Ein kleiner Spielplatz: Olha Holovach ist glücklich, dass ihre Familie in Föhren bei Trier in Sicherheit lebt. Während ihr Mann Vova mit der dreijährigen Tochter Maria spielt, hält sie ihren Sohn Alexander auf dem Arm. Dass es ihm heute so gut geht - ein kleines Wunder. Denn Olha war hochschwanger, als der Ukraine-Krieg begann. Als die ersten Bomben auf Charkiw fielen, setzten bei der 31-Jährigen die Wehen ein.

"Ich rief den Krankenwagen, die holten mich ab und brachten mich ins Krankenhaus. Die Bomben fielen. Wir wurden aufgefordert, in den Luftschutzkeller des Krankenhauses zu gehen."
Geburt mitten im Ukraine-Krieg wird zum traumatischen Erlebnis
Olha Holovach liegt zwei Tage in den Wehen. Andere Mütter neben ihr erleiden vor Angst und Stress Fehlgeburten. Dann darf sie nach oben in den Kreißsaal. Mitten im Bombenhagel bringt sie ihr zweites Kind zur Welt.

Der Ukraine-Krieg — Hintergründe, Informationen, Fakten
Am 24. Februar 2022 hat Russland die Ukraine militärisch angegriffen. Millionen Menschen sind seitdem aus der Ukraine geflüchtet, auch nach Deutschland. Unser Dossier zeigt die Hintergründe und Auswirkungen des Kriegs.
Die Ärzte, erzählt sie, waren seit Tagen im Einsatz und mit den Nerven am Ende. Statt aufmunternder Worte wurde sie während der Geburt angeschrien. Wichtige Untersuchungen fanden nicht statt. Eine Schwester macht das einzige Foto. Olha zwingt sich zu einem Lächeln.

"Es müsste der glücklichste Moment im Leben einer Frau sein, wenn sie ein Kind zur Welt bringt. Aber so war es wirklich das Schlimmste, was mir als Frau passieren konnte."
Ein Buch soll die Welt über das Leben im Ukraine-Krieg wachrütteln
Wenige Tage später flieht die Ukrainerin mit ihrer Familie nach Deutschland. Nach einer wahren Odysee landet die Familie in Föhren bei Trier. Olha Holovach beginnt ihre traumatischen Erlebnisse aufzuschreiben, denn sie wird immer wieder von Albträumen geplagt. Zum einen möchte sie die schlimmen Erlebnisse verarbeiten und vergessen. Zu anderen will sie Menschen besonders in Russland wachrütteln. Viele ihrer russischen Verwandten glauben ihr die Geschichte nicht.

Ukrainerin meidet soziale Netzwerke
Die zweifache Mutter hat Japanisch und Englisch studiert, war sogar ukrainische Meisterin in Karate. In ihrer Heimat war sie auch als Influencerin unterwegs, hatte vor dem Krieg auf einem Youtube Kanal und auf Instagram Erziehungstipps gegeben. Heute vermeidet sie es, Bilder von ihrem Leben in Deutschland zu posten.
"Meine Landsleute sitzen im Luftschutzkeller und ich zeige mein schönes Leben hier. Das kann ich einfach nicht machen."
Vater Volva fängt in den kommenden Tagen an als Ingenieur in Deutschland zu arbeiten. Töchterchen Maria wird im Kindergarten eingewöhnt. Die Familie hat sich darauf eingestellt, noch länger in Deutschland zu bleiben.