Beim Aktionstag "Landwirt für einen Tag“ wird Gästen die moderne Landwirtschaft gezeigt. (Foto: SWR, Silja Friedrich)

Landluft, Kuhmist und Vorurteile

Landwirtin für einen Tag in der Eifel: Von der Tastatur an die Mistgabel

Stand

Einmal raus aus dem Büro und mit anpacken auf einem Bauernhof. Die Aktion "Landwirt für einen Tag" soll helfen, Vorurteile gegenüber Landwirtschaft wie in der Eifel abzubauen.

Es ist morgens um 8 Uhr, als ein grüner Wagen an der Hofeinfahrt in Sellerich hält. Kathrin Schmitt und ihre Kinder steigen aus. "Hier stinkt's nach Kuhkacke", meint ihr Sohn Kenzo.

Hofhund Charly und Landwirtin Agnes Steils begrüßen die Familie. Familie Steils hat sich als einziger Hof aus der Region Trier für den Aktionstag "Landwirt für einen Tag" bereit erklärt, Gästen ihre Landwirtschaft zu zeigen. Aber: Kathrin Schmitt war auch die einzige Bewerberin.

Landluft schnuppern

Die Frauen begrüßen sich. Beim Smalltalk erfährt Kathrin , dass mehr als 200 Milchkühe auf dem Hof sind. Sie schaut sich um, sieht die vielen Stallungen. Sie reden über die Natur und die Landluft. "Das ist keine Landluft, das ist Kuhkacka" meldet sich ihr Sohn Kenzo erneut. Inzwischen ist auch Bauer Michael Steils eingetroffen. Er ist schon seit Stunden auf den Beinen. Am Vortag hat er noch bis 23 Uhr gearbeitet. Er wollte sich Zeit für den Aktionstag freihalten.

"Wenn wir Silo fahren, ist es zu laut. Wenn wir Gülle fahren, stinkt es,….die Vorurteile sind da."

Motivation, beim Aktionstag mitzumachen

Landwirt Michael und Bürokraft Kathrin sind neugierig. Was hat den anderen dazu bewegt, an dieser Aktion teilzunehmen? "Wenn wir Silo fahren, ist es zu laut. Wenn wir Gülle fahren, stinkt es ... die Vorurteile sind da."

Michael wirkt etwas resigniert. Er findet, dass die Landwirtschaft für alles verantwortlich gemacht wird. Deswegen macht er mit beim Aktionstag, er ist stolz auf seine Arbeit. Kathrin bestätigt indirekt seine Aussage. Einer ihrer Gründe war der mediale Eindruck von engen Ställen und Massentierhaltung, den sie immer wieder vermittelt bekommt. Zudem möchte sie sich darüber informieren, wie sich die Landwirtschaft seit ihrer Kindheit verändert hat.

"Sie hatten Angst, hier gibt’s nichts zu essen. Hier gäbe es weit und breit einfach nix, kein Internet, Strom oder Wasser."  

In der Stadt groß geworden, hat Kathrin Schmitt in den Ferien ihre Oma in einem Dorf am Nürburgring besucht. Sie kann sich noch gut an die Zeit erinnern, in der sie geholfen hat, die Kühe zur Weide zu treiben. Und abends mit einem Milchkännchen zum Bauern zu gehen, um frische Milch zu besorgen.

Ihre Kinder Kenzo und Kataleya hatten bisher noch keinerlei Kontakt zum Landleben. Sie haben, im Gegenteil, sehr abenteuerliche Vorstellungen vom Landleben. "Sie hatten Angst, hier gibt’s nichts zu essen. Hier gäbe es weit und breit einfach nix, kein Internet, Strom oder Wasser."

Gerade ist Melkzeit. Zwei Mal am Tag werden die 240 Kühe des Bauern am modernen Melkstand gemolken. Kathrin und ihre Kinder folgen durch ein Gatter, ein paar Treppenstufen hinab und stehen mittendrin. "Die sind aber riesengroß" schreit Kenzo. Die Familie steht in einem engen Gang. Überall stehen Kühe - der Hintern mit dem Euter Richtung Gang. Es ist laut, die Melkmaschine und der dazugehörige Kompressor machen Lärm. Eins - zwei - drei - vier, routiniert bringen Bauer Michael und sein Arbeiter Manfred die Saugnäpfe an den Eutern an. Wie im Akkord geht es hier zu.

Beeindruckt vom Melkstand

40 Kühe stehen gleichzeitig in der Anlage, da ist schnelles Arbeiten wichtig. Mit großen Augen sehen Kathrin und die Kinder zu, weichen erst in die eine, dann in die andere Richtung aus. Da der Gang ungefähr einen Meter unterhalb der Kuhebene ist, wirkt alles noch viel größer.

