Es ist eine große Aufgabe, die die sieben Mitglieder der "Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums Trier" vor sich haben: Alle Missbrauchsfälle von der Nachkriegszeit bis heute sollen aufgearbeitet werden - und das innerhalb von sechs Jahren.
Als die Kommission sich im Juni 2021 gründete, gab sie zunächst eine Studie in Auftrag, um das Ausmaß von Missbrauchsfällen im Bistum erfassen zu können. Und sie hat sich selbst auferlegt, einen jährlichen Zwischenbericht zu ihrer Arbeit vorzulegen.
Aufarbeitung verschleppt?
Im ersten Bericht, der am Donnerstag vorgestellt wird, soll es darum gehen, welche Rahmenbedingungen dazu beigetragen haben, sexuellen Missbrauch zu vertuschen und Beschuldigte zu schützen. Mit Spannung dürfte also erwartet werden, welche Erkenntnisse es nach einem Jahr Gesprächen mit Betroffenen und Auswertung des Archivs gibt.
Denn Bischof Stephan Ackermann hatte zugesagt, die Kommission bekomme vollen Zugang zu den Akten des Bistums. Sie werde hoffentlich dabei helfen, der Kirchen- und Glaubensgeschichte im Bistum und der Wahrheit "ehrlich ins Gesicht zu schauen" - so schmerzlich sie auch sei.
Ein Ansatz, den die Opferinitiative "MissBit" zwar grundsätzlich begrüßt. Sie kritisiert allerdings, die Studie zum Missbrauch komme viel zu spät, auch im Vergleich zur Aufarbeitung in den Bistümern Köln und München-Freising. Außerdem gebe es keine Schwerpunkte der Aufarbeitung, wenn man sich zunächst nur einen allgemeinen Überblick verschaffe.
Missbrauchsopfer kritisiert Kommission
Dabei sind die bereits bekannten Missbrauchsfälle im Bereich des Bistums Trier vielfältig: Wie der Fall einer Gemeindereferentin, die unter dem Pseudonym "Karin Weißenfels" davon berichtete, wie ein Priester sie als junge Frau missbraucht und zu einer Abtreibung gedrängt hatte.
Am Mittwoch berichtete die Süddeutsche Zeitung, Weißenfels sei von der Kommission als Missbrauchsopfer anerkannt worden und hätte eigentlich im Zwischenbericht erwähnt werden sollen. Ihrer Bitte, eine missverständliche Formulierung im Bericht abzuändern, sei die Kommission aber nicht nachgekommen.
Vor Zwischenbericht zu sexuellem Missbrauch Missbrauchsopfer erhebt Vorwürfe gegen Trierer Aufarbeitungskommission
Der erste Bericht der Aufarbeitungskommission zu sexuellem Missbrauch im Bistum Trier soll morgen erscheinen. Die Süddeutsche berichtet jetzt aber von Vorwürfen eines Opfers.
Mehr als 200 Betroffene von sexuellem Missbrauch
Doch der Fall von Karin Weißenfels ist nicht der einzige bekannte Missbrauchsfall im Zuständigkeitsbereich des Bistums Trier: In einer eigenen Studie wurde der physische und psychische Missbrauch am ehemaligen Internat Albertinum in Gerolstein aufgearbeitet.
Auch die Opferinitiative MissBit selbst hat im Mai eine Studie herausgebracht, in der 55 beschuldigte Kleriker teils erstmals mit bürgerlichem Namen genannt werden. Darin wird unter anderem von einem großen Missbrauchsskandal in einer kleinen Eifelgemeinde berichtet. Und der Vorwurf steht im Raum, der langjährige Trierer Bischof Bernhard Stein habe Missbrauchsfälle vertuscht. Dazu will die Kommission im Oktober einen Bericht vorlegen.
Zwischen 2010 und 2021 hatten sich 208 Betroffene des sexuellen Missbrauchs beim Bistum gemeldet. All diese Fälle - und wahrscheinlich noch mehr - gilt es für die Kommission nun aufzuklären. Der Zwischenbericht wird wohl nur ein erster Schritt dabei sein.