnis, das sich über Jahre zugespitzt hat".

Mann stirbt zwei Wochen später im Krankenhaus

Der 84-jährige Vater des Angeklagten starb zwei Wochen, nachdem er ins Krankenhaus gekommen war, an den Folgen einer Lungenentzündung. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft konnte ein medizinisches Gutachten einen Zusammenhang zwischen den Verletzungen und der Lungenentzündung ausschließen.

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