Summend und surrend setzen sich die vier Propeller in Bewegung. Die blau-gelb leuchtende Drohne erhebt sich über dem Forum Daun langsam in die Luft, dreht einige Kreise über dem gebannten Fachpublikum des Krimifestivals "Tatort Eifel" und landet dann wieder sanft an ihrem Ausgangspunkt. Torsten Michels, Kriminalhauptkommissar bei der Polizei in Trier, steuert das unbemannte Fluggerät vom Boden aus. Seit 2019 läuft das Pilotprojekt im Polizeipräsidium Trier und ist für Michels aus der Kriminaltechnik nicht mehr wegzudenken.
Dank Drohneneinsatz: Abschied von veralteter Methodik
"Früher mussten wir den Tatort mit Kreide in Raster aufteilen und dann mittels Bandmaß von zwei verschiedenen Punkten aus die Wegstrecke zum Beweismittel ausmessen", erzählt Michels. "Das ist natürlich sehr kompliziert, denn wo genau hat der Kollege jetzt angefangen zu messen? Rechts oder links von der Haustür, bei Hausnummer eins, zwei oder drei?"
Mithilfe der Drohnen sei das sehr viel einfacher geworden und biete besonders bei sehr großen Tatorten viele Vorteile. "Wir müssen bei der Tatortsicherung unglaublich schnell sein", so Michels. "Es muss nur mal regnen und schon sind wichtige Spuren weg. Auch Rettungsdienste verändern unseren Tatort, Beweismittel liegen plötzlich an anderer Stelle." Mit der Drohne könnten die Ermittler sofort in die Luft gehen und erste Bilder vom Tatort machen, noch während die Rettungsarbeiten laufen. "So stören wir auch die Sanitäter nicht bei ihrer Arbeit und haben dennoch einen möglichst frischen Tatort dokumentiert."
In Trier kommen die Drohnen mittlerweile für die unterschiedlichsten Situationen zum Einsatz: "Bei Bränden können wir zum Beispiel mit einer Wärmebildkamera über das ausgebrannte Gebäude fliegen und so den Brandherd ermitteln." So müsse sich auch keiner der Ermittler mehr in Gefahr begeben, sollte das Gebäude einsturzgefährdet sein, meint Michels. "Wir können aber auch Volumenberechnungen anstellen und auf diese Weise bei illegaler Müllentsorgung gerichtsfest herausfinden, wie viel Müll dort abgeladen wurde."
Nach Amokfahrt: Riesiger Tatort musste gesichert werden
Auch nach der Amokfahrt in der Trierer Innenstadt am 01. Dezember 2020 kamen die Drohnen zum Einsatz. Vor den Kriminaltechnikern rund um Michels lag ein Mammuttatort von rund 10.000 Quadratmetern über eine Strecke von etwa 850 Metern. Während die Drohne aus der Luft Bildaufnahmen von der Konstantinstraße bis zur Porta Nigra gemacht hat, haben Michels und seine Kollegen am Boden mithilfe von Vermessungsstäben wichtige Spuren und Beweismittel markiert, erfasst und vermessen. Rund 70 Gigabyte Daten haben die Ermittler an diesem Abend gesammelt.
Nach Urteil im Amokprozess von Trier Verteidiger des Angeklagten legen Revision ein
Nach dem Urteil zur tödlichen Amokfahrt in Trier am Dienstag hat die Verteidigung Revision eingelegt. Das teilte das Landgericht Trier am Morgen mit.
"Am Ende wurden die Daten vom Landeskriminalamt zu einem einzigen großen Luftbild zusammengeführt. Darin sind alle wichtigen Informationen, Beweismittel mitsamt Bildern, Zeugenpositionen, und so weiter, vermerkt", erklärt Michels. "Wir können darin auch Vermessungen vornehmen. Also zum Beispiel: Wie breit war die Durchfahrt, wie eng war das? Wie weit lagen Fahrrad und Opfer auseinander? Das sind Dinge, die wir dann auch live vor Gericht zeigen können."
Doch nicht nur im Gericht kann mithilfe der Drohnenbilder der Tatort rekonstruiert werden. Auf Wunsch kann auch eine Vorortbegehung stattfinden. "Wir können die Beweismittel, also zum Beispiel eine Pistole oder ein Messer, mithilfe der GPS Daten dann wieder genau dort ablegen, wo wir sie gefunden haben", sagt Michels.
Drohneneinsatz mittlerweile auf ganz Rheinland-Pfalz ausgeweitet
Aus einer Drohne zu Beginn des Pilotprojektes sind bei der Polizei in Trier inzwischen vier geworden, die alle unterschiedliche Aufgaben erfüllen. "Die kleinste ist gerade mal so groß wie ein DIN A4 Blatt und wiegt nur zwei Kilo", erzählt Michels. Der Einsatz der Drohnen war so erfolgreich, dass das Projekt mittlerweile auf alle Polizeipräsidien in Rheinland-Pfalz ausgeweitet wurde.
Ende des Jahres läuft das Projekt offiziell aus, die Drohnen haben sich aber bewährt und bleiben daher fester Bestandteil der Polizeiarbeit in Trier. "Wir wollen demnächst ein neues Aufgabenfeld in Angriff nehmen", so Michels. "Die Personensuche ist grundsätzlich Sache der Polizeihubschrauberstaffel, aber wir können mit unserer Wärmebildkamera und der Drohne da unterstützen, wo der Hubschrauber nicht hinkommt. Wir sind da immer noch in einer Findungsphase, es gibt jeden Tag neue Einsatzszenarien, die uns weiter voran bringen."