Sie sieht so futuristisch und steril aus wie ein Raumschiff: die neue Milchpulveranlage der europäischen Molkereigenossenschaft Arla in Pronsfeld. Hinein kommt man nur mit Ganzkörperschutzanzug, Haarnetz und mehrfach gewaschenen und desinfizierten Händen.
In der Anlage ist es nicht nur laut, sondern auch sehr warm: Die Milch wird hier mehrfach erhitzt und verdampft, sodass letztlich aus ihr Milchpulver wird, das gut transportiert und bis zu zwei Jahre gelagert werden kann, so der Werkschef der Arla in Pronsfeld, Jürgen Wolf.
Wie aus flüssiger Milch trockenes Milchpulver wird
Die Rohmilch der Bauern der Genossenschaft aus Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Belgien und Luxemburg wird Wolf zufolge in Pronsfeld angeliefert und in einem Tank mit 280.000 Liter Fassungsvermögen gelagert. Immer wieder werden Proben entnommen, um die Milch auf ihre Qualität zu testen.
Zusätzlich wird die Milch dann bei 71 Grad für 30 Sekunden pasteurisiert. In einem ersten Schritt im Herzstück der neuen Anlage - dem Trockenturm - wird die Milch dann in einem Vakuum eingedampft. 35 Prozent der vormals flüssigen Milch sind dann schon Trockenmasse.
Nach dem zweiten Schritt ist nur noch die Hälfte der Milch flüssig. Danach folgt der wichtigste Schritt: Mit einer Hochdruckpumpe wird die Milch den 51 Meter hohen Turm hochgepumpt. Düsen versprühen die Milch in einer Atmosphäre von 200 Grad.
Die restliche Flüssigkeit verdampft bis auf drei Prozent sofort, der Rest fällt als Pulver zu Boden des Turms. Das Pulver wird gesiebt und in 25-Kilo-Säcke abgefüllt. Erst im Zielland werden sie in haushaltsübliche Gebinde umgefüllt.
Wo die Säcke mit dem Milchpulver hingehen
Denn die Arla hat die neue Milchpulveranlage auf dem Werksgelände innerhalb von drei Jahren bauen lassen, um ihr Geschäft außerhalb Europas auszubauen: Das Pulver soll nach Westafrika und Südostasien gehen. Zum Beispiel in Nigeria und Bangladesch ist man laut Arla auf den Import erschwinglicher und nahrhafter Milchprodukte angewiesen.
Die Menschen dort rühren das Pulver mit Wasser und Öl an, um wieder ein Glas Milch zu erhalten, so die Arla. Was in Deutschland wegen der Milchverordnung nicht erlaubt ist, soll in diesen Ländern zur Ernährung der Menschen beitragen.
Der Hauptgeschäftsführer der Arla Gruppe, Peder Tuborgh, versichert, dass die Menschen in Nigeria und Bangladesch Zugang zu sauberem Wasser hätten, um mit dem Milchpulver ein sicheres Lebensmittel herstellen zu können.
Milchpulver in anderen Lebensmitteln
Milchpulver wird aber auch in anderen verarbeiteten Lebensmitteln, wie Schokolade oder Backwaren verwendet. Auch hierfür produziert die Arla ihr Pulver. Die Anlage produziert seit Frühjahr 2022 und wurde am Montag offiziell eingeweiht.