Weinberg Steillagen Mosel Osann-Monzel Artenvielfalt (Foto: SWR, Lara Bousch)

Artenvielfalt im Weinberg

Forscher aus Bernkastel-Kues entdecken Insektenparadies

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Lara Bousch
Lara Bousch ist Reporterin im SWR Studio Trier (Foto: SWR)

Seltene Schmetterlinge und Bienen haben Forscher in sogenannten Querterrassen gefunden. Zehn Jahre lang haben sie erforscht, wieso sich die Tierchen dort besonders wohlfühlen.

Der rote Scheckenfalter ist für einen Biologen so etwas wie ein Einhorn. Es gibt ihn nur noch sehr selten und deshalb ist er auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Er ist klein, rötlich gescheckt und leicht mit anderen Schmetterlingen zu verwechseln. Doch in besonderen Weinbergen an der Mosel fühlt der Falter sich pudelwohl.

Forscher Matthias Porten aus dem Steillagenzentrum Bernkastel-Kues hat eine zehnjährige Studie über die Artenvielfalt in Querterrassen in Steillagen mitbetreut. Er erklärt, wieso die Querterrassen im Weinberg so wichtig sind für Wildbienen und Schmetterlinge, wie den roten Scheckenfalter.

Weinberg Steillagen Mosel Osann-Monzel Artenvielfalt (Foto: SWR, Lara Bousch)
Forscher Matthias Porten zeigt die Kästen mit den Insekten, die während der Studie gefunden und dokumentiert wurden. Wie zum Beispiel die Rainfarn-Seidenbiene, die dunkelgrüne Gold-Schmalbiene oder der stark gefährdete rote Scheckenfalter.

Querterrassen als Zufluchtsort

In der Querterrasse werden die Weinstöcke, wie der Name schon sagt, quer zum Hang in Form von Terrassen angelegt. Dadurch entsteht zwischen den Terrassen eine Böschung. Auf dieser wachsen unterschiedliche Pflanzen, die den Insekten Futter, Unterschlupf, aber auch einen Platz zur Eiablage oder zum Brüten bietet.

Querterrasse an Weinberg in Osann-Monzel (Foto: SWR, Lara Bousch)
Die Rebstöcke werden in Terrassen quer zum Hang gepflanzt, wie hier in einer Parzelle in Osann-Monzel. Diese Anbauform ist an der Mosel noch eher selten, obwohl sie gerade für Steillagen besonders interessant sein soll. Bild in Detailansicht öffnen
Weinbau, Falllinie im Weinberg bei Osann-Monzel ist hat wenig Artenreichtum. (Foto: SWR, Lara Bousch)
In dieser gängigen Form des Weinbaus, der sogenannten Falllinie, wachsen eigentlich keine anderen Pflanzen neben den Weinreben. Für die Forscher ist dies einer der Gründe, wieso hier weniger Insekten leben als in begrünten Querterrassen. Bild in Detailansicht öffnen
Blick in die Terrasse eines Querbaus im Weinberg (Foto: SWR, Lara Bousch)
Querterrassen sind laut Forscher Matthias Porten besonders wertvoll für Insekten: Es ist die Kombination zweier Habitate, den begrünten Böschungen und den sandigen Stellen auf der Fahrspur der Maschinen. Bild in Detailansicht öffnen
Weinberg Steillagen Mosel Osann-Monzel Artenvielfalt (Foto: SWR, Lara Bousch)
Die Artenvielfalt im Weinberg lässt sich erhöhen, indem man Steinhaufen oder Trockenmauern aufbaut. Die Hohlräume dieser Trockenmauer dienen nicht nur Insekten als Unterschlupf, sondern auch Eidechsen und Nagern. Solche Mauern lassen sich besonders gut am Ende oder Anfang von sehr schmalen Parzellen mit Querterrassen aufbauen. Bild in Detailansicht öffnen

Auch die kahlen Stellen auf der Fahrspur sind für Insekten wichtig, erklärt Matthias Porten. "Hier können Wildbienen brüten. Schmetterlinge sitzen hier gerne auf Steinen, um ihre Flügel zu sonnen, denn warme Flügel erleichtern ihnen das Fliegen."

