Die Kirche in Heimbach (Kreis Birkenfeld) wird geschlossen (Foto: SWR)

Eine Kirchengemeinde steht vor dem Aus

Kirche geschlossen - Heimbacher fassungslos

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AUTOR/IN
Jana Hausmann

Jahrelang hatten die Heimbacher um ihre Kirche gekämpft. Seit Anfang des Jahres ist sie geschlossen. Wie es jetzt weiter geht in der Kirchengemeinde, darüber herrscht Ratlosigkeit.

Sie war viele Jahre der Stolz der Heimbacher. Die Kirche "Zu Ehren der heiligen Schutzengel und des heiligen Petrus Canisius". Als vor fast 100 Jahren, im Juni 1925, der Grundstein gelegt wurde, kamen hunderte Katholiken, um den Bau zu feiern. An der Baustelle der Kirche halfen viele Ehrenamtliche mit, es war ein echtes Gemeinschaftsprojekt. Schon im Oktober 1926 konnte sie eingeweiht werden.

Die Kirche in Heimbach (Kreis Birkenfeld) wird geschlossen (Foto: SWR)
Anfang des Jahres wurde die Heimbacher Kirche nach einem Gottesdienst geschlossen.

Kirche im Ortskern Heimbachs

Das große pfirsisch-farbene Gebäude steht im Ortskern, etwas erhöht, umrahmt von Wohnhäusern. Auf einem Aufsteller steht in dicken Buchstaben "Kirche geschlossen". Das Schild mahnt, Abstand zu halten, weil Gefahr durch herabstürzende Dachteile drohe. Die große braune Holztür, die einst für die Gottesdienstbesucher offenstand, ist nun fest verschlossen. Die Kirche wirkt verlassen.

Kirchendach stark sanierungsbedürftig

Doch wie kam es dazu? Das Kirchengebäude ist seit Jahren sanierungsbedürftig, erzählt Sabrina Grammes. Sie war jahrelang Vorsitzende im Kirchengemeinderat und hat sich unzählige Stunden für die Kirchengemeinde und die Erhaltung der Kirche engagiert. Dass Reparaturen dringend nötig wären, sei bekannt gewesen. Vor allem das Dach benötige dringend eine Generalsanierung.

Die Kirchengemeinde habe daraufhin bereits 2014 einen Antrag beim Bistum Trier gestellt und darin um Zuschüsse für die Dachsanierung gebeten. Damals ging man von Kosten in Höhe von etwa 360.000 Euro aus. Doch passiert sei nichts. Der Antrag sei immer wieder verschoben worden, man habe die Gemeinde vertröstet und hingehalten, sagt Grammes.

Unterstützung der Heimbacher

Doch die Heimbacher schöpften Hoffung. Denn das Bistum habe im Ort eine sogenannte Gemeindeberatung durchgeführt, berichtet die Heimbacherin. In Gemeindeversammlungen sei dann die Öffentlichkeit über den Zustand der Kirche informiert worden. Gemeinsam wollte man dort nach Lösungen suchen, um das Gebäude zu sanieren und somit für die Zukunft zu sichern. Vorallem galt es aber Helfer zu finden, die das Vorhaben unterstützten.

Die Idee habe funktioniert. Es hätte sich verschiedene Arbeitsgruppen gegründet. Unter anderem ein paar Leute, die regelmäßig von Haus zu Haus gingen, um Spenden für die Kirchensanierung zu sammeln.

Spenden für Dachsanierung

Eine eigens gegründete Eventgruppe habe Veranstaltungen wie Literaturfrühstücke, Konzerte und Kinoabende in der Kirche organisiert. Die Einnahmen der Events seien auf ein Spendenkonto eingezahlt worden. Mit dem Geld wollte man dem Bistum zeigen, dass die Gemeinde ihren Beitrag leistet, um die Kirche zu erhalten, so Grammes.

"Da hat jeder Hoffnung geschöpft, aber das ist mit der Zeit auch abgeflaut, weil einfach nichts passiert ist."

