Es sind zwei junge Leute, Anfang 30. Eine Australierin und ihr Ehemann. Ganz in schwarz gekleidet sitzen sie da vor der Richterbank des Trierer Landgerichts, neben ihren vier Verteidigern.
Saal 70. Dort, wo vor drei Tagen bereits der Prozess um den Traben-Trabacher Cyberbunker zu Ende ging. Die beiden tragen zum Teil teure Designerkleidung. Der Name eines französischen Luxus-Modelabels ist zu erkennen.
Beide Angeklagte wirken teilnahmslos
Sie hält ihr Gesicht ständig verborgen, hinter einer Kapuze und einem Aktenordner. Der Mann nicht. Die beiden wirken keinesfalls bedrohlich. Eher ein wenig abwesend und teilnahmslos. Wenn man ihnen auf der Straße begegnen würde, könnten man vermuten, dass sie vielleicht Musiker sind.
Zum Prozessauftakt sagen sie fast nichts, obwohl sie Gelegenheit dazu erhalten, nachdem die Anklage verlesen wurde. Aber sie ziehen es vor zu schweigen.
Nur einer der Anwälte ergreift das Wort und kritisiert die Staatsanwaltschaft. Die Vorwürfe könnten den beiden Angeklagten nicht eindeutig zugeordnet werden. Dass das Ehepaar in 1.500 Fällen Beihilfe zum Drogenhandel geleistet haben soll, könne er nicht nachvollziehen.
Doch der Reihe nach. Dass sich die beiden Australier vor einem Trierer Gericht verantworten müssen, nahm seinen Anfang vor knapp zwölf Monaten im äußersten Norden Deutschlands. Im Januar 2021 klicken dort die Handschellen. Das Ehepaar war gerade mit dem Auto aus Dänemark zurückgekommen. Dann schlugen die Ermittler zu.
Folgeverfahren des Cyberbunker-Prozesses
Monatelang hatten Polizei und Staatsanwaltschaft die Server des Cyberbunkers in Traben-Trarbach untersucht, so kamen sie eigenen Angaben zufolge auf die Spur der Eheleute. Insofern birgt es eine gewisse Ironie, dass beide Verfahren im gleichen Saal durchgeführt werden.
Die beiden Australier stehen einerseits vor Gericht, wegen der Menge an Drogen, die sie damals im Auto über die Grenze nach Deutschland gebracht haben sollen und weil der Ehemann ein so genanntes Butterfly-Messer zugriffsbereit dabei gehabt haben soll.
Laut Anklage sollen sie aber vor allem zusammen mit unbekannten Mittätern zu den Betreibern eines der größten illegalen Online-Marktplätze überhaupt gehört haben: dem DarkMarket.
Mehr als 320.000 Geschäfte im Wert von 140 Millionen Euro wurden der Anklage zufolge darüber abgewickelt. Zu kaufen gab es demnach vor allem illegale Betäubungsmittel, Falschgeld und gestohlene Kreditkarten.
Illegaler Marktplatz mit mehr als 400.000 Nutzern
Zum Zeitpunkt als die Server des Marktplatzes nach der Festnahme abgeschaltet wurden, soll es auf der Plattform 2.400 Verkäufer und über 400.000 angemeldete Nutzer gegeben haben.

Auf Nachfrage des SWR bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hieß es, DarkMarket sei bis zur Abschaltung des Traben-Trarbacher Cyberbunkers im Herbst 2019 dort gehostet worden. Später sei der illegale Marktplatz wieder ans Netz gegangen.
Server in Moldawien und der Ukraine beschlagnahmt
Als das Ehepaar im Januar 2021 von der Polizei im Kreis Schleswig-Flensburg festgenommen wurde, hieß es, es seien durch die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden 20 Server in Moldawien und der Ukraine beschlagnahmt worden.
Den Anklägern zufolge soll der Ehemann der Administrator des Marktplatzes gewesen sein, der Verkäufer für die Nutzung freischaltete, die Tätigkeiten der Mittäter überwachte und sie für ihre Dienste bezahlte.
Die Ehefrau soll sich um das Design des Marktplatzes gekümmert und Streitigkeiten zwischen Verkäufern und Kunden geschlichtet haben.
Mehr als 2,7 Millionen Euro erwirtschaftet
Die beiden sollen bei Verkäufen eine Provision von vier bzw. später fünf Prozent im Form von Kryptowährungen als Provision einkassiert haben.
227 Folgeverfahren nach Auffliegen des Cyberbunkers Verfahren gegen Cyberbunker-Kunden blieben oft erfolglos
Gut zwei Jahre nach Auffliegen des Cyberbunkers an der Mosel hat es bislang 227 Folgeverfahren gegen Kunden des illegalen Rechenzentrums für kriminelle Geschäfte im Darknet gegeben.
In dem Verfahren vor dem Landgericht Trier lautet der Vorwurf neben der bereits genannten Einfuhr von Drogen nun auch Beihilfe zum Drogenhandel, und zwar über die Plattform DarkMarket, und das in 1.498 Fällen - die Fälle, die der Verteidiger nicht nachvollziehen kann.
Insgesamt sollen die beiden Angeklagten durch die zur Last gelegten Taten Einnahmen in Höhe von 2,7 Millionen Euro erzielt haben.
Haftstrafen von bis zu elf Jahren möglich
Für die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen – es geht hier um mehr als 1.000 Tabletten mit dem Wirkstoff Oxycodon-Hydrochlorid – drohen nach Angaben des Landgerichts Trier mindestens fünf Jahre Haft.
Für die Beihilfe zum Drogenhandel in nicht geringer Menge sind es in jedem Einzelfall drei Monate bis zu elf Jahre und drei Monate Haft.
Teil der Haupttaten in der Region Trier begangen
Vor dem Landgericht Trier wird die Strafsache um den DarkMarket laut Generalstaatsanwaltschaft übrigens deshalb verhandelt, weil ein Teil der Haupttaten im Zuständigkeitsbereich dieses Gerichts begangen wurde. Einer der größten Verkäufer des DarkMarket soll aus der Eifel kommen.
In dem Prozess sind noch Verhandlungstage bis Ende Februar 2022 geplant.