Im "Haunted Field" gibt es verschiedene Kulissen mit Erschreckern. (Foto: SWR, Anna-Carina Blessmann)

Hanflabyrinth mit menschlichen Erschreckern

Zu Halloween: So gruselig ist das "Haunted Field" in Prüm

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Anna-Carina Blessmann
Anna-Carina Blessmann am Mikrofon (Foto: SWR)

Zu Halloween verwandelt sich ein Hanflabyrinth in Prüm in den Schauplatz schauriger Experimente mit gruseligen Gestalten. SWR Aktuell hat das Schock-Erlebnis ausprobiert.

Gruseln Sie sich gern? Dieser wohlige Schauer, der über den Rücken läuft, wenn gleich in einem Film etwas Erschreckendes passiert. Das befreiende Lachen, wenn der Schockmoment vorbei ist und man immer noch gemütlich auf seinem Sofa sitzt.

Ich mag das und es hat mir auch immer gereicht - auch, wenn ich mich nicht mehr oft bei Horrorfilmen erschrecke. Um sogenannte "Haunted Houses" habe ich trotzdem einen Bogen gemacht. Von Geistern und anderen Schreckgestalten heimgesuchte Häuser also, voller grausiger Kulissen, in denen Menschen mit Kostümen und viel Kunstblut herumlaufen und Leute erschrecken.

Eine Tradition, die ebenso wie "Süßes oder Saures" zu Halloween aus den USA zu uns gekommen ist. Es ist das Unberechenbare dieses Konzepts, das offenbar seinen Reiz für so manche Adrenalin-Junkies ausmacht. Statt animierter Puppen in einer Geisterbahn, die ihre vorbestimmten Bewegungen ausführen, können sich hier echte Menschen die unmöglichsten Effekte ausdenken und variieren.

Wie aus einem Hanffeld ein Haunted Field wird

Die Gelegenheit, solch ein Erlebnis in der Region Trier zu haben, hat mich aber doch neugierig gemacht. Denn ein Feld mit Nutzhanf in Prüm, das im Sommer schon zum Labyrinth umgestaltet wurde, wird an Halloween zum "Haunted Field".

17.000 Quadratmeter hat der Besitzer des Feldes, Jochen Weyandt, zur Verfügung gestellt. Seine Motivation ist einfach: "Das ist für uns etwas Neues und es macht bestimmt Spaß, in einem Hanffeld Leute zu erschrecken."

"Der Schauer auf dem Rücken. Das Erlebnis. Vielleicht seinen Vater auszulachen, weil der sich nicht erschrecken will und dann hat er sich doch erschrocken. Da haben wir Spaß dran."

Eine Gruppe von Ehrenamtlichen hat Kulissen und Wege gebaut, ist für Kostüme, blutiges Make-Up, Nebel- und Toneffekte zuständig. Organisator Matthias Meyer versichert mir, dass es Rettungswege und ein Konzept für den Notfall gibt, alle seien dafür geschult, was sie als Erschrecker tun dürfen und was nicht - alles hier sei sicher.

"Sicherheit steht an oberster Stelle. Wir sind auf Notfälle vorbereitet."

Laborexperimente sind schiefgelaufen

Meyer führt mich auch auf einer festen Route durch das Labyrinth, jede Gruppe von etwa acht Leuten bekommt einen sogenannten Guide. Verlaufen werde ich mich also nicht. Ich muss aber ohne Gruppe diesen ersten Testlauf absolvieren. "In der Gruppe ist es schlimmer, weil man sich gegenseitig in seiner Panik ansteckt", sind sich alle vom "Haunted Field" einig.

Ein Erschrecker mit gruseliger Gummimaske kommt mir nicht zu nahe. Trotzdem ist es eine Überwindung, an ihm vorbeizugehen. (Foto: Matthias Meyer)
Ein Erschrecker mit gruseliger Gummimaske kommt mir nicht zu nahe. Trotzdem ist es eine Überwindung, an ihm vorbeizugehen.

Trotzdem ist das Gefühl mulmig, als ich zunächst an einer Plastikfigur, dann aber an einem völlig reglosen, echten Mädchen mit Blut im Gesicht vorbeigehe. Ein Erschrecker mit gruseliger Gummimaske kaut an einer Puppe, kommt mir aber nicht zu nahe. Trotzdem ist es eine Überwindung, an ihm vorbeizugehen.

Das "Haunted Field" hat seine eigene Geschichte, erzählt mir Guide Meyer: "Wir befinden uns in einem Hanflabor. Dummerweise gibt es aber einen Anschlag auf das Labor. Der setzt Substanzen frei." Und die führen zu verrückten Menschen und mutierten Tieren im ganzen Labyrinth.

Die Geschichte des "Haunted Fields": Ein Anschlag auf ein Labor setzt Substanzen frei, die Tiere und Menschen mutieren lassen. (Foto: Matthias Meyer)
Die Geschichte des "Haunted Fields": Ein Anschlag auf ein Labor setzt Substanzen frei, die Tiere und Menschen mutieren lassen.

Gut gesetzte Schockeffekte

Der erste Schock trifft mich vollkommen unvorbereitet. Ich schreie, als ich noch versuche, den richtigen Tritt im Hanffeld zu finden, und plötzlich Gestalten in Schutzanzügen und -masken vor mir aus dem Nichts springen. Ich werde gepackt und durchgeschüttelt - dabei hieß es vorher noch, man werde möglichst nicht angefasst von den Erschreckern.