Helfer entmutigt

Doch der Aufwand schien umsonst, denn die Sanierung sei weiter ausgeblieben. Die Leute, die sich für die Kirche eingesetzt hatten, wurden immer frustrierter, sagt Grammes. Nach und nach sei das Gefühl entstanden, dass sich das Bistum nicht für die Belange der Heimbacher interessiere.

Die Kirche in Heimbach (Kreis Birkenfeld) wird geschlossen (Foto: SWR)
Am 7. Marz 2021 fand in der Heimbacher Kirche der letzte Gottesdienst statt.

Der Antrag auf Dachsanierung sei unterdessen immer wieder verschoben und 2018 schließlich ganz abgelehnt worden. Seitdem habe man sich mit kleinen Ausbesserungsarbeiten über Wasser gehalten. Doch der erste große Schock folgte: Der Turm der Kirche durfte wegen bautechnischer Mängel nicht mehr betreten werden – die Folge: Die Glockenanlage wurde abgeschaltet.

"Das fehlende Glockenläuten war schon ein großer Einschnitt."

Anfang dieses Jahres sollte das Schicksal der Heimbacher Pfarrkirche dann ganz besiegelt werden. Es trat das ein, was viele Heimbacher gefürchtet hatten. Laut eines Gutachtens waren die bautechnischen Mängel in der Kirche so groß, dass es zu gefährlich sei, sie offenzulassen, erzählt Sabrina Grammes.

Der letzte Gottesdienst

In einem Gottesdienst Anfang März erfuhren die Heimbacher, dass das Gebäude deshalb geschlossen werden muss. Es sollte die letzte Messe sein, die sie in ihrer Kirche feiern konnten. Von da an durften sie die Kirche nicht mehr betreten. Die Ehrenamtlichen, die sich jahrelang für die Kirche engagiert hatten, mussten ihre Schlüssel abgeben. Der Schock sitzt immer noch tief.

"Eine solche Nachricht im Gottesdienst - Das ist ein Schlag, den man erst mal verkraften muss."

Kirchenschließung mit Folgen

Die Nachricht ging wie eine Welle durch den Ort. Die Entscheidung sorgte für Unverständnis. Selbst Leute, die nicht in der Kirchengemeinde aktiv waren, seien entsetzt forderten eine Lösung, um die Kirche zu erhalten, sagt Sabrina Grammes.

Denn es gibt noch ein weiteres Problem. Mit der Kirche wurde auch das angrenzende Gebäude geschlossen, in denen Räume für die Gemeinde zur Verfügung standen. Die Folge: Die Senioren hätten keinen Ort mehr für ihre Senioren-und Bingonachmittage, Turn und Schulschachgruppe stünden auf der Straße, es gebe keinen Platz mehr für die Feste, die normalerweise im Pfarrsaal gefeiert werden würden.

Ortschef will Kirche erhalten

Heimbachs Ortsbürgermeister Jürgen Saar ist sich sicher: Hätte das Bistum eher reagiert und die Gemeinde bei der Sanierung des Dachs frühzeitig unterstützt, wäre es nicht soweit gekommen. Durch das jahrelange Warten sei der Schaden in der Kirche immer größer geworden. Er fordert trotzdem, dass die Kirche erhalten bleibt und dass das Bistum Trier die Gemeinde dabei auch finanziell unterstützt. Er ist überzeugt davon, dass man das gemeinsam schaffen könnte.

"Es liegt uns schon am Herzen, dass die Kirche im Dorf bleibt."

Kritik an Bistum Trier

Dennoch kritisiert er, wie sich das Bistum in dieser Angelegenheit  - wie er selbst sagt  - aus der Affäre gezogen hat und die Gemeinde jahrelang hingehalten habe, bis alles zu spät gewesen sei.

Der Ortschef hofft jetzt auf einen runden Tisch mit den Verantwortlichen des Bistums. Sein Ziel: Ein Konzept und eine Machbarkeitsstudie, wie das Kirchengebäude von der Kirchengemeinde in irgendeiner Art und Weise weiter genutzt werden kann. Wenn es einen Weg gebe, werde die Ortsgemeinde helfen, wo sie kann. Hauptsache, es gehe irgendwie weiter, sagt Saar.

