Schlange stehen im strömenden Regen ist kein Vergnügen. Doch an diesem Mittag lässt sich das in der Prümer Tiergartenstraße kaum vermeiden.
Rund 100 Leute suchen unter der Stadtbühne Schutz vor dem Wasser. Denn wegen der Corona-Pandemie dürfen immer nur sieben Kunden gleichzeitig hinein in die engen Räume der Tafel, um sich für kostenlose Lebensmittel und andere Waren anzustellen.
Mehr als 100 neue Kunden in Prüm
Die anderen müssen warten. Und es warten viele. Darunter auch Geflüchtete aus der Ukraine, die in Prüm bei Privatleuten oder in Hotels und Ferienwohnungen untergekommen sind.
"Es kommen viel mehr Leute aus der Ukraine zu uns, als wir das erwartet haben", sagt Klaus Dieter Zeeh, Leiter der Tafel in Prüm: "Seit dem 1. April haben sich hier 44 Familien aus dem Kriegsgebiet registriert, das sind insgesamt 108 Personen."
"Wer die Bilder im Fernsehen sieht, kann doch nur froh sein über jeden, der dieses Kriegsgebiet verlassen kann. Wir schicken niemanden nach Hause."
Schon jetzt stellen die Geflüchteten ein Drittel der Kunden in Prüm. Und es werden, da ist sich Zeeh sicher, noch mehr, solange der russische Angriffskrieg andauert. Bei der Caritas, dem Träger der Einrichtung, rechnet man damit, dass die Zahl der Bedürftigen sich verdreifachen könnte.
Die meisten Tafeln sind am Limit
Nun ist es für Zeeh selbstverständlich, dass die Eifeler Tafel die Vertriebenen unterstützt. Die neue Lage stellt die rund 60 Ehrenamtlichen, die hier mithelfen, allerdings vor Herausforderungen.
Und nicht nur sie. Fast allen Tafeln in der Region Trier gehen derzeit die Lebensmittel aus. Das ergab eine SWR-Umfrage. Einer der Gründe ist, dass sich mittlerweile viele ukrainische Geflüchtete als Kunden dort registrieren.

Vorräte gehen zur Neige
Bei der Dauner Tafel etwa habe sich die Zahl der Bedürftigen verdoppelt. Und auch in Bitburg kommen inzwischen vermehrt ukrainische Familien zur Essensausgabe. Erika Garcon, Leiterin der Tafel in Bitburg sagt: "Es werden von Woche zu Woche mehr."
"An einem Tag haben sich hier 130 Leute gemeldet. Das ist schon heftig. Ohne Spenden können wir das nicht stemmen."
Bei der Hermeskeiler Tafel sei der Ansturm zwar noch nicht so groß, sagt Andreas Webel: "Aber die Lager und Regale leeren sich langsam." Die Tafel in Baumholder gibt daher sogar bis auf Weiteres gar kein Essen mehr aus.
Auch Sabine Altmeyer-Baumann, Vorsitzende des Landesverbands der Tafeln Rheinland-Pfalz/Saarland, warnt im SWR-Interview: Die Tafeln im Land sind am Limit.
Supermärkte geben weniger ab
Die Lage hat auch mit einem Rückgang der Spenden zu tun. In den vergangenen Monaten seien immer weniger Lebensmittel aus den Supermärkten bei den Tafeln gelandet, klagen die Ehrenamtlichen.
Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Kaufen die Discounter weniger Ware ein, weil die Preise so enorm gestiegen sind? Liegt es an Hamsterkäufen oder an Engpässen bei der Produktion? Dass es weniger wird, bekommen jedenfalls viele Tafeln zu spüren.
Spenden werden dringend gebraucht
Die Ausgabestellen sind daher auf Spenden der Bürger angewiesen. Gebraucht werden haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis oder Gemüsekonserven, aber auch Hygieneartikel und Süßwaren sind gefragt.
In Prüm komme schon einiges an Hilfe an, sagt Zeeh, und das nicht nur in materieller Form. Da wäre zum Beispiel die Rentnerin Liudmilla.
Ukrainerin übersetzt für Prümer Tafel
Sie ist seit Jahren selbst Kundin der Tafel. Ihre schmale Rente von 300 Euro reicht nicht aus, um Lebensmittel zu kaufen. Doch in diesen Tagen gibt sie etwas zurück, wie sie sagt: "Das ist das Mindeste, was ich tun kann, es bringt für meine Seele Zufriedenheit."
Liudmilla ist sozusagen die Dolmetscherin der Tafel. Sie nimmt Kontakt zu den Ukrainern auf, die oft kein Deutsch oder Englisch sprechen und erklärt ihnen die Angebote.
Was die Geflüchteten ihr erzählen? "Vor allem, dass sie unglaublich dankbar sind, hier Hilfe zu bekommen", sagt Liudmilla: "Das ist es, was sie mir alle sagen."