Die Sozialdemokraten in Rheinland-Pfalz jubeln. Gleich zwei Frauen aus dem Bundesland haben es ins Kabinett geschafft: Stefanie Hubig soll Justizministerin werden und Verena Hubertz Bauministerin. Doch einfach werde der Job nicht für die Triererin, sagt Professor Uwe Jun, Politikwissenschaftler von der Universität Trier. Sein Fachgebiet ist das politische System der Bundesrepublik Deutschland und die Parteienforschung. Im SWR-Interview gibt er eine Einschätzung, ob die Region Trier von einer Ministerin Hubertz profitieren kann und, ob sie dem Amt gewachsen ist.

SWR Aktuell: Hat es Sie überrascht, dass Verena Hubertz neue Bauministerin wird?
Uwe Jun: Ich habe damit gerechnet, weil schon im Vorfeld häufig kolportiert wurde, dass es ein enges politisches Verhältnis zwischen Lars Klingbeil und Verena Hubertz gibt. Außerdem hatte Klingbeil angekündigt, dass er neue Gesichter präsentieren will und mehr Frauen als Männer ein Ministerium führen sollen. Da lag es nahe, an Hubertz zu denken, weil sie auch in den entsprechenden Ausschüssen saß und ökonomische Kompetenz mitbringt, die gerade gefragt ist.
Seit 2021 für die SPD im Bundestag Verena Hubertz: Erfolgreiche Start-up-Gründerin wird Bauministerin
SPD-Vizefraktionschefin Verena Hubertz aus Trier wird Bundesbauministerin. Das ist inzwischen bestätigt. Wer ist die 37-Jährige und was hat sie bislang in der SPD gemacht?
SWR Aktuell: Sie ist ein neues Gesicht. Aber das heißt auch, sie hat keine Regierungserfahrung. Ist sie dem Amt gewachsen?
Uwe Jun: Es ist erst mal natürlich kein Vorteil, wenn man sich in ein Amt erst einarbeiten muss und auch die exekutive Erfahrung nicht hat, die wichtig für die Leitung eines Ministeriums ist. Das wird für sie kein einfacher Schritt. Sie war zwar stellvertretende Fraktionsvorsitzende, aber so ein Haus zu leiten, ist deutlich anspruchsvoller.

SWR Aktuell: Ihre Vorgängerin Klara Geywitz ist daran gescheitert, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen und so auch dem angespannten Immobilien- und Mietmarkt entgegenzuwirken. Wie groß sind die Hoffnungen, die man in Hubertz setzen kann?
Uwe Jun: Das Amt der Bauministerin ist eine sehr große Herausforderung für sie. Von ihr wird erwartet, dass sie dafür sorgt, dass die Zahl der Wohnungen sich vor allem in den Ballungsräumen erhöht. Derzeit sagen viele, das Bauen sei zu teuer und auch die Bürokratie stellt ein Hemmnis dar. Es muss ihr aber gelingen, einerseits den Bürokratieabbau voranzutreiben und andererseits dafür zu sorgen, dass sich energetisch etwas tut und Deutschland beim Klimaschutz im Bereich Wohnen vorankommt. Denn Frau Hubertz hat sich bisher immer als eine von denjenigen erklärt, die den Klimaschutz als wichtig erachten. Das wird keine einfache Aufgabe.

SWR Aktuell: Auch in Trier werden die Mieten und Immobilien immer teurer. Kann Verena Hubertz als Ministerin auch etwas für ihre Heimatstadt erreichen?
Uwe Jun: Trier ist dann doch im bundesweiten Maßstab jetzt nicht das, was im Vordergrund stehen wird bei der Arbeit einer Bundesministerin. Aber sie wird schon versuchen, für den Wahlkreis Trier einiges zu machen, damit es beim nächsten Mal mit dem Direktmandat klappt. In der Vergangenheit haben Wahlkreise durchaus von Ministerinnen und Ministern profitiert. Die bekanntesten Beispiele stammen aus den Zeiten als das Bundesverkehrsministerium von der CSU geführt war. Dort war häufiger festzustellen, dass Aufträge nach Bayern gegangen sind und das Straßennetz in Bayern mehr ausgebaut worden ist als in anderen Bundesländern.
SWR Aktuell: Nun kommt Verena Hubertz aber wie auch einige der neuen CDU-Köpfe aus der Wirtschaft. Sie war Unternehmerin und hat eine App mitentwickelt. Diese Strategie nun verstärkt Personal aus der Privatwirtschaft ins Kabinett einzubeziehen, kann die aufgehen?
Uwe Jun: Die Wirtschaft steckt in einer Krise. Wir haben eine Rezession insofern ist mehr ökonomische Expertise gefragt. Und das hat sich ja auch die neue Koalition auf die Fahnen geschrieben, den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder zu stärken. Und ich deute es auch so, dass die SPD mit Verena Hubertz jemanden mit der entsprechenden ökonomischen Expertise nominieren wollte.