Es fehlte an genügend Ehrenamtlichen

Für Sabrina Grammes ist unterdessen klar, dass es viele Gründe gab, die zu der jetzigen Situation geführten haben. Neben fehlender Unterstützung des Bistums habe es eben auch an genügend Ehrenamtlichen gefehlt, die sich für die Sache einsetzten. Denn das Interesse an der Kirchenarbeit sei in den vergangenen Jahren zurückgegangen, es habe immer mehr an Aktiven gefehlt, die mitwirken und Verantwortung übernehmen wollten.

"Jetzt hört man viele, die sagen, dass die Kirche erhalten bleiben soll, aber wenn man ehrlich ist, haben wir damals nicht mal einen kompletten Kirchengemeinderat zustande bekommen."

"Das Kirchenleben hier in Heimbach hätte aktiver sein müssen."

Eng mit der Kirche verbunden

Sie sieht traurig aus, als sie auf das geschlossene Kirchengebäude blickt. Kein Wunder, auch sie hat hier viele schöne Stunden verbracht. Sie erzählt von den Gottesdiensten und den Festen, die sie und ihre Familie dort gefeiert hätten. Gerade für die ältere Generation habe sie aber versucht, das Gebäude zu retten, weil sie wüsste, was ihnen die Kirche bedeute.

"Mein Wunsch wäre, dass jemand eine Million hat und sagt, komm, ich nehme sie. Aber das ist Wunschdenken."

Ort für Zuflucht und Gemeinschaft gesucht

Sabrina Grammes sieht die Sache trotz aller Emotionen mittlerweile realistisch. Sie sagt, rein wirtschaftlich sei das Bistum nicht verpflichtet, der Kirchengemeinde Heimbach Zuschüsse zu zahlen. Sie denkt deshalb, auch wenn es ihr schwerfällt, dass egal welche Aktionen noch gestartet werden, die Zukunft der Kirche bereits besiegelt ist.

„Natürlich blutet mir das Herz, wenn ich daran denke, dass die irgendwann nicht mehr da sein sollte, aber dann muss ich irgendwo Hoffnung finden und denken, irgendwo muss was Neues entstehen, an dem das Ganze wieder gelebt werden kann, an dem vielleicht jeder seinen Glauben leben kann.“

Vom Bistum enttäuscht

Die Heimbacherin hat mittlerweile alle Ehrenämter niedergelegt, zu groß waren der Frust und die Enttäuschung, die sie in den vergangenen Jahren erlebt habe. Sie hätte sich mehr Unterstützung vom Bistum gewünscht und dass die Verantwortlichen eher und klarer kommuniziert hätten, dass es für das Kirchengebäude keine Zukunft gibt. Dann hätte sie nicht - wie sie selbst sagt – „versucht, ein totes Gebäude am Leben zu halten“, sondern eher Kraft und Zeit investiert, um einen Weg zu finden, wie es weitergehen kann, auch ohne Kirche.

"Man kann solche Dinge nicht nur auf dem Ehrenamt austragen."

"Ich finde, da ziehen sich auch die Pfarrer zu viel aus der Verantwortung und irgendjemand muss sich da ja mal drum kümmern", sagt Sabrina Grammes.

Profanierungsprozess eingeleitet

Wie die Zukunft aussieht, ist ungewiss. Zwar hoffen viele Heimbacher immer noch, dass sie ihre Kirche nicht verlieren, doch es sieht so aus, als das eine Geschichte ist, in der das Happy End ausbleibt.

Weil es weiterhin an Geld fehle und es damit keine Möglichkeit gebe die Kirche so zu sanieren, dass sie wieder öffnen darf, hat der Kirchengemeinderat Heimbach im März 2021 beschlossen, die Kirche zu schließen und Bischof Dr. Stephan Ackermann um eine Profanierung zu bitten.

Nach Angaben des Bistums ist die Kirche nach Abschluss des Profanierungsprozesses und mit der Verlesung der Profanierungsurkunde entweiht. Wie eine Sprecherin des Bistums auf SWR-Anfrage mitteilte, steht dafür noch kein Termin fest.

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Derzeit wird ein Käufer für die Schutzengelkirche in Heimbach gesucht.

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