Der rote Scheckenfalter ist für einen Biologen so etwas wie ein Einhorn. Es gibt ihn nur noch sehr selten und deshalb ist er auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Er ist klein, rötlich gescheckt und leicht mit anderen Schmetterlingen zu verwechseln. Doch in besonderen Weinbergen an der Mosel fühlt der Falter sich pudelwohl.
Forscher Matthias Porten aus dem Steillagenzentrum Bernkastel-Kues hat eine zehnjährige Studie über die Artenvielfalt in Querterrassen in Steillagen mitbetreut. Er erklärt, wieso die Querterrassen im Weinberg so wichtig sind für Wildbienen und Schmetterlinge, wie den roten Scheckenfalter.
Querterrassen als Zufluchtsort
In der Querterrasse werden die Weinstöcke, wie der Name schon sagt, quer zum Hang in Form von Terrassen angelegt. Dadurch entsteht zwischen den Terrassen eine Böschung. Auf dieser wachsen unterschiedliche Pflanzen, die den Insekten Futter, Unterschlupf, aber auch einen Platz zur Eiablage oder zum Brüten bietet.
Auch die kahlen Stellen auf der Fahrspur sind für Insekten wichtig, erklärt Matthias Porten. "Hier können Wildbienen brüten. Schmetterlinge sitzen hier gerne auf Steinen, um ihre Flügel zu sonnen, denn warme Flügel erleichtern ihnen das Fliegen."
Die Studie, die der Forscher mitbetreut hat, hat ergeben, dass es fast doppelt so viele Arten von Faltern und Insekten in Weinbergen mit begrünter Böschung wie der Querterrasse gibt, als in Anbauformen ohne begrünte Böschung. Auch beim Thema Fortbewegung der Insekten haben die Querterrassen einen weiteren Vorteil.
Mehr Resilienz gegen den Klimawandel
Im Gegensatz zu anderen Bereichen in der Landwirtschaft können Winzer sich über mehr Sonne für ihre Reben freuen. Doch die zunehmenden Dürren setzen den Reben zu. Matthias Porten erklärt, dass die Terrassen im Gelände dafür sorgen, dass das Regenwasser nicht sofort ins Tal abfließt. Das Wasser kann in den Boden versickern und ist verfügbar für die Reben. Dadurch, dass es weniger Rebstöcke im Weinberg gibt, ist auch die Belüftung besser und die Reben sind besser geschützt vor Pilzbefall.
Weniger Reben aber mehr Profit
In Maring Noviand freut sich auch Winzer Franz Melsheimer über mehr Insekten in seinem Weinberg. Er ist bereits vom Anbau in Querterrassen überzeugt. Nicht nur, weil er als Biobauer die Biodiversität im Weinberg fördern möchte. Seiner Meinung nach seien Querterrassen besonders in Steillagen wirtschaftlicher als Falllinien.
In Steillagen hätten Querterrassen nämlich einen wesentlichen Vorteil: Man könne mit einem normalen Schmalspurtraktor arbeiten, sagt der Winzer. Das sei wesentlich günstiger als der Arbeitsaufwand bei einer Falllinie in steilen Lagen. Dort können die Reben nur mit speziellen Maschinen oder teuerer Arbeitskraft bearbeitet werden. So wie das die meisten Winzer an der Mosel machten.
In Querterrassen können weniger Rebstöcke als in der Falllinie angebaut werden, doch dafür spare man Geld, so Melsheimer. Die Kosten für Energie, Stahlpfähle, Reben und Arbeitskräfte seien so drastisch gestiegen, dass der Querbau mittlerweile günstiger sei als die Falllinie. Für Franz Melsheimer, der bereits zwei Parzellen in Querterrassen angelegt hat, geht die Rechnung auf. Auch wenn die Investitionskosten am Anfang hoch sind.
Das Modell sei außerdem nicht neu. Porten erklärt, dass über 90 Prozent der Steillagen in der Welt als Querterrassen angelegt sind. Für ihn sei es nur eine Frage der Zeit, bis sich das Modell auch an der Mosel mit ihren steilen Hängen durchsetzt.