Es ist laut und es riecht nach Kuhmist. "Die sind riesig", schreit der sechsjährige Kenzo. Seine Schwester Kataleya schaut umher. Und dann passiert es. Eine Kuh setzt einen Fladen ab. Kuhkacke ist relativ dünnflüssig und spritzt. Und schon bekommen alle drei Besucher einen ersten Eindruck vom Alltag eines Landwirtes. Kataleya sind die Spritzer im Gesicht gelandet. Alle lachen darüber.

Die erste Runde Kühe ist fertig, sie werden aus dem Stand getrieben. Genau in den Weg, den man nach draußen geht. Dann wird der grobe Schmutz mit Wasser weggespült und die nächsten Kühe treten in den Stand. Zuerst werden die Euter gesäubert, dann geht auch hier das Melken los.

Familie Schmitt hat zuerst einmal genug gesehen und gehört. Die drei verlassen den Stand und treffen sich mit Michael auf dem Hof. Dessen Sohn David ist auch gerade eingetroffen. Mit seinen acht Jahren ist er nur minimal älter als die beiden Stadtkinder. Insgesamt sind auf dem Hof fast 240 Milchkühe und 200 Tiere Jungvieh zu versorgen. Michael und sein Mitarbeiter kümmern sich um die größeren Tiere, Agnes um die Kälber.

Kälbchen mit Milch versorgen

"Die sind wie Kinder, da musst Du ständig gucken. Manchmal ist auch eins krank", sagt Agnes Steils. Sie kam vor 18 Jahren auf den Hof. Agnes erzählt Kathrin von ihrer Angst vor großen Tieren, die sie ursprünglich hatte. Das haben auch die Tiere gemerkt. Ihr erster Besuch bei dem Hofpferd endete mit einem blauen Fleck. Das Pferd hatte ihr einfach in den Hintern gebissen. Inzwischen ist sie routiniert. Agnes hat einen Milchbehälter mit gewärmter Milch. Sie lässt Kathrin Schmitt diesen an die Kälberboxen fahren.

Der Landwirt führt Besucherinnen und Besucher in alle Bereiche des Hofes. (Foto: SWR, Silja Friedrich)
Der Landwirt führt Besucherinnen und Besucher in alle Bereiche des Hofes.

Bullenkälbchen bleiben länger als früher auf dem Hof

Noch etwas zögerlich fährt diese von Box zu Box und befüllt die Eimer. Die weiblichen Kälber bleiben alle als Nachzucht auf dem Hof, die Bullenkälbchen müssen inzwischen vier Wochen aufgezogen werden, bevor sie verkauft werden dürfen. Der neue Kälberstand ist erst im Winter fertig geworden und hat 30.000 Euro gekostet. Zudem kostet auch die längere Verweildauer. Bei ungefähr 120-140 Euro, die der Bauer derzeit für ein Bullenkälbchen erhält, legt er drauf. Auch ist der Milchpreis dieses Jahr enorm gefallen. Eine kostendeckende Arbeit sei derzeit nicht möglich.

Frühstück aus "eigener Produktion"

Kathrin und Agnes haben inzwischen alle Kälber versorgt, der Melkstand ist gereinigt. Zeit für ein Frühstück. Kathrin und ihre Kinder haben auch Hunger, schließlich mussten sie vor 7 Uhr in Trier losfahren. Gemütlich sitzen beide Familien am Esstisch. Fast alles auf dem Tisch ist aus der hauseigenen Milch produziert. Butter, Käse und Joghurt fehlen ebenso wenig wie Kaffee in Plastikbechern einer bekannten amerikanischen Kette in allen Varianten. Auch eine Milchtüte mit dem Aufdruck einer Großmolkerei ist auf dem Tisch. Die Markenmilch erinnert an vergangene Zeiten.

Futter verteilen im Kuhstall

Gestärkt geht es danach weiter. Michael zeigt Kathrin, wie man mit der Mistgabel das Futter verteilt. Es sieht ganz leicht aus. Ist es aber nicht. Die Silage ist feucht und mit den anderen Zutaten ganz schön schwer. Kathrin kommt an ihre Grenzen. Dann verteilt sie doch lieber noch einmal Stroh an die Kälber. Und wie sieht Michael die Hilfskraft für einen Tag? Er ist angenehm überrascht. Kathrin sei sehr interessiert und habe auch ein anderes Verständnis für die Landwirtschaft bekommen. Für Kathrin ist das Resumee einfacher. Sie und ihre Kinder sind "Dreckig, aber glücklich."

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