Ein demenzkranker Mann ist von seinem Sohn nach einem Sturz mit schweren Verletzungen misshandelt worden (Foto: IMAGO, Panthermedia)

Angeklagter bestreitet Vorwürfe

Prozess in Trier: Sohn soll demenzkranken Vater misshandelt haben

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Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier (Foto: SWR)

Ein 48-Jähriger soll seinen demenzkranken Vater über mehrere Tage gequält haben. Zum Prozessauftakt hatte der Mann aus der Verbandsgemeinde Ruwer die Vorwürfe bestritten.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann aus der Verbandsgemeinde Ruwer (Kreis Trier-Saarburg) vor, dass er seinen Vater nach einem schweren Sturz nicht ins Krankenhaus gebracht habe. Der 84-Jährige hatte sich dabei einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen.

Angeklagter wollte keinen Rettungswagen rufen

Sein Sohn habe allerdings keine Hilfe gerufen. Eine Pflegekraft, die sich um den demenz- und parkinsonkranken Vater kümmerte, habe er bedroht, als sie versuchte, einen Notruf abzusetzen, so die Staatsanwaltschaft. Damit seien die Misshandlungen aber noch nicht zu Ende gewesen.

Ein demenzkranker Mann ist von seinem Sohn nach einem Sturz mit schweren Verletzungen misshandelt worden. (Foto: SWR, Christian Altmayer)
Der 48-jährige bestritt, seinen Vater gequält zu haben. Seine Geschwister berichteten allerdings von Gewalt gegen die Eltern. Sie sagten als Zeugen im Prozess aus. Christian Altmayer

Vater mit Hundeleine gefesselt

Wenige Tage später habe der Sohn den Vater mit einer Hundeleine an einen Sessel gefesselt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der verletzte Mann sich dadurch gar nicht mehr bewegen konnte. Erst als eine Pflegekraft sich vehement für den Verletzten eingesetzt habe, sei der Sohn noch am selben Tag bereit gewesen, einen Krankenwagen zu rufen.

Der 48-Jährige schilderte den Tag hingegen ganz anders. In seiner Erzählung war er es, der der Pflegekraft auftrug, einen Arzt zu konsultieren. Von den schweren Verletzungen sei nichts erkennbar gewesen. Überhaupt kümmere er sich als einziges der drei Kinder um seine Eltern: "Und dafür hat mir bis heute keiner gedankt."

Geschwister berichten über mehr Gewalt

Die zwei Geschwister des Angeklagten zeichneten aber ein anderes Bild der Situation. Sie sagten vor Gericht aus, dass es im Elternhaus mehrfach zu Übergriffen und Polizeieinsätzen gekommen sei.

So habe ihr Bruder zuvor bereits seine Mutter gewürgt und seinen Vater geschlagen. Laut Staatsanwaltschaft ist er bereits wegen schwerer Körperverletzung vorbestraft. Aus Angst vor dem Sohn hätten sich die Eltern häufig im Schlafzimmer eingesperrt, Bruder und Schwester seien kaum noch zu Besuch bekommen. Was für alle sehr belastend gewesen sei.

"Wissen Sie, wie schlimm das ist, wenn man Angst hat, das eigene Elternhaus zu betreten? Weil man nie weiß, wie der Bruder drauf ist."

Angeklagter soll alkoholkrank sein

"Es braucht nur einen Funken, dann rastet er aus", sagte die Schwester vor Gericht. Vor allem, wenn er trinke, verliere er die Kontrolle. Auch gegenüber ihr sei er gewalttätig geworden. Habe ihr 2002 eine metallerne Teekanne auf den Kopf geschlagen: "Das Zusammenleben war immer von Gewalt geprägt."

Laut Staatsanwaltschaft ist der Angeklagte alkoholabhängig. Er allerdings bestritt auch dies vor Gericht. Er habe kein Problem, trinke nur gelegentlich ein Feierabendbier. Auch seine Mutter und seine Freundin wollten vor Gericht nichts Schlechtes über ihn sagen. Von Streit und Gewalt hätten sie nichts mitbekommen.

Pflegekraft wird mit Dolmetscher befragt

Eine wichtige Zeugin konnte am Montag allerdings nicht aussagen: die Pflegekraft des demenzkranken Vaters spricht kein perfektes Deutsch. Die Richterin wollte sie daher lieber mit Unterstützung eines französischen Dolmetschers befragen.

Das Urteil im Prozess soll daher auch erst am 6. Januar fallen. Dann erst dann steht ein Dolmetscher zur Verfügung. Neben der Pflegekraft soll auch ihr Sohn geladen werden, der ebenfalls im Haushalt der Familie mithilft. Das Gericht will zudem mit der Polizei in Kontakt treten, ob es dort Einsätze gab.

Mann stirbt zwei Wochen später im Krankenhaus

Der 84-jährige Vater des Angeklagten starb zwei Wochen, nachdem er ins Krankenhaus gekommen war, an den Folgen einer Lungenentzündung. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft konnte ein medizinisches Gutachten einen Zusammenhang zwischen den Verletzungen und der Lungenentzündung ausschließen. 

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