Hermann Gerhardt, der Leiter des Kreisarchivs, ist einer der wenigen Menschen, die noch hinabsteigen in den früheren Atomschutzbunker in Wittlich. Denn das Archiv lagert hier noch Akten.  (Foto: SWR)

Zivilschutz in Kriegszeiten

Warum es in der Region Trier keine einsatzfähigen Bunker mehr gibt

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Christian Altmayer

Im Falle eines Krieges wie in der Ukraine gäbe es zwar noch einige Bunker in der Region Trier. Schutz vor Atomwaffen bieten sie aber keinen mehr, wie ein Besuch in Wittlich zeigt.

Ein leises Brummen ist zu hören, als Leo Raskob die schwere Metalltür aufschiebt. Dahinter wartet ein Labyrinth aus Betongängen, das hier, unter der Kurfürst-Balduin-Realschule in Wittlich, wohl niemand vermuten würde.

Raskob kennt den alten Atomschutzbunker schon lange und wohl wie kein Zweiter. Denn der Hausverwalter der Schule hat seit Jahren einen Schlüssel für die Schutzräume, die sonst der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Und von denen auch kaum jemand weiß.

Atomschutzbunker stammen aus dem Kalten Krieg

Eingerichtet wurde der Bunker in den frühen Sechziger Jahren. Es war die Zeit des Kalten Krieges, als die Gefahr eines nuklearen Angriffs so groß schien wie nie zuvor. "Und da dachte man wohl, dass eine Schule eine gute Tarnung für einen Bunker wäre", sagt Raskob.

Neue Gefahr durch Krieg in der Ukraine

Nun sitzt in Moskau wieder ein Mann, der dem Westen mit Atomwaffen droht. Der frühere Atomschutzbunker in Wittlich würde in einem solchen, wohl unwahrscheinlichen, Ernstfall aber nicht viel nützen.

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Denn wie alle früheren Zivilschutzbunker wurde auch die Anlage in Wittlich bereits 2007 aufgegeben. "Damals beschlossen Bund und Länder gemeinsam, öffentliche Schutzräume nicht weiter zu erhalten", heißt es vom zuständigen Bundesamt für Katastrophenschutz: "Denn mit dem Ende des Ost-West-Konflikts schien das Szenario eines Krieges mit Bombardierungen und dem Einsatz chemischer und nuklearer Waffen nicht mehr zeitgemäß."

Der Hochbunker Augustinerhof in Trier. Erbaut wurde er in den Kriegsjahren 1941 - 1943.  (Foto: SWR)
Der Hochbunker am Trierer Augustinerhof stammt aus dem Zweiten Weltkrieg. Er wurde aber auch im Kalten Krieg als Meldezentrum genutzt. Später war darin das Requisitenlager des Theaters untergebracht.

Keine Bunker mehr in der Region Trier

Die Folge war, dass alle Schutzräume in der Region Trier entweder abgerissen oder umgewidmet wurden, wie auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier bestätigt. Viele Anlagen wurden zu Tiefgaragen umgebaut. Etwa der Bunker an der Trierer Basilika, der heute ein Parkhaus ist.

Einfahrt zum Parkhaus an der Basilika in Trier.  (Foto: SWR)
Das Parkhaus an der Trierer Basilika war früher ein Atomschutzbunker.

Ein weiteres Beispiel ist der Bunker im Keller des früheren französischen Militärhospitals auf dem Trierer Petrisberg. Das Gebäude dient inzwischen als Campus II der Universität. Und im Keller werden jetzt Kunstausstellungen gezeigt.

Den Bunker am Bitburger Postplatz hat man abgerissen. Und auch die Not-Klinik unterhalb der Friedrich-Spee-Realschule in Neumagen-Dhron wurde laut Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich abgebaut.

Früher Krankenhaus-heute Kreisarchiv

Früher gab es auch im Atomschutzbunker Wittlich ein voll eingerichtetes Krankenhaus mit rund 300 Betten und Operationsräumen, erinnert sich Hausmeister Raskob. Medikamente, Lebensmittel, Diesel- und Öltanks sowie Notstromaggregate hatten Katastrophenschützer hier deponiert.

Der frühere Atomschutzbunker in Wittlich liegt unter der Kurfürst-Balduin-Realschule in Wittlich. Die meisten Räume sind leer, in manchen lagert das Kreisarchiv noch Akten.  (Foto: SWR)
Normalerweise darf niemand in die früheren Schutzräume hinein. Bild in Detailansicht öffnen
Die meisten Räume unterhalb der Realschule sind leer. Früher war hier ein Not-Krankenhaus eingerichtet. Bild in Detailansicht öffnen
Hinter dicken Schutztüren liegt der Atomschutzbunker verborgen. Bild in Detailansicht öffnen

Übrig ist von diesen Anlagen und Reserven allerdings nichts mehr. Lediglich ein paar Jahrbücher und Akten des Kreisarchivs Bernkastel-Wittlich lagern heute in den sonst leeren Räumen unter der Realschule.

Keine Pläne für Reaktivierung des Bunkers

Neben Hausmeister Leo Raskob ist daher Hermann Gerhardt, der Leiter des Archivs, einer der wenigen, die die Treppen zum Bunker ab und an noch hinuntersteigen. Auch er sagt, dass die Anlage einem Krieg heute nicht mehr standhalten würde.

"In diesem Zustand und nach all den Jahren wäre das sicher nicht umsetzbar."

Pläne zur Reaktivierung des Bunkers gebe es daher keine. Und so werden Raskob und Gerhardt wohl weiterhin die einzigen bleiben, die dieses unterirdische Reich unter der Wittlicher Realschule betreten werden.

Mehr zu diesem Thema auch im SWR-Politikmagazin "Zur Sache Rheinland-Pfalz" ab 20:15 Uhr im SWR-Fernsehen.

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Christian Altmayer