Eine Frau, die vor dem Landgericht Trier gegen die Sparkasse klagt, bekam Anfang des Jahres Post von der Sparkasse. 2001 hatte die Kundin zwei Prämiensparverträge abgeschlossen - 25 Jahre Laufzeit bis Ende 2026 waren vereinbart. Die Sparkasse Trier kündigte die Verträge aber bereits vorzeitig zum 31. Mai 2022.
Entscheidung des Trierer Gerichts im Oktober
Die Entscheidung darüber, ob das rechtens ist, wird das Landgericht Trier Ende Oktober verkünden. Ein vom Richter vorgeschlagener Vergleich ist am Mittwoch gescheitert, da die Anwälte der Sparkasse diesen ablehnten.
Außerdem sagte der Richter am Landgericht Trier am Mittwoch, dass unabhängig von seiner Entscheidung der Fall sicher in eine höhere Instanz gehen werde, möglicherweise bis zum Bundesgerichtshof. Der BGH hat schon Entscheidungen zu gekündigten Sparverträgen gefällt, allerdings waren die Klauseln im Vertrag anders als in dem jetzt verhandelten Fall.
8.000 Euro weniger Ersparnisse durch gekündigten Vertrag
Die Sparkasse Trier hatte in diesem Jahr mehr als 5.000 Prämiensparverträge vorzeitig gekündigt. Die betroffene Sparkassen-Kundin, die gegen die Bank klagt, hätte gerne noch vier weitere Jahre gespart, sagt ihr Anwalt Christian Burg.
Bis 2026 hätte sie dann eine Prämie von 8.000 Euro bekommen. Den Verlust wollte sie nicht einfach hinnehmen und klagte deshalb gegen die Sparkasse Trier.
Einige Sparkassen in Deutschland berufen sich bei den Kündigungen von Prämiensparverträgen auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2019. Demnach ist die Kündigung eines Prämiensparvertrages unter bestimmten Voraussetzungen rechtens, zum Beispiel, wenn diese Verträge eine unbegrenzte Laufzeit hatten. Doch es gibt viele Varianten von Prämiensparverträgen deutscher Sparkassen.
Die Tücke liegt im Kleingedruckten
Rechtsanwalt Christian Burg vertritt einige Kunden der Sparkasse Trier, die wegen ihrer gekündigten Prämiensparverträge vor Gericht klagen. Er hat sich die Verträge genau angesehen, jede einzelne Klausel durchgelesen und geprüft.
Nicht alle Verträge zum Prämienspraren sind gleich - hier sieht er eine Chance für die verärgerten Kunden. Das Urteil des Bundesgerichtshofs deckt nämlich nicht alle Formulierungen in den Varianten der Prämiensparverträge ab, sondern bezieht sich nur auf ein Modell.
Im Juli hat das Amtsgericht Trier bereits zwei Sparkassenkunden Recht gegeben, doch gegen das Urteil hat die Sparkasse Trier Berufung eingelegt. Abschließend entschieden ist noch nichts.
In dem Fall, der jetzt vor dem Landgericht Trier verhandelt wird, war vereinbart, dass die Kundin jedes Jahr eine höhere Summe an Sparguthaben einzahlt. Dafür sollte sie laut Vertrag jedes Jahr als Belohnung eine höhere Prämie bekommen. Zuletzt war es so, dass sie 250 Euro Prämie bekam, wenn sie 500 Euro Sparguthaben einzahlte, also 50 Prozent der Summe, die sie einzahlte, als Prämie dazu. Das wäre aus Sicht der Kundin noch vier weitere Jahre so gewesen.
Es ist ein dynamischer Vertrag, sagt ihr Anwalt. In diesem Detail sieht er eine Chance, vor Gericht gegen die Bank zu gewinnen. Die Entscheidung des BHG deckt das nämlich nicht ab, argumentiert er. Die Sparkasse habe in ihrem Vertrag mit seiner Mandantin ja eine klare Zusage gemacht, die über 25 Jahre laufe, mit einer ansteigenden Summe des Sparguthabens für jedes einzelne dieser 25 Jahre.
In ganz Deutschland haben Sparkassen in mehreren Bundesländern tausenden Kunden die Prämiensparverträge vorzeitig gekündigt. Es gab schon vor mehreren Jahren größere Kündigungswellen in Sachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen.
In Rheinland-Pfalz gab es das erst in diesem Jahr, vor allem bei der Sparkasse Trier, sagt eine Expertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Aber es gebe auch Kunden der Kreissparkassen Bitburg-Prüm und Rhein-Hunsrück, die wegen gekündigter Prämiensparverträge bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz Hilfe gesucht hätten und sich beraten ließen.
Es betrifft vor allem ältere Kunden, sagt Josephine Holzhäuser von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Das Vertrauen in ihre langjährige Hausbank sei zerstört, sagt die Referentin für Finanzdienstleistungen. Die Verbraucherzentrale bietet an, die gekündigten Prämiensparverträge zu überprüfen.
Es gibt viele verschiedene Modelle und Klauseln. Nicht alle sind mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2019 abgedeckt. Die Verbraucherzentrale bietet auch einen Musterbrief, um bei der Bank Widerspruch einzulegen.
Widersprüche der Kunden würden von vielen Banken erst einmal abgeschmettert, sagt Josephine Holzhäuser von der Verbraucherzentrale. Doch deshalb sollten Kunden, bei denen es um viel Geld geht, nicht einfach aufgeben, sondern sich von einem Anwalt beraten lassen.
Das Schreiben eines Anwalts habe bundesweit bei vielen Sparkassen zu einem Einlenken geführt, sagt die Referentin der Verbraucherzentrale. Es müsse nicht unbedingt zum Gerichtsverfahren kommen.
Vor Gericht müsse man als Sparkassenkunde einen langen Atem haben und vorher prüfen, ob die Rechtsschutzversicherung die Kosten trägt. Auch für Kunden, die wegen der Kosten den Gang zum Gericht scheuen, hat sie einen Tipp, der Geld wert sein kann: Sie sollten von ihrer Bank zumindest einen höheren Zinsabschlag fordern. Die Frist dafür laufe drei Jahre nach der Kündigung des Prämiensparvertrags ab.
In vielen Punkten der verschiedenen Prämiensparverträge sei vom BGH noch keine höchstrichterliche und abschließende Entscheidung gefallen, so die Expertin der Verbraucherzentrale. Die Sparkassen würden nach Prozessen an Amtsgerichten oder Landgerichten in der Regel Berufung einlegen.
Die Sparkassen argumentierten, der niedrige Leitzins der Europäischen Zentralbank sei ein Grund für die Kündigung der Prämiensparverträge. Sie seien dadurch in Bedrängnis geraten. Die Sparkasse Trier kündigte die Prämiensparverträge, kurz bevor die Zinsen erstmals seit langer Zeit wieder anstiegen.
Die Zeiten von Negativzinsen und niedrigen Zinsen sind aber vorbei, sagt Anwalt Christian Burg. Seine Kunden hätten sich geärgert, dass die Sparkasse Trier nur ein paar Wochen vor der Kündigung der Sparverträge ihre Gewinne veröffentlicht hätte. Aber gegenüber den Kunden argumentiere die Bank, sie müsse sparen.