Oberstaatsanwalt Kai Fuhrmann sagte, bei der Auswertung der persönlichen Daten des mutmaßlichen Täters würden die Ermittler ständig neue Erkenntnisse gewinnen. Weitere Details nannte der Oberstaatsanwalt jedoch nicht.
Der 49-jährige Tatverdächtige hat gestanden, am Samstag einen 20-jährigen Tankstellen-Mitarbeiter erschossen zu haben. Das Opfer soll den Mann zuvor auf die Maskenpflicht hingewiesen haben.
20-Jähriger in Idar-Oberstein erschossen Mutmaßlicher Täter soll Waffe von seinem Vater erhalten haben
Im Fall des Tötungsdelikts von Idar-Oberstein gibt es Hinweise, wonach der mutmaßliche Täter Mario N. die Tatwaffe bereits vor einigen Jahren von seinem Vater erhalten haben könnte. Das haben SWR-Recherchen ergeben.
Offenbar gibt es Augenzeugen, die die Tat beobachtet haben. Um sie zu schützen, will die Staatsanwaltschaft sich nicht weiter zu ihnen äußern.
Mutmaßlicher Täter hatte keinen Waffenschein
Das Opfer ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft mit einem großkalibrigen Revolver der Marke Smith & Wesson erschossen worden. In der Wohnung des Verdächtigen sei eine weitere Schusswaffe gefunden worden, außerdem Munition und weitere Gegenstände, die als Waffen bezeichnet werden könnten. Für die Waffen besitze der Mann keine Erlaubnis.
Die Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft von Montag
Polizei prüft Twitterprofil des Tatverdächtigen
Die Polizei prüft unter anderem die Aktivität des Verdächtigen in den sozialen Medien. Es seien sehr viele Hinweise dazu eingegangen, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Trier am Mittwochmorgen. Am Dienstagabend twitterte die Polizei: "Es gibt Hinweise auf das Twitterprofil des Tatverdächtigen. Wir gehen diesen Hinweisen nach." Mit dem Tweet habe man den Bürgern signalisieren wollen: "Wir sind da dran, wir haben das im Blick."
Nach gemeinsamen Recherchen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" und des auf Verschwörungsmythen spezialisierten Thinktanks CeMAS hatte der mutmaßliche Schütze bereits vor zwei Jahren auf einem Twitter-Profil nebulöse Gewaltfantasien geäußert.
Bisher fiel der Tatverdächtige der Polizei nicht auf
Der 49-jährige Tatverdächtige aus Idar-Oberstein sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Zur Lebenssituation des 49-Jährigen wollte Staatsanwalt Fuhrmann zunächst keine Angaben machen.
Der Mann sei noch nie irgendwo bei der Polizei aufgefallen, auch nicht als Teilnehmer einer Demonstration.
Maskenpflicht war offenbar Auslöser für die Tat
Nach den bisherigen Ermittlungen hatte der 49-Jährige am Samstagabend den Verkaufsraum der Tankstelle ohne Maske betreten und zwei Sechserpack Bier auf den Tresen an der Kasse gestellt. Der 20-jährige Kassierer habe den Mann auf die Maskenpflicht hingewiesen - woraufhin der Mann den Raum verlassen und dabei drohend die Hand gehoben habe.
Gegen 21:45 Uhr betrat der Tatverdächtige laut Staatsanwaltschaft erneut die Tankstelle, diesmal mit Mund-Nasen-Bedeckung. An der Kasse habe er die Maske heruntergezogen. Der Kassierer habe den Mann erneut auf die Einhaltung der Maskenpflicht hingewiesen, so der Oberstaatsanwalt. Schließlich habe der Mann den Revolver gezogen und einen tödlichen Schuss auf den 20-jährigen Studenten aus Idar-Oberstein abgegeben. Anschließend sei er zu Fuß geflüchtet.
Frust über Corona-Maßnahmen als Motiv
Der Festgenommene hat den Angaben zufolge als Motiv angegeben, dass ihn die Situation der Corona-Pandemie stark belaste. Er habe sich in die Ecke gedrängt gefühlt und "keinen anderen Ausweg gesehen" als ein Zeichen zu setzen. Das Opfer schien ihm dabei "verantwortlich für die Gesamtsituation, da es die Regeln durchgesetzt habe", sagte Staatsanwalt Fuhrmann. Weiterhin habe er in seiner Vernehmung angegeben, die Corona-Schutzmaßnahmen abzulehnen.
"Was da wirklich an diesem Tag und an diesem Abend war, worüber er sich noch geärgert hat", sei noch völlig unklar, meint dagegen der Wiesbadener Kriminalpsychologe Rudolf Egg. Möglicherweise habe der Verdächtige ganz andere Gründe als die Corona-Auflage gehabt. Das müsse nun genau untersucht werden. "Man muss bei einer Tat immer unterscheiden zwischen dem unmittelbaren Anlass und dem eigentlichem Grund", sagte Egg.
Verfassungsschützer: "Kaltblütiger Mord ist keine Überraschung"
Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer sieht das anders. Er und seine Kollegen hätten vor dem großen Aggressionspotenzial unter Kritikern der Corona-Maßnahmen gewarnt. "Der kaltblütige Mord an dem Studenten, der als Tankstellen-Kassierer arbeitete, ist furchtbar, aber für mich keine Überraschung angesichts der steten Eskalation der letzten Wochen", sagte Kramer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Bedauerlich ist, dass es immer erst Tote geben muss, bevor die Gefahr ernst genommen wird."
Landes- und Bundespolitiker sehen ebenfalls eine große Gefahr durch die zunehmende Hetze der Corona-Leugner im Netz.

Große Anteilnahme in Idar-Oberstein
In Idar-Oberstein hat die Tat großes Entsetzen ausgelöst. Vor dem Tatort legten viele Menschen Blumen und Kränze nieder und stellten Kerzen auf.
Aus ganz Deutschland gehen in Idar-Oberstein inzwischen Beileidsbekundungen ein. Oberbürgermeister Frank Frühauf (CDU) sagte, vor allem die Tatsache, aus welchem nichtigen Grund ein junger Mann sein Leben verloren hat, wühle die Menschen auf.
Spezialkräfte nahmen Tatverdächtigen am Sonntag fest
Der Tatverdächtige war am Sonntagmorgen auf dem Gelände der Polizei in Idar-Oberstein festgenommen worden. Dort war er in Begleitung einer Frau erschienen. "Wir gehen davon aus, dass er sich stellen wollte", sagte Triers Polizeipräsident Friedel Durben. "Das ist auf jeden Fall ein besonderer Fall: Wir haben weder im Polizeipräsidium Trier noch im Land Rheinland-Pfalz eine solche Tat gehabt, die einen Zusammenhang zu Corona vermuten lässt."