Die Herbstferien sind da. Und Jennifer Schwaab (* Name von der Redaktion geändert) hat ihren Sohn für zwei Wochen zuhause. Doch schon vor den Ferien war er nicht jeden Tag in der Grundschule. Denn immer wieder ist sein Unterricht ausgefallen. Seit eine Lehrerin der Dorfschule an der Mosel schwanger geworden ist, wechseln sich die Kollegen in der zweiten Klasse ab.
Donnerstags gibt es gar keinen Unterricht. Da machen die Kinder Arbeitsblätter. "Es ist eine Notlösung", sagt Schwaab. Wenn jemand aus dem Kollegium krank wird, hilft eine Studentin aus. Wenn die nicht kann, müssen die Schüler heim oder in Notbetreuung.
Eltern fordern 7.000 neue Lehrer
Was die Mutter schildert, ist nach Angaben des Landeselternbeirates an rheinland-pfälzischen Schulen Alltag. Gegenüber dem SWR haben Eltern und Lehrer aus Klüsserath, Leiwen, Föhren und Bitburg ganz Ähnliches berichtet. "Allein in der Region Trier fehlen derzeit rund 600 Lehrer, vor allem an Grund- und Förderschulen", sagt Regionalelternsprecher Reiner Schladweiler.
Schladweiler hat daher eine Petition gestartet, die rund 13.000 Menschen unterschrieben haben. Die Forderung: Die Landesregierung soll 7.000 Lehrer einstellen und zwei Milliarden Euro in das Bildungssystem investieren. Den Oppositionsparteien CDU und Freie Wähler haben die Eltern die Unterschriftenliste bereits überreicht. Am 4. November ist zudem eine Demonstration in Mainz geplant.
Lehrerverband sagt: Wir müssen gegensteuern
Doch nicht nur die Eltern schlagen Alarm. Auch die Lehrer seien am Limit, sagt Oliver Pick vom Verband "Bildung und Erziehung". Als Leiter der Grundschule in Idesheim (Eifelkreis Bitburg-Prüm) kennt er den Personalmangel.
An vielen Schulen, sagt er, seien inzwischen nicht nur Studenten im Einsatz, sondern anderes fachfremdes Personal. Reiner Schladweiler erzählt auch von Vätern und Müttern mit Studienabschluss, die mancherorts für Lehrer einspringen.
Alle Planstellen im Land sind besetzt
Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier kann diesen Eindruck nicht bestätigen. Auf SWR-Anfrage erklärt die zuständige Landesbehörde: Das Land habe es "in den zurückliegenden Schuljahren immer geschafft, alle Planstellen mit ausgebildeten Lehrkräften zu besetzen".
Für Oliver Pick ist diese Aussage allerdings "Hohn und Augenwischerei". Denn einerseits sei die Zahl der Planstellen zu niedrig angesetzt. Und andererseits rechne das Land nicht ein, wer wegen Krankheit, Elternzeit oder Mutterschutz ausfalle.
280 Lehrerinnen im Mutterschutz
Über den aktuellen Krankenstand gibt es bei der ADD nach eigenen Angaben noch keine Zahlen. Diese würden erst im März erhoben. Wegen Schwangerschaft fielen derzeit etwa 280 Lehrerinnen aus.
Eine von ihnen ist die Klassenlehrerin aus dem Moselort, in dem die Familie Schwaab wohnt. "Bis zum Ende der Herbstferien wollen sie einen neuen Lehrer einstellen", sagt Jennifer Schwaab. Viel Hoffnung, dass die Schule jemanden findet, hat die Mutter allerdings nicht: "Das Personal fehlt ja überall. Wo soll da ein neuer Lehrer herkommen?"