Die Kyll ist dieser Tage sehr flach. Es hat seit Wochen nicht geregnet in der Eifel. Und nach dieser langen Durststrecke ist aus dem Fluss, der durch den Ort Kordel fließt, ein gerade einmal 60 Zentimeter hohes Bächlein geworden. Doch der Schein kann trügen. Denn das Wasser stand genau hier schon mal zehnmal Mal so hoch - bei der Flutkatastrophe 2021.

"Damals haben wir alles verloren, wirklich alles", sagt der Ortsbürgermeister Medard Roth. Rund 230 Häuser wurden überflutet. Der Schaden lag bei rund 60 Millionen Euro. Viel Geld für den kleinen Ort, etwas nördlich von Trier.

Gemeinde hat in Hochwasserschutz investiert
Seitdem weist Medard Roth immer wieder darauf hin, dass beim Hochwasserschutz an der Kyll mehr passieren muss: "Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Aber es wäre mir schon wichtig, dass wir auf die nächste Katastrophe besser vorbereitet sind."

Eine Gemeinde allein kann nicht viel tun. Denn in der Kyll sammelt sich ja all das Wasser, das über die kleinen Bäche herunter geht, die in den Fluss münden. Und die liegen zum Teil in der Zuständigkeit anderer Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise.
Die Kyll von der Quelle bis zur Mündung anschauen
Jahrzehntelang haben sich die Orte vor allem um den Hochwasserschutz vor der eigenen Haustür gekümmert, sagt die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (die Grünen): "Viele hat es nicht interessiert, wenn die Gemeinde etwas weiter unterhalb überschwemmt wird." Doch das soll sich ändern.
Auf der Festwiese in Kordel haben sich heute die Landräte aller Kreise entlang des Flusses getroffen und einen gemeinsamen Aktionsplan unterzeichnet. Noch in diesem Jahr wollen sich Fachleute das gesamte Einzugsgebiet der Kyll anschauen. Und das ist riesig: Der Fluss entspringt im Kronenburger See in Nordrhein-Westfalen und fließt dann 127 Kilometer durch die Eifel bis er bei Ehrang in die Mosel mündet.

Konzept soll in zwei bis drei Jahren stehen
An der Kooperation beteiligen sich die Stadt Trier, der Eifelkreis Bitburg-Prüm, der Vulkaneifelkreis und auch der Kreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen. Der Kreis Trier-Saarburg soll ein Konzept erarbeiten und Maßnahmen entwickeln, die allen Anliegern am Fluss zugutekommen sollen.
Letztlich kann ja etwa auch ein Regenauffangbecken in Gerolstein dafür sorgen, dass in Kordel weniger Wasser ankommt. Oder wie Stefan Metzdorf (SPD), der Landrat im Kreis Trier-Saarburg es ausdrückt: "Dem Fluss ist es egal, durch welchen Landkreis er gerade fließt." Zwei bis drei Jahre dürfte es nun dauern, das Konzept zu entwickeln, sagt Metzdorf: "Das heute war aber jetzt der Startschuss und schon mal ein wichtiger erster Schritt."

Eder: "Kommunen hatten Vorbehalte gegen Zusammenarbeit"
So sieht es auch der Kordeler Ortsbürgermeister Medard Roth: "In vier Jahren hab ich natürlich schon viel erlebt und bin bei Versprechungen immer vorsichtig. Aber der Wille ist erkennbar und das ist schon mal gut."
"Dass die Kommunen sich überhaupt zusammenschließen, ist keine Selbstverständlichkeit", findet Umweltministerin Eder. Die Erkenntnis, dass auch ein Eifel-Dorf keine Insel ist, habe sich erst nach der Flutkatastrophe durchgesetzt. "Wie so oft musste etwas passieren, damit man ins Handeln kommt", sagt Eder. Umso mehr freue es sie nun, dass die Kooperation an der Kyll zustande gekommen ist.
Eine ähnliche Vereinbarung gibt es zum Beispiel an der Ahr und an der Salm. Und auch an der Nette und dem Nitzbach sind laut Eder Zusammenschlüsse geplant. Für die Kommunen zahlt sich das auch finanziell aus. Der Aktionsplan für die Kyll soll rund eine halbe Million Euro kosten. 90 Prozent übernimmt das Land.