Aber es ist überstanden. Das befreiende Lachen kommt, als die Endorphine nach dem Erschrecken frei werden. Und auch das Team scheint ziemlich erleichtert zu sein, dass die erste Station so gut funktioniert hat. Die Dämmerung geht langsam in tiefe Dunkelheit über.

Auch Gestalten aus bekannten Horrorfilmen wie Michael Myers aus "Halloween" begegnen einem im "Haunted Field". (Foto: Matthias Meyer)
Auch Gestalten aus bekannten Horrorfilmen wie Michael Myers aus "Halloween" begegnen einem im "Haunted Field".

Mein Puls geht schneller. Einerseits wegen der Aufregung. Vor allem aber, weil es durchaus anstrengend ist, durch das vom Regen aufgeweichte Hanffeld zu stapfen. Gummistiefel während der Tour zu tragen, ist also der beste Tipp. Obwohl es Ablaufkanäle gibt und die Wege ausgestreut werden.

"Wir sind stark vom Wetter abhängig. Je mehr Regen kommt, desto mehr werden die Wege für uns zum Problem. Je mehr Leute hindurchgehen, desto mehr müssen wir versuchen, die Wassermassen zu bekämpfen."

Erschrecken kann man nicht üben

Die nächsten Schockeffekte kommen Schlag auf Schlag: Ein stummer Clown mit blutiger Fratze folgt mir auf Schritt und Tritt. Für Clownphobiker wohl schlimmer, als wäre die Darstellerin plötzlich aus einer Ecke gesprungen.

In einem Zelt ist ein OP-Saal aufgebaut - aber hier scheint es nicht darum zu gehen, jemandem zu helfen. Ein "Arzt" sägt am Fuß eines Patienten - der glücklicherweise wirklich eine Puppe ist. Ein junges Mädchen schreit ohrenbetäubend.

Haily, das schreiende Mädchen, ist 15 und ist seit ein paar Jahren mit ihren Eltern Erschreckerin in der Eifel. "Erschrecken kann man nicht üben. Wenn man eine hohe Stimme hat, kann man gut schreien. Wenn man Spaß daran hat, dann kann fast jeder erschrecken", sagt sie.

"Erschrecken macht mehr Spaß, als erschreckt zu werden. Ich finde es einfach lustig, wenn die Leute sich erschrecken und auf die andere Seite springen."

Für die Schminke ist unter anderem Erschreckerin Rebecca zuständig. Sie hat sich das mit Internetvideos selbst beigebracht und nutzt Latex, Gelatine, Wachs und jede Menge Kunstblut: "Die Verwandlung vom Menschen zum Gruselwesen dauert zwischen 15 Minuten und drei Stunden."

Wege in völliger Dunkelheit

Clowns, wahlweise mit (echter?) Kettensäge oder Machete, Killerkaninchen, Menschen mit Schweinekopf, Affen, blutende Patienten kommen den ganzen restlichen Weg an mir vorbei, verfolgen mich, springen aus dem Feld auf mich zu. Obwohl ich nicht mehr schreien muss, gibt es kaum einen Moment der Ruhe.

Während ich längst die Orientierung verloren habe, müssen die Erschrecker ihre Wege genau kennen und sich zwischen Friedhof, Altar und Medizinzelt aufeinander abstimmen. "Wir schauen uns die Wege so gut es geht an. Irgendwann weiß man auswendig: So viele Schritte muss ich nach links gehen, so viele nach rechts. Dann kann man auch in völliger Dunkelheit hier durchgehen", sagt Guide Meyer.

Die Erschrecker müssen sich in der Dunkelheit und mit Masken vorm Gesicht fast blind im Labyrinth zurechtfinden. (Foto: Matthias Meyer)
Die Erschrecker müssen sich in der Dunkelheit und mit Masken vorm Gesicht fast blind im Labyrinth zurechtfinden.

Die Faszination des Erschreckens

Ich habe es geschafft und bin am Ausgang. Es ist tatsächlich die Unberechenbarkeit, die das Hanflabyrinth so gruselig macht: Man kennt den Weg nicht, hinter jeder Biegung kann plötzlich jemand stehen. Schaurige Figuren mit unterschiedlichen Utensilien springen zwischen den Pflanzen hervor, Geräusche sind von überall zu hören.

Die Erschrecker sehen gruselig aus, unter den Masken stecken aber Menschen wie du und ich. (Foto: Matthias Meyer)
Die Erschrecker sehen gruselig aus, unter den Masken stecken aber Menschen wie du und ich.

Was Sicherheit gibt und auch ein Grund ist, warum Menschen sich dieses Erlebnis antun: Im Hinterkopf weiß man immer, dass im Grunde nichts passieren kann. Die Erschrecker sind Menschen wie du und ich, die in den meisten Fällen selbst erschrecken würden, stünden sie an meiner Stelle.

"Ich hasse es, erschreckt zu werden, ich mag das selbst gar nicht. Wenn jemand von uns seine Position verlässt, um zum Beispiel etwas trinken zu gehen, und dann wiederkommt - dann erschrecken wir uns auch untereinander."

Am Ende lerne ich ein paar von ihnen kennen. Viele haben sich von selbst bei Matthias Meyer für das Projekt gemeldet. Es sind nette Menschen, die Spaß an ein bisschen Grusel und Erschrecken zu Halloween haben. Und die diesen Spaß in ihrer Freizeit auch an ihre Besucherinnen und Besucher weitergeben wollen.

"Wir wollen den Menschen Freude und Action bringen. Der Hauptspaß für den Erschrecker ist, wenn wir das Glitzern in den Augen der Menschen sehen. Oder dass die Leute sich wirklich so erschrecken, wie wir es geplant haben."