Die Studie, die der Forscher mitbetreut hat, hat ergeben, dass es fast doppelt so viele Arten von Faltern und Insekten in Weinbergen mit begrünter Böschung wie der Querterrasse gibt, als in Anbauformen ohne begrünte Böschung. Auch beim Thema Fortbewegung der Insekten haben die Querterrassen einen weiteren Vorteil.


"Für Schmetterlinge ist es einfacher, einen Berg in horizontalen Schlangenlinien als geradewegs hinauf zu fliegen. In klassischen Weinbergen mit Falllinie geht das aber nicht."

Mehr Resilienz gegen den Klimawandel

Im Gegensatz zu anderen Bereichen in der Landwirtschaft können Winzer sich über mehr Sonne für ihre Reben freuen. Doch die zunehmenden Dürren setzen den Reben zu. Matthias Porten erklärt, dass die Terrassen im Gelände dafür sorgen, dass das Regenwasser nicht sofort ins Tal abfließt. Das Wasser kann in den Boden versickern und ist verfügbar für die Reben. Dadurch, dass es weniger Rebstöcke im Weinberg gibt, ist auch die Belüftung besser und die Reben sind besser geschützt vor Pilzbefall.

Weinberg mit Querterrasse in Osann-Monzel (Foto: SWR, Lara Bousch)
Weniger Weinreben sorgen für eine bessere Durchlüftung und weniger Pilzbefall im Weinberg.

Weniger Reben aber mehr Profit

In Maring Noviand freut sich auch Winzer Franz Melsheimer über mehr Insekten in seinem Weinberg. Er ist bereits vom Anbau in Querterrassen überzeugt. Nicht nur, weil er als Biobauer die Biodiversität im Weinberg fördern möchte. Seiner Meinung nach seien Querterrassen besonders in Steillagen wirtschaftlicher als Falllinien.

Weinberg Steillagen Mosel Osann-Monzel Artenvielfalt (Foto: SWR, Lara Bousch)
Mit den Querterrassen spart Winzer Franz Melsheimer nach eigenen Angaben Geld, das er in der Falllinie für Maschinen oder viel händische Arbeit ausgeben müsste.

In Steillagen hätten Querterrassen nämlich einen wesentlichen Vorteil: Man könne mit einem normalen Schmalspurtraktor arbeiten, sagt der Winzer. Das sei wesentlich günstiger als der Arbeitsaufwand bei einer Falllinie in steilen Lagen. Dort können die Reben nur mit speziellen Maschinen oder teuerer Arbeitskraft bearbeitet werden. So wie das die meisten Winzer an der Mosel machten.

"Unsere Väter haben jeden Zentimeter bestockt, weil das Land sehr teuer war und die Arbeitskraft billig. Heute hat sich das umgekehrt, aber im Kopf der Landwirte ist noch eine Verzögerung drin."

In Querterrassen können weniger Rebstöcke als in der Falllinie angebaut werden, doch dafür spare man Geld, so Melsheimer. Die Kosten für Energie, Stahlpfähle, Reben und Arbeitskräfte seien so drastisch gestiegen, dass der Querbau mittlerweile günstiger sei als die Falllinie. Für Franz Melsheimer, der bereits zwei Parzellen in Querterrassen angelegt hat, geht die Rechnung auf. Auch wenn die Investitionskosten am Anfang hoch sind.

Das Modell sei außerdem nicht neu. Porten erklärt, dass über 90 Prozent der Steillagen in der Welt als Querterrassen angelegt sind. Für ihn sei es nur eine Frage der Zeit, bis sich das Modell auch an der Mosel mit ihren steilen Hängen durchsetzt.

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